der Klerenbesitzenden Spartiaten 1 im Verhältnisse zum ganzen Volke eine nicht große Anzahl, zu der man namentlich die zahlreichen Neodamoden nicht rechnen kann; die, so viel ich einsehe, auf keine andere Weise Kleren erhalten konnten, als durch Adoption in einen Spartiatischen oikos; bis dahin sorgte wohl der Staat für sie. Völlig räthselhaft ist, wie der Verlust Messe- nieus von Sparta ausgetragen wurde; daß ganze Häu- ser ihren Landbesitz durchaus verloren hätten, ist nicht anzunehmen, sie wären dem Hungertode preis gegeben worden: aber wie damals innere Anordnungen dieser Noth steuerten, davon hat uns kein Schriftsteller eine Spur aufbewahrt. Zur Zeit des dritten Agis, wissen wir, waren unter den siebenhundert Spartiaten nur gegen hundert, in deren Händen das Gebiet der Stadt war 2.
4.
Von diesem Hinblick auf die Zeit der Auflö- sung wenden wir uns wieder zur ursprünglichen An- ordnung, die wir freilich bei schwachen und räthselhaf- ten Andeutungen oft kaum zu errathen vermögen. Das wissen wir indeß sicher, daß die Töchter ursprünglich ganz ohne Mitgift (dorisch dotine) 3 und mit einer geringen Ausstattung verehelicht wurden 4; hernach gab man ihnen wenigstens Geld und Mobilien mit 5; zu
1 Solche nennt Xen. H. 3, 3, 5. nur Spartiatas, wie man aus den Worten sieht: osoi en tois khoriois Spartiaton tukhoien ontes, ena men polemion ton despoten.
2 Plut. Agis 5.
3 Dionys. Byz. de Bosp. Thrac. p. 17 Huds.
4 Plut. Lak. Apophth. p. 223. Aelian V. G. 6, 6. Justin 3, 3. vgl. die verdorbene Glosse bei Hesych agretemata.
5 Plut. Lysand. 30. Apophth. p. 229. Aelian V. G. 6, 4. Zu der Ge- schichte von Lysandros Töchtern ist zu bemerken, daß ihre Freier darüber sich nicht täuschen konnten, ob sie Grundbesitz hätten; aber sie glaubten, der Vater habe viel bewegliches Gut, und dies wäre unter sie getheilt worden.
der Klerenbeſitzenden Spartiaten 1 im Verhaͤltniſſe zum ganzen Volke eine nicht große Anzahl, zu der man namentlich die zahlreichen Neodamoden nicht rechnen kann; die, ſo viel ich einſehe, auf keine andere Weiſe Kleren erhalten konnten, als durch Adoption in einen Spartiatiſchen οῖκος; bis dahin ſorgte wohl der Staat fuͤr ſie. Voͤllig raͤthſelhaft iſt, wie der Verluſt Meſſe- nieus von Sparta ausgetragen wurde; daß ganze Haͤu- ſer ihren Landbeſitz durchaus verloren haͤtten, iſt nicht anzunehmen, ſie waͤren dem Hungertode preis gegeben worden: aber wie damals innere Anordnungen dieſer Noth ſteuerten, davon hat uns kein Schriftſteller eine Spur aufbewahrt. Zur Zeit des dritten Agis, wiſſen wir, waren unter den ſiebenhundert Spartiaten nur gegen hundert, in deren Haͤnden das Gebiet der Stadt war 2.
4.
Von dieſem Hinblick auf die Zeit der Aufloͤ- ſung wenden wir uns wieder zur urſpruͤnglichen An- ordnung, die wir freilich bei ſchwachen und raͤthſelhaf- ten Andeutungen oft kaum zu errathen vermoͤgen. Das wiſſen wir indeß ſicher, daß die Toͤchter urſpruͤnglich ganz ohne Mitgift (doriſch δωτίνη) 3 und mit einer geringen Ausſtattung verehelicht wurden 4; hernach gab man ihnen wenigſtens Geld und Mobilien mit 5; zu
1 Solche nennt Xen. H. 3, 3, 5. nur Σπαϱτιάτας, wie man aus den Worten ſieht: ὅσοι ἐν τοῖς χωϱίοις Σπαϱτιατῶν τύχοιεν ὄντες, ἕνα μὲν πολέμιον τὸν δεσπότην.
