Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

gißt. Allein es scheint nicht, daß in der Zeit, als der
gesammte Volkstamm hier beschränkt war, er sich mit
diesem engen Thale begnügt habe; vielmehr hatte er noch
mehrere Orte am Oeta inne, zu welchen das genannte
Amphanäa gehört 1. Ein unbekannter Schriftsteller 2
nannte sechs Dorische Städte: Erineos, Kytinion, Boeon,
Lilaeon, Karphaea, Dryope: von denen Lilaeon die
Stadt Lilaea, Karphaea ohne Zweifel Skarpheia an den
Thermopylen, Dryope das vormals Dryopische Land
bezeichnet. Es war also wohl einmal auch das Hoch-
land an den Quellen des Kephiß, und ein Strich längs
des Oeta bis ans Meer im Besitze dieses Volks. Ja
dies war selbst noch zum Theil im Perserkriege der
Fall. Denn auch damals erstreckte sich Doris in ei-
nem dreißig Stadien breiten Zipfel zwischen dem Ma-
lischen und Phokischen Lande hindurch bis an die Ther-
mopylen 3; auch Skylax nennt die Dorier als Anwoh-
ner des Meeres 4. Dieser Strich am Oeta hin ist es
aber, den ehemals das Dryopische Völkchen bewohnte,
wie aus einer Stelle des Herodot hervorgeht 5, ehe es
von den Doriern, seinen Nachbarn in der Tetrapo-
lis, ganz verdrängt wurde. -- So sind wir durch

1 Hekataeos bei Steph.
2 Bei den Schol. Pind. P. 1,
121., in denen indeß einige Verwechselung und Verwirrung ist.
(Eine Stadt Pindos in Perrhäbien ist sonst nicht nachweisbar). Bei
Pindar geht Pindothen allgemein auf die früheren Wohnsitze; denn
Hestiaeotis und auch Doris lehnen sich an Pindos. Vgl. Boeckh.
Expl. S. 235. Aus diesen Schol. schöpfen wahrscheinlich die zu
Aristoph. Plut. 385 und Tzetz. Lyk. V. 980. vergl. 741., daher
sie auch die Fehler derselben übertragen haben.
3 Herodot 8,
31. Vgl. Plut. Themist. 9.
4 S. 24. Limodorieis.
5 He-
rod. 8, 31. und 43. eontes outoi Dorikon kai Makednon ethnos
ex Erineou te kai Pindou kai tes Druopidos ustata ormethen-
tes. Es können also nach dieser Stelle auch Kytinion und Boeon
Dryopisch gewesen sein.

gißt. Allein es ſcheint nicht, daß in der Zeit, als der
geſammte Volkſtamm hier beſchraͤnkt war, er ſich mit
dieſem engen Thale begnuͤgt habe; vielmehr hatte er noch
mehrere Orte am Oeta inne, zu welchen das genannte
Amphanaͤa gehoͤrt 1. Ein unbekannter Schriftſteller 2
nannte ſechs Doriſche Staͤdte: Erineos, Kytinion, Boeon,
Lilaeon, Karphaea, Dryope: von denen Lilaeon die
Stadt Lilaea, Karphaea ohne Zweifel Skarpheia an den
Thermopylen, Dryope das vormals Dryopiſche Land
bezeichnet. Es war alſo wohl einmal auch das Hoch-
land an den Quellen des Kephiß, und ein Strich laͤngs
des Oeta bis ans Meer im Beſitze dieſes Volks. Ja
dies war ſelbſt noch zum Theil im Perſerkriege der
Fall. Denn auch damals erſtreckte ſich Doris in ei-
nem dreißig Stadien breiten Zipfel zwiſchen dem Ma-
liſchen und Phokiſchen Lande hindurch bis an die Ther-
mopylen 3; auch Skylax nennt die Dorier als Anwoh-
ner des Meeres 4. Dieſer Strich am Oeta hin iſt es
aber, den ehemals das Dryopiſche Voͤlkchen bewohnte,
wie aus einer Stelle des Herodot hervorgeht 5, ehe es
von den Doriern, ſeinen Nachbarn in der Tetrapo-
lis, ganz verdraͤngt wurde. — So ſind wir durch

1 Hekataeos bei Steph.
2 Bei den Schol. Pind. P. 1,
121., in denen indeß einige Verwechſelung und Verwirrung iſt.
(Eine Stadt Pindos in Perrhaͤbien iſt ſonſt nicht nachweisbar). Bei
Pindar geht Πινδόϑεν allgemein auf die fruͤheren Wohnſitze; denn
Heſtiaeotis und auch Doris lehnen ſich an Pindos. Vgl. Boeckh.
