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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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fassung von Anfang an mit dem bestimmten und indi-
viduellen Dasein der Nation gegeben waren wie Stamm,
Wurzel, Krone im Keime des Baumes. Darum hatte
das Volk auch kein Recht, den König zu ernennen
(wovon Rechtsstreite über die richtige Erbfolge genau
zu unterscheiden sind) 1, sondern die Würde ging in
geordneter Succession über, zunächst auf die Söhne
und zwar den ältesten, aber so, daß die während der
Herrschaft des Vaters geborenen den vorher gebore-
nen vorgingen; war der älteste Sohn schon gestorben,
auf dessen männliche Nachkommenschaft, und dann erst
auf die jüngern Söhne der Reihe nach; war überhaupt
keine männliche Descendenz des Königs vorhanden, auf
dessen Bruder 2 (der auch, wenn der Sohn minder-
jährig, der natürliche Vormund desselben war) 3 und
dessen Successoren, endlich wenn eine ganze Linie aus-
gestorben war, auf die nächstverwandte 4. Auch die
überaus ängstliche Sorge für die Aechtheit der Geburt
dient dazu, die Achtung der Nation vor der Legitimi-
tät zu beweisen. Bei alle dem glaubte das Volk seine
Freiheit schon gesichert durch den alle Monate von den

1 Es ist eine dike Plut. Ag. 11. neikos Herod. 6, 66. mit
vorhergehender katomosia des Anklagers, 6, 65. worauf ein Be-
schluß im Namen der Gesammtheit (polis Xen. Hell. 3, 3, 3. oi
Laked. Herod. 5, 42.) folgt. oben S. 88. Auch Kleonymos
wurde nicht durch ein freies nur auf innere Qualität gegründetes
Wahlurtheil dem Areus nachgesetzt (wie es nach Plut. Porrh. 26.
scheint,) sondern die Gerusia erklärte blos bei der amphisbetesis,
daß er als jüngerer Sohn dem Successer des ältern Sohnes nach-
stehe. Paus. 3, 6, 2.
2 S. unter aa. Herod. 5, 42. 6, 52.
7, 3. Xen. Hell. 3, 3, 2. Nepos Ages. 1, 3.
3 wie Lykur-
gos des Charilaos, Nikomedes des Pleistonax.
4 wie als
an die Stelle des Demarat Leutychides trat, dessen Recht zum
Thron auf den achten Vorfahr Theopompos zurückging, wenn man
Herod. 8, 131. nach Paus. Königsgenealogie mit Palmer. corrigirt.

faſſung von Anfang an mit dem beſtimmten und indi-
viduellen Daſein der Nation gegeben waren wie Stamm,
Wurzel, Krone im Keime des Baumes. Darum hatte
das Volk auch kein Recht, den Koͤnig zu ernennen
(wovon Rechtsſtreite uͤber die richtige Erbfolge genau
zu unterſcheiden ſind) 1, ſondern die Wuͤrde ging in
geordneter Succeſſion uͤber, zunaͤchſt auf die Soͤhne
und zwar den aͤlteſten, aber ſo, daß die waͤhrend der
Herrſchaft des Vaters geborenen den vorher gebore-
nen vorgingen; war der aͤlteſte Sohn ſchon geſtorben,
auf deſſen maͤnnliche Nachkommenſchaft, und dann erſt
auf die juͤngern Soͤhne der Reihe nach; war uͤberhaupt
keine maͤnnliche Deſcendenz des Koͤnigs vorhanden, auf
deſſen Bruder 2 (der auch, wenn der Sohn minder-
jaͤhrig, der natuͤrliche Vormund deſſelben war) 3 und
deſſen Succeſſoren, endlich wenn eine ganze Linie aus-
geſtorben war, auf die naͤchſtverwandte 4. Auch die
uͤberaus aͤngſtliche Sorge fuͤr die Aechtheit der Geburt
dient dazu, die Achtung der Nation vor der Legitimi-
taͤt zu beweiſen. Bei alle dem glaubte das Volk ſeine
Freiheit ſchon geſichert durch den alle Monate von den