2 Plut. Agis 5.
3 Dionyſ. Byz. de Bosp. Thrac. p. 17 Hudſ.
4 Plut. Lak. Apophth. p. 223. Aelian V. G. 6, 6. Juſtin 3, 3. vgl. die verdorbene Gloſſe bei Heſych ἀγϱετήματα.
5 Plut. Lyſand. 30. Apophth. p. 229. Aelian V. G. 6, 4. Zu der Ge- ſchichte von Lyſandros Toͤchtern iſt zu bemerken, daß ihre Freier daruͤber ſich nicht taͤuſchen konnten, ob ſie Grundbeſitz haͤtten; aber ſie glaubten, der Vater habe viel bewegliches Gut, und dies waͤre unter ſie getheilt worden.
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der Klerenbeſitzenden Spartiaten 1 im Verhaͤltniſſe zum
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namentlich die zahlreichen Neodamoden nicht rechnen
kann; die, ſo viel ich einſehe, auf keine andere Weiſe
Kleren erhalten konnten, als durch Adoption in einen
Spartiatiſchen οῖκος; bis dahin ſorgte wohl der Staat
fuͤr ſie. Voͤllig raͤthſelhaft iſt, wie der Verluſt Meſſe-
nieus von Sparta ausgetragen wurde; daß ganze Haͤu-
ſer ihren Landbeſitz durchaus verloren haͤtten, iſt nicht
anzunehmen, ſie waͤren dem Hungertode preis gegeben
worden: aber wie damals innere Anordnungen dieſer
Noth ſteuerten, davon hat uns kein Schriftſteller eine
Spur aufbewahrt. Zur Zeit des dritten Agis, wiſſen
wir, waren unter den ſiebenhundert Spartiaten nur
gegen hundert, in deren Haͤnden das Gebiet der Stadt
war 2.
4.
Von dieſem Hinblick auf die Zeit der Aufloͤ-
ſung wenden wir uns wieder zur urſpruͤnglichen An-
ordnung, die wir freilich bei ſchwachen und raͤthſelhaf-
ten Andeutungen oft kaum zu errathen vermoͤgen. Das
wiſſen wir indeß ſicher, daß die Toͤchter urſpruͤnglich
ganz ohne Mitgift (doriſch δωτίνη) 3 und mit einer
geringen Ausſtattung verehelicht wurden 4; hernach gab
man ihnen wenigſtens Geld und Mobilien mit 5; zu
1 Solche nennt Xen. H. 3, 3, 5. nur Σπαϱτιάτας, wie man
aus den Worten ſieht: ὅσοι ἐν τοῖς χωϱίοις Σπαϱτιατῶν τύχοιεν
ὄντες, ἕνα μὲν πολέμιον τὸν δεσπότην.
2 Plut. Agis 5.
3 Dionyſ. Byz. de Bosp. Thrac. p. 17 Hudſ.
4 Plut.
Lak. Apophth. p. 223. Aelian V. G. 6, 6. Juſtin 3, 3. vgl. die
verdorbene Gloſſe bei Heſych ἀγϱετήματα.
5 Plut.
Lyſand. 30. Apophth. p. 229. Aelian V. G. 6, 4. Zu der Ge-
ſchichte von Lyſandros Toͤchtern iſt zu bemerken, daß ihre Freier
daruͤber ſich nicht taͤuſchen konnten, ob ſie Grundbeſitz haͤtten; aber
ſie glaubten, der Vater habe viel bewegliches Gut, und dies waͤre
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/202>, abgerufen am 16.02.2025.
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