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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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Jonischer Sitte, die auch hierin den Barbaren nach-
ahmte, in künstliche Locken gedreht, und über der
Stirn mit goldenen Nadeln, die die Form von Cicaden
hatten, zusammengesteckt wurde 1. Auf dem Haupte
trugen die Lakonen Hüte mit breiten Schirmen; auch
im Kriege, doch wohl nur die Leichtbewaffneten 2; wie
sie zur Schlacht ihr Haar ordneten und schmückten, ist
oben bemerkt.

Daß von dieser edlen und schönen Einfalt die mei-
sten Dorischen Völkerschaften, namentlich in den Kolo-
nieen, abgefallen waren, bedarf keines Beweises; Rho-
dische Pracht war sprüchwörtlich; nichts weichlicher als
das durchsichtige und nachschleppende Tarantinidion 3;
auch die von Dionysios übersandten Sikelischen Ge-
wänder wies Lysandros (oder Archidam) als seinen
Töchtern unanständig ab 4.

Zum äußern Kult des Körpers gehören die Bäder,
in deren Betreff wir bemerken, daß die Lakonische
Sitte nur zweierlei zuließ, die kalten täglichen im Eu-

1 Zu den bisher behandelten Stellen (s. Thiersch Acta phi-
lol. Monac. T. 3. fsc. 2. p. 273 sq.
, dessen Ansicht mir nicht
ganz klar ist; ich glaube, daß man den Korymbos am besten an
deny korais vom Pandroseion sieht,) füge Phokylides [ - 1 Zeichen fehlt]rmata loxa
korumbon und Nikol. Dam. p. 51. Orelli von einem Smyrnäer:
komen trephon khruso stropho kekorumbomenen.
2 Thuk.
4, 34. vgl. Pollux 1, 149. Erotian Lex. Hippokr. Meurs. Misc.
Lac.
1, 17.
3 Bentlei Phalarid. p. 347. Lips. Bergler
ad Alciphr. 1, 36, 12.
4 Plut. Lys. 2. reg. apophth. p.
127. Lac. ap. p.
200., wo Archidam Agesilaos S. gemeint ist,
der auch im folgenden mit dem S. des Zeuxidam mehrmals ver-
wechselt wird. Apostol. 10, 48. Später aber kommen auch dia-
phane Lakonika als schnöder Luxus vor. Dio Chrysost. zum Esaias
T. 6, 45 a. zum Matth. Hom. 83. T. 7, 796 b. Montf. -- Sonst
vgl. über die Argivischen Kleider tebennos und kleobinikos Pollux
7, 13, 61. Intpp. Eine altväterische Stola Megarischer Frauen
war das aphabroma. Plut. Qu. Gr. 16. p. 387.

Joniſcher Sitte, die auch hierin den Barbaren nach-
ahmte, in kuͤnſtliche Locken gedreht, und uͤber der
Stirn mit goldenen Nadeln, die die Form von Cicaden
hatten, zuſammengeſteckt wurde 1. Auf dem Haupte
trugen die Lakonen Huͤte mit breiten Schirmen; auch
im Kriege, doch wohl nur die Leichtbewaffneten 2; wie
ſie zur Schlacht ihr Haar ordneten und ſchmuͤckten, iſt
oben bemerkt.

Daß von dieſer edlen und ſchoͤnen Einfalt die mei-
ſten Doriſchen Voͤlkerſchaften, namentlich in den Kolo-
nieen, abgefallen waren, bedarf keines Beweiſes; Rho-
diſche Pracht war ſpruͤchwoͤrtlich; nichts weichlicher als
das durchſichtige und nachſchleppende Tarantinidion 3;
auch die von Dionyſios uͤberſandten Sikeliſchen Ge-
waͤnder wies Lyſandros (oder Archidam) als ſeinen
Toͤchtern unanſtaͤndig ab 4.