1 Es iſt eine δίκη Plut. Ag. 11. νεἱκος Herod. 6, 66. mit
vorhergehender κατωμοσία des Anklágers, 6, 65. worauf ein Be-
ſchluß im Namen der Geſammtheit (πόλις Xen. Hell. 3, 3, 3. οἱ
Λακεδ. Herod. 5, 42.) folgt. oben S. 88. Auch Kleonymos
wurde nicht durch ein freies nur auf innere Qualitaͤt gegruͤndetes
Wahlurtheil dem Areus nachgeſetzt (wie es nach Plut. Porrh. 26.
ſcheint,) ſondern die Geruſia erklaͤrte blos bei der ἀμφισβήτησις,
daß er als juͤngerer Sohn dem Succeſſer des aͤltern Sohnes nach-
ſtehe. Pauſ. 3, 6, 2.
2 S. unter aa. Herod. 5, 42. 6, 52.
7, 3. Xen. Hell. 3, 3, 2. Nepos Ageſ. 1, 3.
3 wie Lykur-
gos des Charilaos, Nikomedes des Pleiſtonax.
4 wie als
an die Stelle des Demarat Leutychides trat, deſſen Recht zum
Thron auf den achten Vorfahr Theopompos zuruͤckging, wenn man
Herod. 8, 131. nach Pauſ. Koͤnigsgenealogie mit Palmer. corrigirt.
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[101/0107] faſſung von Anfang an mit dem beſtimmten und indi- viduellen Daſein der Nation gegeben waren wie Stamm, Wurzel, Krone im Keime des Baumes. Darum hatte das Volk auch kein Recht, den Koͤnig zu ernennen (wovon Rechtsſtreite uͤber die richtige Erbfolge genau zu unterſcheiden ſind) 1, ſondern die Wuͤrde ging in geordneter Succeſſion uͤber, zunaͤchſt auf die Soͤhne und zwar den aͤlteſten, aber ſo, daß die waͤhrend der Herrſchaft des Vaters geborenen den vorher gebore- nen vorgingen; war der aͤlteſte Sohn ſchon geſtorben, auf deſſen maͤnnliche Nachkommenſchaft, und dann erſt auf die juͤngern Soͤhne der Reihe nach; war uͤberhaupt keine maͤnnliche Deſcendenz des Koͤnigs vorhanden, auf deſſen Bruder 2 (der auch, wenn der Sohn minder- jaͤhrig, der natuͤrliche Vormund deſſelben war) 3 und deſſen Succeſſoren, endlich wenn eine ganze Linie aus- geſtorben war, auf die naͤchſtverwandte 4. Auch die uͤberaus aͤngſtliche Sorge fuͤr die Aechtheit der Geburt dient dazu, die Achtung der Nation vor der Legitimi- taͤt zu beweiſen. Bei alle dem glaubte das Volk ſeine Freiheit ſchon geſichert durch den alle Monate von den 1 Es iſt eine δίκη Plut. Ag. 11. νεἱκος Herod. 6, 66. mit vorhergehender κατωμοσία des Anklágers, 6, 65. worauf ein Be- ſchluß im Namen der Geſammtheit (πόλις Xen. Hell. 3, 3, 3. οἱ Λακεδ. Herod. 5, 42.) folgt. oben S. 88. Auch Kleonymos wurde nicht durch ein freies nur auf innere Qualitaͤt gegruͤndetes Wahlurtheil dem Areus nachgeſetzt (wie es nach Plut. Porrh. 26. ſcheint,) ſondern die Geruſia erklaͤrte blos bei der ἀμφισβήτησις, daß er als juͤngerer Sohn dem Succeſſer des aͤltern Sohnes nach- ſtehe. Pauſ. 3, 6, 2. 2 S. unter aa. Herod. 5, 42. 6, 52. 7, 3. Xen. Hell. 3, 3, 2. Nepos Ageſ. 1, 3. 3 wie Lykur- gos des Charilaos, Nikomedes des Pleiſtonax. 4 wie als an die Stelle des Demarat Leutychides trat, deſſen Recht zum Thron auf den achten Vorfahr Theopompos zuruͤckging, wenn man Herod. 8, 131. nach Pauſ. Koͤnigsgenealogie mit Palmer. corrigirt.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/107>, abgerufen am 21.11.2024.