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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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Hymnus an Apollon 1, den man fich in altdorischem
Dialekt abgefaßt und einfach zur Kithar gesungen den-
ken muß. In Betreff der musischen Aufführung heißt
derselbe zugleich Kitharodischer Nomos 2, dessen Er-
findung, weil er dem Cultus besonders eigenthümlich
war, auf den Gott selbst zurückgeführt wurde 3. Auch
in Delos hatte man Nomen, die man von einem an-
dern Repräsentanten alter Hymnendichtung, dem Olen,
ableitete, die zum kyklischen Chortanze gesungen wur-
den 4. Der gemeinsame Charakter aller war Ruhe
und Gemessenheit 5, das Versmaaß ehemals nach be-
stimmtem Zeugnisse durchaus hexametrisch 6; womit
sehr wohl übereinstimmt, daß man den Ursprung des
Hexameters überhaupt von Pytho ableitete 7. In der
Nachricht, daß der alte Hymnod Philammon Jungfrauen-
Chöre um den Altar gestellt habe, die die Geburt der
Leto und ihrer Kinder in lyrischen Maaßen (en melesi)
besangen 8, scheinen die von Terpandros, dem Lesbi-
schen Lyriker, ausgebildeten und variirten Philammo-
nischen Nomen 9 mit den ursprünglichen verwechselt,
da jene wahrscheinlich nach der Weise der ältesten Me-

1 Paus. 10, 7, 2. Vom Alter der musischen Kämpfe zu
Delphi Plut. Sympos. 2, 4, 1. p. 83. Demetr. Phaler. (oben
S. 331, 1.) Philostr. Ap. Tyan. 6, 10.
2 Proklos bei Phot.
Khrusothemis o Kres protos stole khresamenos ekprepei kai ki-
tharan analabon eis mimesin tou Apollonos monos ese nomon.
3 Suid. nom. kithar.
4 Kallim. Del. 304. vgl. Apoll.
Rhod. 1, 537.
5 Prokl. a. O.
6 Plut. de mus. 4.
aus Timotheos.
7 S. die Stellen bei Fabrie. 1. S. 207.
210 Harl. Auch versus Deliacus, wenn bei Atil. Fortunat. p.
2690. Putsch nicht zu corrigiren. Auch zu Milet hatte man alte
hexametrische Hymnen, angeblich von Branchos, auf Ap. und Zeus,
Terent. de metr. 5. 165. vgl. Klem. Alex. Strom. p. 674.
8 Herakl. Pont. bei Plut. 3. vgl. Schol. Od. 16, 432. Synkell.
Chronogr. S. 162. Fabric. 1. S. 214 Harl.
9 Plut. 5.

Hymnus an Apollon 1, den man fich in altdoriſchem
Dialekt abgefaßt und einfach zur Kithar geſungen den-
ken muß. In Betreff der muſiſchen Auffuͤhrung heißt
derſelbe zugleich Kitharodiſcher Nomos 2, deſſen Er-
findung, weil er dem Cultus beſonders eigenthuͤmlich
war, auf den Gott ſelbſt zuruͤckgefuͤhrt wurde 3. Auch
in Delos hatte man Nomen, die man von einem an-
dern Repraͤſentanten alter Hymnendichtung, dem Olen,
ableitete, die zum kykliſchen Chortanze geſungen wur-
den 4. Der gemeinſame Charakter aller war Ruhe
und Gemeſſenheit 5, das Versmaaß ehemals nach be-
ſtimmtem Zeugniſſe durchaus hexametriſch 6; womit
ſehr wohl uͤbereinſtimmt, daß man den Urſprung des
Hexameters uͤberhaupt von Pytho ableitete 7. In der
Nachricht, daß der alte Hymnod Philammon Jungfrauen-
Choͤre um den Altar geſtellt habe, die die Geburt der
Leto und ihrer Kinder in lyriſchen Maaßen (ἐν μέλεσι)
beſangen 8, ſcheinen die von Terpandros, dem Lesbi-
ſchen Lyriker, ausgebildeten und variirten Philammo-
niſchen Nomen 9 mit den urſpruͤnglichen verwechſelt,
da jene wahrſcheinlich nach der Weiſe der aͤlteſten Me-

