der Eukleen überfiel, und endlich so weit ging, daß sie den Staat von Korinth als für sich bestehend auf- heben und mit Argos völlig vereinigen wollte (Ol. 96, 2. und 3.) 1. Die vertriebenen Aristokraten, von den zu Sikyon stehenden Lakedämoniern unterstützt, hiel- ten indessen fortwährend das Gegengewicht, und be- haupteten sich zu Lechäon 2; sie müssen hernach zurück- gekehrt sein, und die alte Verfassung wieder eingeführt haben; denn in der folgenden Zeit finden wir Korinth wieder der Lakedämonischen Symmachie treu 3. In Dions Zeit (gegen Ol. 106.) war Korinth ziemlich oligarchisch regiert, und es wurde wenig in der Volks- versammlung verhandelt 4: und wenn diese auch den Timoleon als Feldherrn des Staats nach Sicilien sandte (108, 4.), so bestand doch damals auch eine Gerusia -- ein durchaus aristokratischer Name -- welche nicht blos mit Gesandten verhandelte, sondern auch, was besonders merkwürdig, Eriminalgerichtsbarkeit aus- übte 5. Die Tyrannis des Timophanes, den Timoleon ermordete, war eine kurze Unterbrechung der Oligar- chie nach Aristoteles 6.
5.
Von der gemäßigten und wohlgeordneten Ver- fassung, welche Korinthos im Ganzen zu bewahren das Glück hatte, war die Colonie Korkyra frühzeitig ab- geartet. Unter Anführung eines Bakchiaden Chersikra- tes gegründet, wurde sie wohl eine Zeitlang von den Korinthischen Familien regiert, welche die Colonie zu- erst in Besitz genommen hatten. Daneben aber hatte
1 S. Xen. Hell. 4, 4, 3 ff.
2 4, 4, 6 ff.
3 s. be- sonders 7, 4, 6. Die Flüchtlinge von Korinth zu Argos Ol. 101, 2. bei Diod. 15, 40. sind also Demokraten.
4 Plut. Dion. 53. Bei Plut. Timol. 5. darf man aus demokratia nichts schließen, denn sie soll dort nur den Gegensatz von turannis bezeichnen.
5 Diod. 16, 65. 66.
6 Pol. 5, 5, 9.
der Eukleen uͤberfiel, und endlich ſo weit ging, daß ſie den Staat von Korinth als fuͤr ſich beſtehend auf- heben und mit Argos voͤllig vereinigen wollte (Ol. 96, 2. und 3.) 1. Die vertriebenen Ariſtokraten, von den zu Sikyon ſtehenden Lakedaͤmoniern unterſtuͤtzt, hiel- ten indeſſen fortwaͤhrend das Gegengewicht, und be- haupteten ſich zu Lechaͤon 2; ſie muͤſſen hernach zuruͤck- gekehrt ſein, und die alte Verfaſſung wieder eingefuͤhrt haben; denn in der folgenden Zeit finden wir Korinth wieder der Lakedaͤmoniſchen Symmachie treu 3. In Dions Zeit (gegen Ol. 106.) war Korinth ziemlich oligarchiſch regiert, und es wurde wenig in der Volks- verſammlung verhandelt 4: und wenn dieſe auch den Timoleon als Feldherrn des Staats nach Sicilien ſandte (108, 4.), ſo beſtand doch damals auch eine Geruſia — ein durchaus ariſtokratiſcher Name — welche nicht blos mit Geſandten verhandelte, ſondern auch, was beſonders merkwuͤrdig, Eriminalgerichtsbarkeit aus- uͤbte 5. Die Tyrannis des Timophanes, den Timoleon ermordete, war eine kurze Unterbrechung der Oligar- chie nach Ariſtoteles 6.
5.
Von der gemaͤßigten und wohlgeordneten Ver- faſſung, welche Korinthos im Ganzen zu bewahren das Gluͤck hatte, war die Colonie Korkyra fruͤhzeitig ab- geartet. Unter Anfuͤhrung eines Bakchiaden Cherſikra- tes gegruͤndet, wurde ſie wohl eine Zeitlang von den Korinthiſchen Familien regiert, welche die Colonie zu- erſt in Beſitz genommen hatten. Daneben aber hatte
1 S. Xen. Hell. 4, 4, 3 ff.
2 4, 4, 6 ff.
3 ſ. be- ſonders 7, 4, 6. Die Fluͤchtlinge von Korinth zu Argos Ol. 101, 2. bei Diod. 15, 40. ſind alſo Demokraten.
4 Plut. Dion. 53. Bei Plut. Timol. 5. darf man aus δημοκϱατία nichts ſchließen, denn ſie ſoll dort nur den Gegenſatz von τυϱαννὶς bezeichnen.
