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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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von dem erfinderischen Hermes erhalten 1, und sie ist
ein minder gewöhnliches Instrument in seinen Händen.

11.

Warum aber Apollon die Kithar schlägt? Sicher
aus keinem andern Grunde, als weil Kitharmusik seit
uralter Zeit mit seinem Dienste verbunden war: und
dies war sie wieder, weil sie ruhige und einfache Har-
monie auszudrücken am geeignetsten schien; denn eine
feierliche Ruhe und Stille der Seele sucht, wie wir
vielfach bemerken, der Apollinische Cultus überall her-
vorzubringen. Am schönsten redet Pindar von dem
Gotte, der die Kitharis erfand, und die Muse ertheilt
wem er will, um friedliches Gesetz in das
Herz einzuführen
2. Darauf deuten auch die
goldenen Keledonen, die nach desselben Dichters 3 Er-
zählung vom Dache des ehernen Tempels zu Delphi
herabhingen; sie sollen ohne Zweifel die den Sinn be-
zähmende und besänftigende Gewalt des Gottes anzei-
gen. Besonders mußte dies die Absicht der Musik sein,
wenn sie bei katharmois und wenn sie als epode ge-
braucht wurde, wo Leidenschaften zu beschwichtigen und
Schmerzen zu stillen waren; und grade dies war eine
der wichtigsten Anwendungen derselben in alter Zeit 4.
Chrysothemis, ein alter Pythischer Sänger im My-
thus, heißt darum Sohn des Tarrhäischen Sühnprie-
sters Karmanor 5; wie auch der Kretische Dichter Tha-

1 Hom. Hymn., wo aber die Lyra schon mit der Kithar
(die siebensaitig V. 64. also nach Terpandros) öfter verwechselt wird.
Vgl. Apolld. 3, 10, 2. wo Ap. von Hermes auch die Syrinx er-
hält, Eratosth. Katast. 24. Die Aeolischen Lurikoi liebten den
Mythus, daher öfter bei Horaz.
2 P. 5, 63.
3 Frgm.
Päan. 2. Böckh.
4 Der vielfache Gebrauch der Musik in der
Medicin der ältesten Zeit ist gewiß nicht blos Aberglaube; so hat
Ap. als Kitharist und als iatromantis (Aesch. Iket. 261. Eumen.
62.) nah verwandte Aemter.
5 Paus. 10, 7, 2. Nach Schol.
Pind. P. Argum. 3. ist er selbst der kathartes.

von dem erfinderiſchen Hermes erhalten 1, und ſie iſt
ein minder gewoͤhnliches Inſtrument in ſeinen Haͤnden.

11.

Warum aber Apollon die Kithar ſchlaͤgt? Sicher
aus keinem andern Grunde, als weil Kitharmuſik ſeit
uralter Zeit mit ſeinem Dienſte verbunden war: und
dies war ſie wieder, weil ſie ruhige und einfache Har-
monie auszudruͤcken am geeignetſten ſchien; denn eine
feierliche Ruhe und Stille der Seele ſucht, wie wir
vielfach bemerken, der Apolliniſche Cultus uͤberall her-
vorzubringen. Am ſchoͤnſten redet Pindar von dem
Gotte, der die Kitharis erfand, und die Muſe ertheilt
wem er will, um friedliches Geſetz in das
Herz einzufuͤhren
2. Darauf deuten auch die
goldenen Keledonen, die nach deſſelben Dichters 3 Er-
zaͤhlung vom Dache des ehernen Tempels zu Delphi
herabhingen; ſie ſollen ohne Zweifel die den Sinn be-
zaͤhmende und beſaͤnftigende Gewalt des Gottes anzei-
gen. Beſonders mußte dies die Abſicht der Muſik ſein,
wenn ſie bei καθαϱμοῖς und wenn ſie als ἐπῳδὴ ge-
braucht wurde, wo Leidenſchaften zu beſchwichtigen und
Schmerzen zu ſtillen waren; und grade dies war eine
der wichtigſten Anwendungen derſelben in alter Zeit 4.
Chryſothemis, ein alter Pythiſcher Saͤnger im My-
thus, heißt darum Sohn des Tarrhaͤiſchen Suͤhnprie-
ſters Karmanor 5; wie auch der Kretiſche Dichter Tha-

