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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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sen die Strafen anzugeben; die Gesetze Sparta's ent-
hielten keine speciellen Bestimmungen darüber, derglei-
chen wieder Zaleukos zuerst den seinigen beifügte 1.

3.

Unter den vorkommenden Strafen hätten
die am Vermögen anderswo als in Sparta lächerlich
geschienen, weil sie so gar unbedeutend. Perseus über
die Lakonische Politie sagt: "Alsbald straft der Rich-
ter den Reichen um ein Nachmahl (epaiklon); dem
Armen gebeut er Rohr oder Binsen oder Lorbeerblätter
zum Mahl herbeizuschaffen." Nikokles, der Lakone, über
denselben Gegenstand: "Wenn der Ephoros alle gehört
hat, so spricht er den Angeklagten entweder los oder
verurtheilt ihn; der Sieger straft den Andern alsdann
leicht um ein Gebäck oder Lorbeerblätter dazu" 2.
Woraus erhellt, daß es auch vor den Ephoren und
wohl in Privatsachen Klagen gab, bei denen der Klä-
ger die Buße schätzte (agones timetoi), wahrscheinlich
Injurienklagen. Größere und eigentliche Geldstrafen
finden wir früher nur bei Königen, hernach auch bei
auswärtigen Feldherren, Harmosten u. dgl 3; sie nö-
thigten den Verurtheilten oft zur Flucht 4. Völlige
Gütereinziehung, die auch die liegenden Gründe betrof-
fen hätte, konnte in Sparta schwerlich zugelassen wer-
den 5; obgleich sie in Argos und Phlius erwähnt wird.
-- Einkerkerung kommt in Sparta nicht als Strafe
des freien Mannes vor, sondern nur als Maaßregel,
den Angeklagten fest zu halten; körperliche Mißhand-
lungen gehen, wie bei Kinadon, der Todesstrafe vor-

1 Str. 6, 260 a. vgl. Heyne Opuscc. 2. p. 37.
2 bei
Athen. 4, 140 e. 141 a.
3 oben S. 211. vgl. Meier a. O.
p. 198.
4 wie auch den Thimbren, scheint es nach Xen.
Hell. 3, 1, 8.
5 Ueber die Geschichte in Plut. Erotikos 5.
s. oben S. 120, 1. vgl. Meier a. O. p. 199.

ſen die Strafen anzugeben; die Geſetze Sparta’s ent-
hielten keine ſpeciellen Beſtimmungen daruͤber, derglei-
chen wieder Zaleukos zuerſt den ſeinigen beifuͤgte 1.

3.

Unter den vorkommenden Strafen haͤtten
die am Vermoͤgen anderswo als in Sparta laͤcherlich
geſchienen, weil ſie ſo gar unbedeutend. Perſeus uͤber
die Lakoniſche Politie ſagt: “Alsbald ſtraft der Rich-
ter den Reichen um ein Nachmahl (ἐπάϊκλον); dem
Armen gebeut er Rohr oder Binſen oder Lorbeerblaͤtter
zum Mahl herbeizuſchaffen.” Nikokles, der Lakone, uͤber
denſelben Gegenſtand: “Wenn der Ephoros alle gehoͤrt
hat, ſo ſpricht er den Angeklagten entweder los oder
verurtheilt ihn; der Sieger ſtraft den Andern alsdann
leicht um ein Gebaͤck oder Lorbeerblaͤtter dazu” 2.
Woraus erhellt, daß es auch vor den Ephoren und
wohl in Privatſachen Klagen gab, bei denen der Klaͤ-
ger die Buße ſchaͤtzte (ἀγῶνες τιμητοὶ), wahrſcheinlich
Injurienklagen. Groͤßere und eigentliche Geldſtrafen
finden wir fruͤher nur bei Koͤnigen, hernach auch bei
auswaͤrtigen Feldherren, Harmoſten u. dgl 3; ſie noͤ-
thigten den Verurtheilten oft zur Flucht 4. Voͤllige
Guͤtereinziehung, die auch die liegenden Gruͤnde betrof-
fen haͤtte, konnte in Sparta ſchwerlich zugelaſſen wer-
den 5; obgleich ſie in Argos und Phlius erwaͤhnt wird.
— Einkerkerung kommt in Sparta nicht als Strafe
des freien Mannes vor, ſondern nur als Maaßregel,
den Angeklagten feſt zu halten; koͤrperliche Mißhand-
lungen gehen, wie bei Kinadon, der Todesſtrafe vor-

1 Str. 6, 260 a. vgl. Heyne Opuscc. 2. p. 37.
2 bei
Athen. 4, 140 e. 141 a.
3 oben S. 211. vgl. Meier a. O.
p. 198.
4 wie auch den Thimbren, ſcheint es nach Xen.
Hell. 3, 1, 8.
5 Ueber die Geſchichte in Plut. Ἐϱωτικὸς 5.
ſ. oben S. 120, 1. vgl. Meier a. O. p. 199.
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[222/0228] ſen die Strafen anzugeben; die Geſetze Sparta’s ent- hielten keine ſpeciellen Beſtimmungen daruͤber, derglei- chen wieder Zaleukos zuerſt den ſeinigen beifuͤgte 1. 3. Unter den vorkommenden Strafen haͤtten die am Vermoͤgen anderswo als in Sparta laͤcherlich geſchienen, weil ſie ſo gar unbedeutend. Perſeus uͤber die Lakoniſche Politie ſagt: “Alsbald ſtraft der Rich- ter den Reichen um ein Nachmahl (ἐπάϊκλον); dem Armen gebeut er Rohr oder Binſen oder Lorbeerblaͤtter zum Mahl herbeizuſchaffen.” Nikokles, der Lakone, uͤber denſelben Gegenſtand: “Wenn der Ephoros alle gehoͤrt hat, ſo ſpricht er den Angeklagten entweder los oder verurtheilt ihn; der Sieger ſtraft den Andern alsdann leicht um ein Gebaͤck oder Lorbeerblaͤtter dazu” 2. Woraus erhellt, daß es auch vor den Ephoren und wohl in Privatſachen Klagen gab, bei denen der Klaͤ- ger die Buße ſchaͤtzte (ἀγῶνες τιμητοὶ), wahrſcheinlich Injurienklagen. Groͤßere und eigentliche Geldſtrafen finden wir fruͤher nur bei Koͤnigen, hernach auch bei auswaͤrtigen Feldherren, Harmoſten u. dgl 3; ſie noͤ- thigten den Verurtheilten oft zur Flucht 4. Voͤllige Guͤtereinziehung, die auch die liegenden Gruͤnde betrof- fen haͤtte, konnte in Sparta ſchwerlich zugelaſſen wer- den 5; obgleich ſie in Argos und Phlius erwaͤhnt wird. — Einkerkerung kommt in Sparta nicht als Strafe des freien Mannes vor, ſondern nur als Maaßregel, den Angeklagten feſt zu halten; koͤrperliche Mißhand- lungen gehen, wie bei Kinadon, der Todesſtrafe vor- 1 Str. 6, 260 a. vgl. Heyne Opuscc. 2. p. 37. 2 bei Athen. 4, 140 e. 141 a. 3 oben S. 211. vgl. Meier a. O. p. 198. 4 wie auch den Thimbren, ſcheint es nach Xen. Hell. 3, 1, 8. 5 Ueber die Geſchichte in Plut. Ἐϱωτικὸς 5. ſ. oben S. 120, 1. vgl. Meier a. O. p. 199.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/228>, abgerufen am 24.11.2024.