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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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Ich meine auch, daß dabei vorkam, was im Hymnus
auf den Delischen Apoll zur Bezeichnung eines Jung-
frauengesangs der Insel angeführt wird, daß sie aller
Menschen Stimmen und Taktschlagen (krembaliastun)
vorstellten; man flocht vermuthlich eigenthümliche Tanz-
weisen mannigfaltiger Völker ein, zu denen die krei-
ßende Leto auf ihrer Wanderung gekommen. Auch je-
ner possenhafte und zugleich verwickelte Tanz Geranos,
den Theseus zuerst mit seinen Schiffern um den Horn-
altar zu Delos getanzt haben soll 1, hatte vermuthlich
einiges Hyporchematische. -- Was den Rhythmus
dieser Darstellungen betrifft: so kann nur soviel mit
Gewißheit gesagt werden, daß der Hexameter von je-
her gänzlich ungeeignet war, ihren leichten und fröhli-
chen Charakter 2 zu bezeichnen. Aber die bestimmtere
und kunstgemäßere Ausbildung verdanken Hyporchem
und Päan wohl erst den Dorischen Musikern, Xenodam
von Sparta und Thaletas von Elyros in Kreta 3; und
durch diese kam auch das Metrum Creticum sive
Paeonicum
bei diesen Gattungen in allgemeineu Ge-
brauch, dessen Name das Ausgehn von Kreta und die
Anwendung beim Päan unwidersprechlich bezeugt 4.
Die Kretiker sind ein incitates, kräftiges, feuriges

1 Vgl. Plut. Thes. 21. Kallim. Del. 317. mit Spanh.
Der Anführer geranoulkos Hesych; es kamen dabei Schläge vor,
daher der Delou kakos bomos Hesych; parallaxeis kai anelixeis,
Dikäarch bei Plut.; in einfacher Stellung war es ein Halbkreis
mit Hegemonen an beiden Flügeln, Pollux 4, 4, 101.
2 Athen.
14, 630. vgl. die erhaltenen Fragmente Pindarischer.
3 Plut.
de mus. 9. 10. Schol. Pind. P. 2, 127. -- Daß Hyporchemen
in Sparta einheimisch waren, sieht man aus Pind. Frgm. 8. p.
603 Bh.
4 Plut. 10., wo für MARONA kai Kretikon
Ruthmon wohl PAIONA zu schr. -- Ich folge übrigens hier der
von Böckh aufgestellten, auch geschichtlich sich bestätigenden, Theorie
über das Genus Paeonicum.

Ich meine auch, daß dabei vorkam, was im Hymnus
auf den Deliſchen Apoll zur Bezeichnung eines Jung-
frauengeſangs der Inſel angefuͤhrt wird, daß ſie aller
Menſchen Stimmen und Taktſchlagen (κρεμβαλιαστὺν)
vorſtellten; man flocht vermuthlich eigenthuͤmliche Tanz-
weiſen mannigfaltiger Voͤlker ein, zu denen die krei-
ßende Leto auf ihrer Wanderung gekommen. Auch je-
ner poſſenhafte und zugleich verwickelte Tanz Γέρανος,
den Theſeus zuerſt mit ſeinen Schiffern um den Horn-
altar zu Delos getanzt haben ſoll 1, hatte vermuthlich
einiges Hyporchematiſche. — Was den Rhythmus
dieſer Darſtellungen betrifft: ſo kann nur ſoviel mit
Gewißheit geſagt werden, daß der Hexameter von je-
her gaͤnzlich ungeeignet war, ihren leichten und froͤhli-
chen Charakter 2 zu bezeichnen. Aber die beſtimmtere
und kunſtgemaͤßere Ausbildung verdanken Hyporchem
und Paͤan wohl erſt den Doriſchen Muſikern, Xenodam
von Sparta und Thaletas von Elyros in Kreta 3; und
durch dieſe kam auch das Metrum Creticum sive
Paeonicum
bei dieſen Gattungen in allgemeineu Ge-
brauch, deſſen Name das Ausgehn von Kreta und die
Anwendung beim Paͤan unwiderſprechlich bezeugt 4.
Die Kretiker ſind ein incitates, kraͤftiges, feuriges

