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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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die Einwohner eine Seuche, und die Weissager geboten
die Götter zu versöhnen. Sieben Knaben und sieben
Mädchen gehen nun an den Fluß Sythas, mit dessen
Wasser sie sich benetzen, und führen darauf die Bild-
säulen der Götter in den Tempel der Peitho, und
dann in das Heiligthum des Apoll zurück 1. Dieselbe
Bedeutung hat offenbar das Attische Fest der Del-
phinien
(6 Munychion), an welchem sieben Knaben
und Mädchen die iketeria, den Olivenstab mit weißen
Wollenbinden, mit demüthiger Geberde in das Delphi-
nion trugen 2. Dies geschah gerade einen Monat
vor den Thargelien: und wahrscheinlich war dies ka-
lendarische Verhältniß der Ilasmoi und Katharmoi dem
ganzen alten Griechenlande gemein.

4.

Vereinigen wir nämlich die zerstreuten Notizen
über die Zeit der Feste, welche unter diese beiden
Classen gehören, zu einem Ganzen: so erhalten wir
folgenden sehr klaren und einfachen Ueberblick. Voraus
ist zu bemerken, daß zu Delphi die neun Monate des
Frühlings, Sommers und Herbstes im Ganzen dem
Apollon heilig waren, und so lange der Päan die Opfer
begleitete: dagegen die drei Wintermonde der Bakchi-
schen Religion geweiht waren, daher in ihnen der Di-
thyramb zu allen Opfern ertönte 3, und daß überein-
stimmend damit auch in Athen die Dionysosfeste vom
Poseideon bis Elaphebolion, die Apollinischen in andern
Monaten des Jahres lagen.

Im Anfang des Apollinischen Jahres also, im
ersten Frühlingsmonate, Bysios (d. i. Puthios) zu Delphi,
Munychion zu Athen, kommt Apollon durch die Schlucht

1 Paus. 2, 7, 7. Vielleicht war nach einer Lokalsage der
Python in Sikyon selbst getödtet. S. oben S. 316, 5.
2 Plut.
Thes. 18. Die Zahl folgt aus dem Zusammenhange.
3 Plut.
Ei 9. p. 229.

die Einwohner eine Seuche, und die Weiſſager geboten
die Goͤtter zu verſoͤhnen. Sieben Knaben und ſieben
Maͤdchen gehen nun an den Fluß Sythas, mit deſſen
Waſſer ſie ſich benetzen, und fuͤhren darauf die Bild-
ſaͤulen der Goͤtter in den Tempel der Peitho, und
dann in das Heiligthum des Apoll zuruͤck 1. Dieſelbe
Bedeutung hat offenbar das Attiſche Feſt der Del-
phinien
(6 Munychion), an welchem ſieben Knaben
und Maͤdchen die ἱκετηρία, den Olivenſtab mit weißen
Wollenbinden, mit demuͤthiger Geberde in das Delphi-
nion trugen 2. Dies geſchah gerade einen Monat
vor den Thargelien: und wahrſcheinlich war dies ka-
lendariſche Verhaͤltniß der Ἱλασμοὶ und Καϑαρμοὶ dem
ganzen alten Griechenlande gemein.

4.

Vereinigen wir naͤmlich die zerſtreuten Notizen
uͤber die Zeit der Feſte, welche unter dieſe beiden
Claſſen gehoͤren, zu einem Ganzen: ſo erhalten wir
folgenden ſehr klaren und einfachen Ueberblick. Voraus
iſt zu bemerken, daß zu Delphi die neun Monate des
Fruͤhlings, Sommers und Herbſtes im Ganzen dem
Apollon heilig waren, und ſo lange der Paͤan die Opfer
begleitete: dagegen die drei Wintermonde der Bakchi-
ſchen Religion geweiht waren, daher in ihnen der Di-
thyramb zu allen Opfern ertoͤnte 3, und daß uͤberein-
ſtimmend damit auch in Athen die Dionyſosfeſte vom
Poſeideon bis Elaphebolion, die Apolliniſchen in andern
Monaten des Jahres lagen.

Im Anfang des Apolliniſchen Jahres alſo, im
erſten Fruͤhlingsmonate, Byſios (d. i. Πύϑιος) zu Delphi,
Munychion zu Athen, kommt Apollon durch die Schlucht

1 Pauſ. 2, 7, 7. Vielleicht war nach einer Lokalſage der
Python in Sikyon ſelbſt getoͤdtet. S. oben S. 316, 5.
2 Plut.
Theſ. 18. Die Zahl folgt aus dem Zuſammenhange.
3 Plut.
Ei 9. p. 229.
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[328/0358] die Einwohner eine Seuche, und die Weiſſager geboten die Goͤtter zu verſoͤhnen. Sieben Knaben und ſieben Maͤdchen gehen nun an den Fluß Sythas, mit deſſen Waſſer ſie ſich benetzen, und fuͤhren darauf die Bild- ſaͤulen der Goͤtter in den Tempel der Peitho, und dann in das Heiligthum des Apoll zuruͤck 1. Dieſelbe Bedeutung hat offenbar das Attiſche Feſt der Del- phinien (6 Munychion), an welchem ſieben Knaben und Maͤdchen die ἱκετηρία, den Olivenſtab mit weißen Wollenbinden, mit demuͤthiger Geberde in das Delphi- nion trugen 2. Dies geſchah gerade einen Monat vor den Thargelien: und wahrſcheinlich war dies ka- lendariſche Verhaͤltniß der Ἱλασμοὶ und Καϑαρμοὶ dem ganzen alten Griechenlande gemein. 4. Vereinigen wir naͤmlich die zerſtreuten Notizen uͤber die Zeit der Feſte, welche unter dieſe beiden Claſſen gehoͤren, zu einem Ganzen: ſo erhalten wir folgenden ſehr klaren und einfachen Ueberblick. Voraus iſt zu bemerken, daß zu Delphi die neun Monate des Fruͤhlings, Sommers und Herbſtes im Ganzen dem Apollon heilig waren, und ſo lange der Paͤan die Opfer begleitete: dagegen die drei Wintermonde der Bakchi- ſchen Religion geweiht waren, daher in ihnen der Di- thyramb zu allen Opfern ertoͤnte 3, und daß uͤberein- ſtimmend damit auch in Athen die Dionyſosfeſte vom Poſeideon bis Elaphebolion, die Apolliniſchen in andern Monaten des Jahres lagen. Im Anfang des Apolliniſchen Jahres alſo, im erſten Fruͤhlingsmonate, Byſios (d. i. Πύϑιος) zu Delphi, Munychion zu Athen, kommt Apollon durch die Schlucht 1 Pauſ. 2, 7, 7. Vielleicht war nach einer Lokalſage der Python in Sikyon ſelbſt getoͤdtet. S. oben S. 316, 5. 2 Plut. Theſ. 18. Die Zahl folgt aus dem Zuſammenhange. 3 Plut. Ei 9. p. 229.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/358>, abgerufen am 22.11.2024.