1 Pauſ. 10, 7, 2. Vom Alter der muſiſchen Kaͤmpfe zu
Delphi Plut. Sympoſ. 2, 4, 1. p. 83. Demetr. Phaler. (oben
S. 331, 1.) Philoſtr. Ap. Tyan. 6, 10.
2 Proklos bei Phot.
Χϱυσόϑεμις ὁ Κϱὴς πϱῶτος στολῇ χϱησάμενος ἐκπϱεπεῖ καὶ κι-
θάϱαν ἀναλαβὼν εἰς μίμησιν τοῦ Ἀπόλλωνος μόνος ᾖσε νόμον.
3 Suid. νομ. κιθαϱ.
4 Kallim. Del. 304. vgl. Apoll.
Rhod. 1, 537.
5 Prokl. a. O.
6 Plut. de mus. 4.
aus Timotheos.
7 S. die Stellen bei Fabrie. 1. S. 207.
210 Harl. Auch versus Deliacus, wenn bei Atil. Fortunat. p.
2690. Putſch nicht zu corrigiren. Auch zu Milet hatte man alte
hexametriſche Hymnen, angeblich von Branchos, auf Ap. und Zeus,
Terent. de metr. 5. 165. vgl. Klem. Alex. Strom. p. 674.
8 Herakl. Pont. bei Plut. 3. vgl. Schol. Od. 16, 432. Synkell.
Chronogr. S. 162. Fabric. 1. S. 214 Harl.
9 Plut. 5.
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[349/0379] Hymnus an Apollon 1, den man fich in altdoriſchem Dialekt abgefaßt und einfach zur Kithar geſungen den- ken muß. In Betreff der muſiſchen Auffuͤhrung heißt derſelbe zugleich Kitharodiſcher Nomos 2, deſſen Er- findung, weil er dem Cultus beſonders eigenthuͤmlich war, auf den Gott ſelbſt zuruͤckgefuͤhrt wurde 3. Auch in Delos hatte man Nomen, die man von einem an- dern Repraͤſentanten alter Hymnendichtung, dem Olen, ableitete, die zum kykliſchen Chortanze geſungen wur- den 4. Der gemeinſame Charakter aller war Ruhe und Gemeſſenheit 5, das Versmaaß ehemals nach be- ſtimmtem Zeugniſſe durchaus hexametriſch 6; womit ſehr wohl uͤbereinſtimmt, daß man den Urſprung des Hexameters uͤberhaupt von Pytho ableitete 7. In der Nachricht, daß der alte Hymnod Philammon Jungfrauen- Choͤre um den Altar geſtellt habe, die die Geburt der Leto und ihrer Kinder in lyriſchen Maaßen (ἐν μέλεσι) beſangen 8, ſcheinen die von Terpandros, dem Lesbi- ſchen Lyriker, ausgebildeten und variirten Philammo- niſchen Nomen 9 mit den urſpruͤnglichen verwechſelt, da jene wahrſcheinlich nach der Weiſe der aͤlteſten Me- 1 Pauſ. 10, 7, 2. Vom Alter der muſiſchen Kaͤmpfe zu Delphi Plut. Sympoſ. 2, 4, 1. p. 83. Demetr. Phaler. (oben S. 331, 1.) Philoſtr. Ap. Tyan. 6, 10. 2 Proklos bei Phot. Χϱυσόϑεμις ὁ Κϱὴς πϱῶτος στολῇ χϱησάμενος ἐκπϱεπεῖ καὶ κι- θάϱαν ἀναλαβὼν εἰς μίμησιν τοῦ Ἀπόλλωνος μόνος ᾖσε νόμον. 3 Suid. νομ. κιθαϱ. 4 Kallim. Del. 304. vgl. Apoll. Rhod. 1, 537. 5 Prokl. a. O. 6 Plut. de mus. 4. aus Timotheos. 7 S. die Stellen bei Fabrie. 1. S. 207. 210 Harl. Auch versus Deliacus, wenn bei Atil. Fortunat. p. 2690. Putſch nicht zu corrigiren. Auch zu Milet hatte man alte hexametriſche Hymnen, angeblich von Branchos, auf Ap. und Zeus, Terent. de metr. 5. 165. vgl. Klem. Alex. Strom. p. 674. 8 Herakl. Pont. bei Plut. 3. vgl. Schol. Od. 16, 432. Synkell. Chronogr. S. 162. Fabric. 1. S. 214 Harl. 9 Plut. 5.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/379>, abgerufen am 22.11.2024.