Expl. S. 235. Aus dieſen Schol. ſchoͤpfen wahrſcheinlich die zu
Ariſtoph. Plut. 385 und Tzetz. Lyk. V. 980. vergl. 741., daher
ſie auch die Fehler derſelben uͤbertragen haben.
3 Herodot 8,
31. Vgl. Plut. Themiſt. 9.
4 S. 24. Λιμοδωϱιεῖς.
5 He-
rod. 8, 31. und 43. ἐόντες οὗτοι Δωϱικὸν καὶ Μακεδνὸν ἔϑνος
ἑξ Ἐϱινεοῦ τε καὶ Πίνδου καὶ τῆς Δϱυοπίδος ϋστατα ὁϱμηϑέν-
τες. Es koͤnnen alſo nach dieſer Stelle auch Kytinion und Boeon
Dryopiſch geweſen ſein.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0070" n="40"/>
gißt. Allein es &#x017F;cheint nicht, daß in der Zeit, als der<lb/>
ge&#x017F;ammte Volk&#x017F;tamm hier be&#x017F;chra&#x0364;nkt war, er &#x017F;ich mit<lb/>
die&#x017F;em engen Thale begnu&#x0364;gt habe; vielmehr hatte er noch<lb/>
mehrere Orte am Oeta inne, zu welchen das genannte<lb/>
Amphana&#x0364;a geho&#x0364;rt <note place="foot" n="1">Hekataeos bei Steph.</note>. Ein unbekannter Schrift&#x017F;teller <note place="foot" n="2">Bei den Schol. Pind. P. 1,<lb/>
121., in denen indeß einige Verwech&#x017F;elung und Verwirrung i&#x017F;t.<lb/>
(Eine Stadt Pindos in Perrha&#x0364;bien i&#x017F;t &#x017F;on&#x017F;t nicht nachweisbar). Bei<lb/>
Pindar geht &#x03A0;&#x03B9;&#x03BD;&#x03B4;&#x03CC;&#x03D1;&#x03B5;&#x03BD; allgemein auf die fru&#x0364;heren Wohn&#x017F;itze; denn<lb/>
He&#x017F;tiaeotis und auch Doris lehnen &#x017F;ich an Pindos. Vgl. Boeckh.<lb/><hi rendition="#aq">Expl.</hi> S. 235. Aus die&#x017F;en Schol. &#x017F;cho&#x0364;pfen wahr&#x017F;cheinlich die zu<lb/>
Ari&#x017F;toph. Plut. 385 und Tzetz. Lyk. V. 980. vergl. 741., daher<lb/>
&#x017F;ie auch die Fehler der&#x017F;elben u&#x0364;bertragen haben.</note><lb/>
nannte &#x017F;echs Dori&#x017F;che Sta&#x0364;dte: Erineos, Kytinion, Boeon,<lb/>
Lilaeon, Karphaea, Dryope: von denen Lilaeon die<lb/>
Stadt Lilaea, Karphaea ohne Zweifel Skarpheia an den<lb/>
Thermopylen, Dryope das vormals Dryopi&#x017F;che Land<lb/>
bezeichnet. Es war al&#x017F;o wohl einmal auch das Hoch-<lb/>
land an den Quellen des Kephiß, und ein Strich la&#x0364;ngs<lb/>
des Oeta bis ans Meer im Be&#x017F;itze die&#x017F;es Volks. Ja<lb/>
dies war &#x017F;elb&#x017F;t noch zum Theil im Per&#x017F;erkriege der<lb/>
Fall. Denn auch damals er&#x017F;treckte &#x017F;ich Doris in ei-<lb/>
nem dreißig Stadien breiten Zipfel zwi&#x017F;chen dem Ma-<lb/>
li&#x017F;chen und Phoki&#x017F;chen Lande hindurch bis an die Ther-<lb/>
mopylen <note place="foot" n="3">Herodot 8,<lb/>
31. Vgl. Plut. Themi&#x017F;t. 9.</note>; auch Skylax nennt die Dorier als Anwoh-<lb/>
ner des Meeres <note place="foot" n="4">S. 24. &#x039B;&#x03B9;&#x03BC;&#x03BF;&#x03B4;&#x03C9;&#x03F1;&#x03B9;&#x03B5;&#x1FD6;&#x03C2;.</note>. Die&#x017F;er Strich am Oeta hin i&#x017F;t es<lb/>
aber, den ehemals das Dryopi&#x017F;che Vo&#x0364;lkchen bewohnte,<lb/>
wie aus einer Stelle des Herodot hervorgeht <note place="foot" n="5">He-<lb/>
rod. 8, 31. und 43. &#x1F10;&#x03CC;&#x03BD;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C2; &#x03BF;&#x1F57;&#x03C4;&#x03BF;&#x03B9; &#x0394;&#x03C9;&#x03F1;&#x03B9;&#x03BA;&#x1F78;&#x03BD; &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x039C;&#x03B1;&#x03BA;&#x03B5;&#x03B4;&#x03BD;&#x1F78;&#x03BD; &#x1F14;&#x03D1;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2;<lb/>