5 Diod. 16, 65. 66.
6 Pol. 5, 5, 9.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0158"n="152"/>
der Eukleen uͤberfiel, und endlich ſo weit ging, daß<lb/>ſie den Staat von Korinth als fuͤr ſich beſtehend auf-<lb/>
heben und mit Argos voͤllig vereinigen wollte (Ol.<lb/>
96, 2. und 3.) <noteplace="foot"n="1">S. Xen. Hell. 4, 4, 3 ff.</note>. Die vertriebenen Ariſtokraten, von<lb/>
den zu Sikyon ſtehenden Lakedaͤmoniern unterſtuͤtzt, hiel-<lb/>
ten indeſſen fortwaͤhrend das Gegengewicht, und be-<lb/>
haupteten ſich zu Lechaͤon <noteplace="foot"n="2">4, 4, 6 ff.</note>; ſie muͤſſen hernach zuruͤck-<lb/>
gekehrt ſein, und die alte Verfaſſung wieder eingefuͤhrt<lb/>
haben; denn in der folgenden Zeit finden wir Korinth<lb/>
wieder der Lakedaͤmoniſchen Symmachie treu <noteplace="foot"n="3">ſ. be-<lb/>ſonders 7, 4, 6. Die Fluͤchtlinge von Korinth zu Argos Ol. 101,<lb/>
2. bei Diod. 15, 40. ſind alſo Demokraten.</note>. In<lb/>
Dions Zeit (gegen Ol. 106.) war Korinth ziemlich<lb/>
oligarchiſch regiert, und es wurde wenig in der Volks-<lb/>
verſammlung verhandelt <noteplace="foot"n="4">Plut. Dion. 53.<lb/>
Bei Plut. Timol. 5. darf man aus δημοκϱατία nichts ſchließen,<lb/>
denn ſie ſoll dort nur den Gegenſatz von τυϱαννὶς bezeichnen.</note>: und wenn dieſe auch den<lb/>
Timoleon als Feldherrn des Staats nach Sicilien ſandte<lb/>
(108, 4.), ſo beſtand doch damals auch eine <hirendition="#g">Geruſia</hi><lb/>— ein durchaus ariſtokratiſcher Name — welche nicht<lb/>
blos mit Geſandten verhandelte, ſondern auch, was<lb/>
beſonders merkwuͤrdig, Eriminalgerichtsbarkeit aus-<lb/>
uͤbte <noteplace="foot"n="5">Diod. 16, 65. 66.</note>. Die Tyrannis des Timophanes, den Timoleon<lb/>
ermordete, war eine kurze Unterbrechung der Oligar-<lb/>
chie nach Ariſtoteles <noteplace="foot"n="6">Pol. 5, 5, 9.</note>.</p></div><lb/><divn="3"><head>5.</head><lb/><p>Von der gemaͤßigten und wohlgeordneten Ver-<lb/>
faſſung, welche Korinthos im Ganzen zu bewahren das<lb/>
Gluͤck hatte, war die Colonie <hirendition="#g">Korkyra</hi> fruͤhzeitig ab-<lb/>
geartet. Unter Anfuͤhrung eines Bakchiaden Cherſikra-<lb/>
tes gegruͤndet, wurde ſie wohl eine Zeitlang von den<lb/>
Korinthiſchen Familien regiert, welche die Colonie zu-<lb/>
erſt in Beſitz genommen hatten. Daneben aber hatte<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[152/0158]
der Eukleen uͤberfiel, und endlich ſo weit ging, daß
ſie den Staat von Korinth als fuͤr ſich beſtehend auf-
heben und mit Argos voͤllig vereinigen wollte (Ol.
96, 2. und 3.) 1. Die vertriebenen Ariſtokraten, von
den zu Sikyon ſtehenden Lakedaͤmoniern unterſtuͤtzt, hiel-
ten indeſſen fortwaͤhrend das Gegengewicht, und be-
haupteten ſich zu Lechaͤon 2; ſie muͤſſen hernach zuruͤck-
gekehrt ſein, und die alte Verfaſſung wieder eingefuͤhrt
haben; denn in der folgenden Zeit finden wir Korinth
wieder der Lakedaͤmoniſchen Symmachie treu 3. In
Dions Zeit (gegen Ol. 106.) war Korinth ziemlich
oligarchiſch regiert, und es wurde wenig in der Volks-
verſammlung verhandelt 4: und wenn dieſe auch den
Timoleon als Feldherrn des Staats nach Sicilien ſandte
(108, 4.), ſo beſtand doch damals auch eine Geruſia
— ein durchaus ariſtokratiſcher Name — welche nicht
blos mit Geſandten verhandelte, ſondern auch, was
beſonders merkwuͤrdig, Eriminalgerichtsbarkeit aus-
uͤbte 5. Die Tyrannis des Timophanes, den Timoleon
ermordete, war eine kurze Unterbrechung der Oligar-
chie nach Ariſtoteles 6.
5.
Von der gemaͤßigten und wohlgeordneten Ver-
faſſung, welche Korinthos im Ganzen zu bewahren das
Gluͤck hatte, war die Colonie Korkyra fruͤhzeitig ab-
geartet. Unter Anfuͤhrung eines Bakchiaden Cherſikra-
tes gegruͤndet, wurde ſie wohl eine Zeitlang von den
Korinthiſchen Familien regiert, welche die Colonie zu-
erſt in Beſitz genommen hatten. Daneben aber hatte
1 S. Xen. Hell. 4, 4, 3 ff.
2 4, 4, 6 ff.
3 ſ. be-
ſonders 7, 4, 6. Die Fluͤchtlinge von Korinth zu Argos Ol. 101,
2. bei Diod. 15, 40. ſind alſo Demokraten.
4 Plut. Dion. 53.
Bei Plut. Timol. 5. darf man aus δημοκϱατία nichts ſchließen,
denn ſie ſoll dort nur den Gegenſatz von τυϱαννὶς bezeichnen.
5 Diod. 16, 65. 66.
6 Pol. 5, 5, 9.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/158>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.