Zum aͤußern Kult des Koͤrpers gehoͤren die Baͤder,
in deren Betreff wir bemerken, daß die Lakoniſche
Sitte nur zweierlei zuließ, die kalten taͤglichen im Eu-

1 Zu den bisher behandelten Stellen (ſ. Thierſch Acta phi-
lol. Monac. T. 3. fsc. 2. p. 273 sq.
, deſſen Anſicht mir nicht
ganz klar iſt; ich glaube, daß man den Korymbos am beſten an
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2 Thuk.
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Lac.
1, 17.
3 Bentlei Phalarid. p. 347. Lips. Bergler
ad Alciphr. 1, 36, 12.
4 Plut. Lyſ. 2. reg. apophth. p.
127. Lac. ap. p.
200., wo Archidam Ageſilaos S. gemeint iſt,
der auch im folgenden mit dem S. des Zeuxidam mehrmals ver-
wechſelt wird. Apoſtol. 10, 48. Spaͤter aber kommen auch δια-
φανῆ Λακωνικὰ als ſchnoͤder Luxus vor. Dio Chryſoſt. zum Eſaias
T. 6, 45 a. zum Matth. Hom. 83. T. 7, 796 b. Montf. — Sonſt
vgl. uͤber die Argiviſchen Kleider τήβεννος und κλεοβίνικος Pollux
7, 13, 61. Intpp. Eine altvaͤteriſche Stola Megariſcher Frauen
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[271/0277] Joniſcher Sitte, die auch hierin den Barbaren nach- ahmte, in kuͤnſtliche Locken gedreht, und uͤber der Stirn mit goldenen Nadeln, die die Form von Cicaden hatten, zuſammengeſteckt wurde 1. Auf dem Haupte trugen die Lakonen Huͤte mit breiten Schirmen; auch im Kriege, doch wohl nur die Leichtbewaffneten 2; wie ſie zur Schlacht ihr Haar ordneten und ſchmuͤckten, iſt oben bemerkt. Daß von dieſer edlen und ſchoͤnen Einfalt die mei- ſten Doriſchen Voͤlkerſchaften, namentlich in den Kolo- nieen, abgefallen waren, bedarf keines Beweiſes; Rho- diſche Pracht war ſpruͤchwoͤrtlich; nichts weichlicher als das durchſichtige und nachſchleppende Tarantinidion 3; auch die von Dionyſios uͤberſandten Sikeliſchen Ge- waͤnder wies Lyſandros (oder Archidam) als ſeinen Toͤchtern unanſtaͤndig ab 4. Zum aͤußern Kult des Koͤrpers gehoͤren die Baͤder, in deren Betreff wir bemerken, daß die Lakoniſche Sitte nur zweierlei zuließ, die kalten taͤglichen im Eu- 1 Zu den bisher behandelten Stellen (ſ. Thierſch Acta phi- lol. Monac. T. 3. fsc. 2. p. 273 sq., deſſen Anſicht mir nicht ganz klar iſt; ich glaube, daß man den Korymbos am beſten an deny κόϱαις vom Pandroſeion ſieht,) fuͤge Phokylides _ϱματα λοξὰ κοϱύμβων und Nikol. Dam. p. 51. Orelli von einem Smyrnaͤer: κόμην τϱἐφων χϱυσῷ στϱὸφῳ κεκοϱυμβωμένην. 2 Thuk. 4, 34. vgl. Pollux 1, 149. Erotian Lex. Hippokr. Meurſ. Misc. Lac. 1, 17. 3 Bentlei Phalarid. p. 347. Lips. Bergler ad Alciphr. 1, 36, 12. 4 Plut. Lyſ. 2. reg. apophth. p. 127. Lac. ap. p. 200., wo Archidam Ageſilaos S. gemeint iſt, der auch im folgenden mit dem S. des Zeuxidam mehrmals ver- wechſelt wird. Apoſtol. 10, 48. Spaͤter aber kommen auch δια- φανῆ Λακωνικὰ als ſchnoͤder Luxus vor. Dio Chryſoſt. zum Eſaias T. 6, 45 a. zum Matth. Hom. 83. T. 7, 796 b. Montf. — Sonſt vgl. uͤber die Argiviſchen Kleider τήβεννος und κλεοβίνικος Pollux 7, 13, 61. Intpp. Eine altvaͤteriſche Stola Megariſcher Frauen war das ἀφάβϱωμα. Plut. Qu. Gr. 16. p. 387.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/277>, abgerufen am 24.11.2024.