1 Vgl. Plut. Theſ. 21. Kallim. Del. 317. mit Spanh.
Der Anführer γεϱανουλκὸς Heſych; es kamen dabei Schlaͤge vor,
daher der Δήλου κακὸς βωμὸς Heſych; παϱαλλάξεις καὶ ἀνελίξεις,
Dikaͤarch bei Plut.; in einfacher Stellung war es ein Halbkreis
mit Hegemonen an beiden Fluͤgeln, Pollux 4, 4, 101.
2 Athen.
14, 630. vgl. die erhaltenen Fragmente Pindariſcher.
3 Plut.
de mus. 9. 10. Schol. Pind. P. 2, 127. — Daß Hyporchemen
in Sparta einheimiſch waren, ſieht man aus Pind. Frgm. 8. p.
603 Bh.
4 Plut. 10., wo fuͤr ΜΑΡΩΝΑ καὶ Κϱητικὸν
ῥυϑμὸν wohl ΠΑΙΩΝΑ zu ſchr. — Ich folge uͤbrigens hier der
von Boͤckh aufgeſtellten, auch geſchichtlich ſich beſtaͤtigenden, Theorie
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[352/0382] Ich meine auch, daß dabei vorkam, was im Hymnus auf den Deliſchen Apoll zur Bezeichnung eines Jung- frauengeſangs der Inſel angefuͤhrt wird, daß ſie aller Menſchen Stimmen und Taktſchlagen (κρεμβαλιαστὺν) vorſtellten; man flocht vermuthlich eigenthuͤmliche Tanz- weiſen mannigfaltiger Voͤlker ein, zu denen die krei- ßende Leto auf ihrer Wanderung gekommen. Auch je- ner poſſenhafte und zugleich verwickelte Tanz Γέρανος, den Theſeus zuerſt mit ſeinen Schiffern um den Horn- altar zu Delos getanzt haben ſoll 1, hatte vermuthlich einiges Hyporchematiſche. — Was den Rhythmus dieſer Darſtellungen betrifft: ſo kann nur ſoviel mit Gewißheit geſagt werden, daß der Hexameter von je- her gaͤnzlich ungeeignet war, ihren leichten und froͤhli- chen Charakter 2 zu bezeichnen. Aber die beſtimmtere und kunſtgemaͤßere Ausbildung verdanken Hyporchem und Paͤan wohl erſt den Doriſchen Muſikern, Xenodam von Sparta und Thaletas von Elyros in Kreta 3; und durch dieſe kam auch das Metrum Creticum sive Paeonicum bei dieſen Gattungen in allgemeineu Ge- brauch, deſſen Name das Ausgehn von Kreta und die Anwendung beim Paͤan unwiderſprechlich bezeugt 4. Die Kretiker ſind ein incitates, kraͤftiges, feuriges 1 Vgl. Plut. Theſ. 21. Kallim. Del. 317. mit Spanh. Der Anführer γεϱανουλκὸς Heſych; es kamen dabei Schlaͤge vor, daher der Δήλου κακὸς βωμὸς Heſych; παϱαλλάξεις καὶ ἀνελίξεις, Dikaͤarch bei Plut.; in einfacher Stellung war es ein Halbkreis mit Hegemonen an beiden Fluͤgeln, Pollux 4, 4, 101. 2 Athen. 14, 630. vgl. die erhaltenen Fragmente Pindariſcher. 3 Plut. de mus. 9. 10. Schol. Pind. P. 2, 127. — Daß Hyporchemen in Sparta einheimiſch waren, ſieht man aus Pind. Frgm. 8. p. 603 Bh. 4 Plut. 10., wo fuͤr ΜΑΡΩΝΑ καὶ Κϱητικὸν ῥυϑμὸν wohl ΠΑΙΩΝΑ zu ſchr. — Ich folge uͤbrigens hier der von Boͤckh aufgeſtellten, auch geſchichtlich ſich beſtaͤtigenden, Theorie uͤber das Genus Paeonicum.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/382>, abgerufen am 22.11.2024.