&#x1F11;&#x03BE; &#x1F18;&#x03F1;&#x03B9;&#x03BD;&#x03B5;&#x03BF;&#x1FE6; &#x03C4;&#x03B5; &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x03A0;&#x03AF;&#x03BD;&#x03B4;&#x03BF;&#x03C5; &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x03C4;&#x1FC6;&#x03C2; &#x0394;&#x03F1;&#x03C5;&#x03BF;&#x03C0;&#x03AF;&#x03B4;&#x03BF;&#x03C2; &#x03CB;&#x03C3;&#x03C4;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B1; &#x1F41;&#x03F1;&#x03BC;&#x03B7;&#x03D1;&#x03AD;&#x03BD;-<lb/>
&#x03C4;&#x03B5;&#x03C2;. Es ko&#x0364;nnen al&#x017F;o nach die&#x017F;er Stelle auch Kytinion und Boeon<lb/>
Dryopi&#x017F;ch gewe&#x017F;en &#x017F;ein.</note>, ehe es<lb/>
von den Doriern, &#x017F;einen Nachbarn in der Tetrapo-<lb/>
lis, ganz verdra&#x0364;ngt wurde. &#x2014; So &#x017F;ind wir durch<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0070] gißt. Allein es ſcheint nicht, daß in der Zeit, als der geſammte Volkſtamm hier beſchraͤnkt war, er ſich mit dieſem engen Thale begnuͤgt habe; vielmehr hatte er noch mehrere Orte am Oeta inne, zu welchen das genannte Amphanaͤa gehoͤrt 1. Ein unbekannter Schriftſteller 2 nannte ſechs Doriſche Staͤdte: Erineos, Kytinion, Boeon, Lilaeon, Karphaea, Dryope: von denen Lilaeon die Stadt Lilaea, Karphaea ohne Zweifel Skarpheia an den Thermopylen, Dryope das vormals Dryopiſche Land bezeichnet. Es war alſo wohl einmal auch das Hoch- land an den Quellen des Kephiß, und ein Strich laͤngs des Oeta bis ans Meer im Beſitze dieſes Volks. Ja dies war ſelbſt noch zum Theil im Perſerkriege der Fall. Denn auch damals erſtreckte ſich Doris in ei- nem dreißig Stadien breiten Zipfel zwiſchen dem Ma- liſchen und Phokiſchen Lande hindurch bis an die Ther- mopylen 3; auch Skylax nennt die Dorier als Anwoh- ner des Meeres 4. Dieſer Strich am Oeta hin iſt es aber, den ehemals das Dryopiſche Voͤlkchen bewohnte, wie aus einer Stelle des Herodot hervorgeht 5, ehe es von den Doriern, ſeinen Nachbarn in der Tetrapo- lis, ganz verdraͤngt wurde. — So ſind wir durch 1 Hekataeos bei Steph. 2 Bei den Schol. Pind. P. 1, 121., in denen indeß einige Verwechſelung und Verwirrung iſt. (Eine Stadt Pindos in Perrhaͤbien iſt ſonſt nicht nachweisbar). Bei Pindar geht Πινδόϑεν allgemein auf die fruͤheren Wohnſitze; denn Heſtiaeotis und auch Doris lehnen ſich an Pindos. Vgl. Boeckh. Expl. S. 235. Aus dieſen Schol. ſchoͤpfen wahrſcheinlich die zu Ariſtoph. Plut. 385 und Tzetz. Lyk. V. 980. vergl. 741., daher ſie auch die Fehler derſelben uͤbertragen haben. 3 Herodot 8, 31. Vgl. Plut. Themiſt. 9. 4 S. 24. Λιμοδωϱιεῖς. 5 He- rod. 8, 31. und 43. ἐόντες οὗτοι Δωϱικὸν καὶ Μακεδνὸν ἔϑνος ἑξ Ἐϱινεοῦ τε καὶ Πίνδου καὶ τῆς Δϱυοπίδος ϋστατα ὁϱμηϑέν- τες. Es koͤnnen alſo nach dieſer Stelle auch Kytinion und Boeon Dryopiſch geweſen ſein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/70
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/70>, abgerufen am 18.12.2024.