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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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Seite läßt sich aber zugleich aus manchem Obigen ab-
nehmen, daß die Dorier auch die Kunstschönheit mehr
nach der Seite des Maaßes, der Beschränkung und
Ordnung werden gesucht haben, als in einer Fülle von
Reiz, Anmuth und Schmuck; und wie sehr paßt dies
um den Charakter der Dorischen Baukunst zu bezeich-
nen. Dazu kommt endlich das Ruhige und Beständi-
ge der Dorischen Sinnesart, die an dem Gebrauch
der Väter mit Vorliebe und Pietät fest zu halten
pflegte, gewiß eben so in der Plastik wie in der
Musik.

Obgleich die historische Ueberlieferung hier nicht
langt, diese Ansicht consequent zu belegen und zu be-
gründen, so stimmt doch, was sie charakterisirendes
enthält, mit derselben wohl überein. Erstens bezeugt
sie frühen und eifrigen Betrieb der bildenden Kunst in
mehrern Dorischen Städten: zuerst vielleicht in Kreta,
der ältesten Heimat Dorischer Bildung 1, dann in Ae-
gina 2, Sikyon, Korinth, Argos 3, Sparta; denn
daß auch diese Stadt besonders in den Zeiten der Per-
serkriege eines regen Kunstbetriebes nicht entbehrte, hat
man früher nur aus vorgefaßter Meinung übersehen
können 4. Aus Sikyon ging der Apollon des Kana-
chos hervor, von dem wir oben einen Begriff zu geben
suchten 5; und ungefähr zur selben Zeit schuf nach
unsrer Meinung 6 die damals blühende Kunst der

1 Vgl. Bd. 1. S. 359.
2 Aeginet. p. 96 sq. wel-
cher Abschnitt, dem gutmüthigen Interesse zu danken, das einige
treffliche Gelehrte daran genommen, nächstens ganz erneuert als
Beilage zu dem Buch erscheinen soll.
3 Thiersch Epochen 2.
S. 27.
4 Oben S. 29.
5 Bd. 2. S. 360. Füge
noch die Brüder Ariston und Telestas hinzu, nach Paus. 5, 23, 6.
6 Denn ich glaube wirklich, daß diese Darstellung des Siegs der
Aeakiden über Troja an dem Tempel des Hellenischen Zeus, mit

Seite laͤßt ſich aber zugleich aus manchem Obigen ab-
nehmen, daß die Dorier auch die Kunſtſchoͤnheit mehr
nach der Seite des Maaßes, der Beſchraͤnkung und
Ordnung werden geſucht haben, als in einer Fuͤlle von
Reiz, Anmuth und Schmuck; und wie ſehr paßt dies
um den Charakter der Doriſchen Baukunſt zu bezeich-
nen. Dazu kommt endlich das Ruhige und Beſtaͤndi-
ge der Doriſchen Sinnesart, die an dem Gebrauch
der Vaͤter mit Vorliebe und Pietaͤt feſt zu halten
pflegte, gewiß eben ſo in der Plaſtik wie in der
Muſik.

Obgleich die hiſtoriſche Ueberlieferung hier nicht
langt, dieſe Anſicht conſequent zu belegen und zu be-
gruͤnden, ſo ſtimmt doch, was ſie charakteriſirendes
enthaͤlt, mit derſelben wohl uͤberein. Erſtens bezeugt
ſie fruͤhen und eifrigen Betrieb der bildenden Kunſt in
mehrern Doriſchen Staͤdten: zuerſt vielleicht in Kreta,
der aͤlteſten Heimat Doriſcher Bildung 1, dann in Ae-
gina 2, Sikyon, Korinth, Argos 3, Sparta; denn
daß auch dieſe Stadt beſonders in den Zeiten der Per-
ſerkriege eines regen Kunſtbetriebes nicht entbehrte, hat
man fruͤher nur aus vorgefaßter Meinung uͤberſehen
koͤnnen 4. Aus Sikyon ging der Apollon des Kana-
chos hervor, von dem wir oben einen Begriff zu geben
ſuchten 5; und ungefaͤhr zur ſelben Zeit ſchuf nach
unſrer Meinung 6 die damals bluͤhende Kunſt der

1 Vgl. Bd. 1. S. 359.
2 Aeginet. p. 96 sq. wel-
cher Abſchnitt, dem gutmuͤthigen Intereſſe zu danken, das einige
treffliche Gelehrte daran genommen, naͤchſtens ganz erneuert als
Beilage zu dem Buch erſcheinen ſoll.
3 Thierſch Epochen 2.
S. 27.
4 Oben S. 29.
5 Bd. 2. S. 360. Fuͤge
noch die Bruͤder Ariſton und Teleſtas hinzu, nach Pauſ. 5, 23, 6.
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Aeakiden uͤber Troja an dem Tempel des Helleniſchen Zeus, mit
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[381/0387] Seite laͤßt ſich aber zugleich aus manchem Obigen ab- nehmen, daß die Dorier auch die Kunſtſchoͤnheit mehr nach der Seite des Maaßes, der Beſchraͤnkung und Ordnung werden geſucht haben, als in einer Fuͤlle von Reiz, Anmuth und Schmuck; und wie ſehr paßt dies um den Charakter der Doriſchen Baukunſt zu bezeich- nen. Dazu kommt endlich das Ruhige und Beſtaͤndi- ge der Doriſchen Sinnesart, die an dem Gebrauch der Vaͤter mit Vorliebe und Pietaͤt feſt zu halten pflegte, gewiß eben ſo in der Plaſtik wie in der Muſik. Obgleich die hiſtoriſche Ueberlieferung hier nicht langt, dieſe Anſicht conſequent zu belegen und zu be- gruͤnden, ſo ſtimmt doch, was ſie charakteriſirendes enthaͤlt, mit derſelben wohl uͤberein. Erſtens bezeugt ſie fruͤhen und eifrigen Betrieb der bildenden Kunſt in mehrern Doriſchen Staͤdten: zuerſt vielleicht in Kreta, der aͤlteſten Heimat Doriſcher Bildung 1, dann in Ae- gina 2, Sikyon, Korinth, Argos 3, Sparta; denn daß auch dieſe Stadt beſonders in den Zeiten der Per- ſerkriege eines regen Kunſtbetriebes nicht entbehrte, hat man fruͤher nur aus vorgefaßter Meinung uͤberſehen koͤnnen 4. Aus Sikyon ging der Apollon des Kana- chos hervor, von dem wir oben einen Begriff zu geben ſuchten 5; und ungefaͤhr zur ſelben Zeit ſchuf nach unſrer Meinung 6 die damals bluͤhende Kunſt der 1 Vgl. Bd. 1. S. 359. 2 Aeginet. p. 96 sq. wel- cher Abſchnitt, dem gutmuͤthigen Intereſſe zu danken, das einige treffliche Gelehrte daran genommen, naͤchſtens ganz erneuert als Beilage zu dem Buch erſcheinen ſoll. 3 Thierſch Epochen 2. S. 27. 4 Oben S. 29. 5 Bd. 2. S. 360. Fuͤge noch die Bruͤder Ariſton und Teleſtas hinzu, nach Pauſ. 5, 23, 6. 6 Denn ich glaube wirklich, daß dieſe Darſtellung des Siegs der Aeakiden uͤber Troja an dem Tempel des Helleniſchen Zeus, mit

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/387>, abgerufen am 25.11.2024.