1 Hom. Hymn., wo aber die Lyra ſchon mit der Kithar
(die ſiebenſaitig V. 64. alſo nach Terpandros) oͤfter verwechſelt wird.
Vgl. Apolld. 3, 10, 2. wo Ap. von Hermes auch die Syrinx er-
haͤlt, Eratoſth. Kataſt. 24. Die Aeoliſchen Λυϱικοὶ liebten den
Mythus, daher oͤfter bei Horaz.
2 P. 5, 63.
3 Frgm.
Paͤan. 2. Boͤckh.
4 Der vielfache Gebrauch der Muſik in der
Medicin der aͤlteſten Zeit iſt gewiß nicht blos Aberglaube; ſo hat
Ap. als Kithariſt und als ἰατϱόμαντις (Aeſch. Ἱκετ. 261. Eumen.
62.) nah verwandte Aemter.
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Pind. P. Argum. 3. iſt er ſelbſt der καϑαϱτής.
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[343/0373] von dem erfinderiſchen Hermes erhalten 1, und ſie iſt ein minder gewoͤhnliches Inſtrument in ſeinen Haͤnden. 11. Warum aber Apollon die Kithar ſchlaͤgt? Sicher aus keinem andern Grunde, als weil Kitharmuſik ſeit uralter Zeit mit ſeinem Dienſte verbunden war: und dies war ſie wieder, weil ſie ruhige und einfache Har- monie auszudruͤcken am geeignetſten ſchien; denn eine feierliche Ruhe und Stille der Seele ſucht, wie wir vielfach bemerken, der Apolliniſche Cultus uͤberall her- vorzubringen. Am ſchoͤnſten redet Pindar von dem Gotte, der die Kitharis erfand, und die Muſe ertheilt wem er will, um friedliches Geſetz in das Herz einzufuͤhren 2. Darauf deuten auch die goldenen Keledonen, die nach deſſelben Dichters 3 Er- zaͤhlung vom Dache des ehernen Tempels zu Delphi herabhingen; ſie ſollen ohne Zweifel die den Sinn be- zaͤhmende und beſaͤnftigende Gewalt des Gottes anzei- gen. Beſonders mußte dies die Abſicht der Muſik ſein, wenn ſie bei καθαϱμοῖς und wenn ſie als ἐπῳδὴ ge- braucht wurde, wo Leidenſchaften zu beſchwichtigen und Schmerzen zu ſtillen waren; und grade dies war eine der wichtigſten Anwendungen derſelben in alter Zeit 4. Chryſothemis, ein alter Pythiſcher Saͤnger im My- thus, heißt darum Sohn des Tarrhaͤiſchen Suͤhnprie- ſters Karmanor 5; wie auch der Kretiſche Dichter Tha- 1 Hom. Hymn., wo aber die Lyra ſchon mit der Kithar (die ſiebenſaitig V. 64. alſo nach Terpandros) oͤfter verwechſelt wird. Vgl. Apolld. 3, 10, 2. wo Ap. von Hermes auch die Syrinx er- haͤlt, Eratoſth. Kataſt. 24. Die Aeoliſchen Λυϱικοὶ liebten den Mythus, daher oͤfter bei Horaz. 2 P. 5, 63. 3 Frgm. Paͤan. 2. Boͤckh. 4 Der vielfache Gebrauch der Muſik in der Medicin der aͤlteſten Zeit iſt gewiß nicht blos Aberglaube; ſo hat Ap. als Kithariſt und als ἰατϱόμαντις (Aeſch. Ἱκετ. 261. Eumen. 62.) nah verwandte Aemter. 5 Pauſ. 10, 7, 2. Nach Schol. Pind. P. Argum. 3. iſt er ſelbſt der καϑαϱτής.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/373>, abgerufen am 22.11.2024.