1118. Jetzt existiren als Werke dieser ersten aller Kunst- schulen noch die architektonischen Sculpturen, womit sie die Tempel Athens, ohne Zweifel unter Phi- dias unmittelbarer Aufsicht und Leitung, ausgeschmückt hat. Erhalten hat sich erstens Einiges von den Metopen nebst dem Fries der schmalen Seiten der Cella des The- seus-Tempels, dessen Styl offenbar der Phidiassischen 2Schule angehört; zweitens eine bedeutende Anzahl von den Metopen des Parthenon, so wie ein großer Theil des Frieses von der Cella, endlich einige colossale Figu- ren und eine Masse von Trümmern von den beiden Gie- beln desselben Tempels. Besonders an diesen mag Phi- dias selbst gearbeitet haben, wie auch Alkamenes nebst Päonios von Mende als Urheber der Giebelgruppen am 3Tempel zu Olympia genannt wird. Unter Einwir- kung der Attischen Künstler sind überdies auch die Bild- werke am Fries des Hypäthron im Tempel bei Phiga- lia (§. 109. Anm. N. 9) entstanden, doch so daß der we- niger geläuterte Geschmack einer andern Künstlerschule auf Zeichnung und Ausführung des Ganzen bestimmend gewirkt hat.
1. Theseion. In den Metopen Herakles u. Theseus Thaten. Im Friese vorn Kampf von Männern (Athenern und Eleusiniern? Atlantinern?) unter der Leitung von Göttern; hinten Kentauroma- chie. Gypsabgüsse im brittischen Museum (R. xiv. n. 52 -- 73). Stuart iii. ch. 1. Dodwell Class. Tour i. p. 362, nebst Kupfer. Alcuni bassirilievi della Grecia.
2. Parthenon.
a.Metopen, gegen 4 F. hoch, der Vorsprung der Figuren bis 10 Zoll. Im Ganzen 92; 15 von der Südseite jetzt im Britt. Museum, 1 im Louvre, 32 von der Südseite von Carey auf Befehl des Gr. Nointel vor 1687 (vgl. §. 109. Anm. N. 2.) gezeichnet, einige bei Stuart V. ii ch. 1. pl. 10 -- 12. V. iv. ch. 4. pl. 29 -- 34. u. im Museum Worsleya- num T. ii. ch. 5. Nachrichten von andern in der neuen Ausgabe Stuarts, und in Leake's Topography, 8. p. 226. Darnach sieht man, daß an der vordern, oder östlichen, Seite besonders Pallas als Gigantenkämpferin und andre Götterkämpfe (auch der um den
Hiſtoriſcher Theil.
1118. Jetzt exiſtiren als Werke dieſer erſten aller Kunſt- ſchulen noch die architektoniſchen Sculpturen, womit ſie die Tempel Athens, ohne Zweifel unter Phi- dias unmittelbarer Aufſicht und Leitung, ausgeſchmuͤckt hat. Erhalten hat ſich erſtens Einiges von den Metopen nebſt dem Fries der ſchmalen Seiten der Cella des The- ſeus-Tempels, deſſen Styl offenbar der Phidiaſſiſchen 2Schule angehoͤrt; zweitens eine bedeutende Anzahl von den Metopen des Parthenon, ſo wie ein großer Theil des Frieſes von der Cella, endlich einige coloſſale Figu- ren und eine Maſſe von Truͤmmern von den beiden Gie- beln deſſelben Tempels. Beſonders an dieſen mag Phi- dias ſelbſt gearbeitet haben, wie auch Alkamenes nebſt Paͤonios von Mende als Urheber der Giebelgruppen am 3Tempel zu Olympia genannt wird. Unter Einwir- kung der Attiſchen Kuͤnſtler ſind uͤberdies auch die Bild- werke am Fries des Hypaͤthron im Tempel bei Phiga- lia (§. 109. Anm. N. 9) entſtanden, doch ſo daß der we- niger gelaͤuterte Geſchmack einer andern Kuͤnſtlerſchule auf Zeichnung und Ausfuͤhrung des Ganzen beſtimmend gewirkt hat.
1. Theſeion. In den Metopen Herakles u. Theſeus Thaten. Im Frieſe vorn Kampf von Männern (Athenern und Eleuſiniern? Atlantinern?) unter der Leitung von Göttern; hinten Kentauroma- chie. Gypsabgüſſe im brittiſchen Muſeum (R. xiv. n. 52 — 73). Stuart iii. ch. 1. Dodwell Class. Tour i. p. 362, nebſt Kupfer. Alcuni bassirilievi della Grecia.
2. Parthenon.
a.Metopen, gegen 4 F. hoch, der Vorſprung der Figuren bis 10 Zoll. Im Ganzen 92; 15 von der Südſeite jetzt im Britt. Muſeum, 1 im Louvre, 32 von der Südſeite von Carey auf Befehl des Gr. Nointel vor 1687 (vgl. §. 109. Anm. N. 2.) gezeichnet, einige bei Stuart V. ii ch. 1. pl. 10 — 12. V. iv. ch. 4. pl. 29 — 34. u. im Museum Worsleya- num T. ii. ch. 5. Nachrichten von andern in der neuen Ausgabe Stuarts, und in Leake’s Topography, 8. p. 226. Darnach ſieht man, daß an der vordern, oder öſtlichen, Seite beſonders Pallas als Gigantenkämpferin und andre Götterkämpfe (auch der um den
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Hiſtoriſcher Theil.
118. Jetzt exiſtiren als Werke dieſer erſten aller Kunſt-
ſchulen noch die architektoniſchen Sculpturen,
womit ſie die Tempel Athens, ohne Zweifel unter Phi-
dias unmittelbarer Aufſicht und Leitung, ausgeſchmuͤckt
hat. Erhalten hat ſich erſtens Einiges von den Metopen
nebſt dem Fries der ſchmalen Seiten der Cella des The-
ſeus-Tempels, deſſen Styl offenbar der Phidiaſſiſchen
Schule angehoͤrt; zweitens eine bedeutende Anzahl von
den Metopen des Parthenon, ſo wie ein großer Theil
des Frieſes von der Cella, endlich einige coloſſale Figu-
ren und eine Maſſe von Truͤmmern von den beiden Gie-
beln deſſelben Tempels. Beſonders an dieſen mag Phi-
dias ſelbſt gearbeitet haben, wie auch Alkamenes nebſt
Paͤonios von Mende als Urheber der Giebelgruppen am
Tempel zu Olympia genannt wird. Unter Einwir-
kung der Attiſchen Kuͤnſtler ſind uͤberdies auch die Bild-
werke am Fries des Hypaͤthron im Tempel bei Phiga-
lia (§. 109. Anm. N. 9) entſtanden, doch ſo daß der we-
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auf Zeichnung und Ausfuͤhrung des Ganzen beſtimmend
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Im Frieſe vorn Kampf von Männern (Athenern und Eleuſiniern?
Atlantinern?) unter der Leitung von Göttern; hinten Kentauroma-
chie. Gypsabgüſſe im brittiſchen Muſeum (R. xiv. n. 52 — 73).
Stuart iii. ch. 1. Dodwell Class. Tour i. p. 362, nebſt
Kupfer. Alcuni bassirilievi della Grecia.
2. Parthenon.
a. Metopen, gegen 4 F. hoch, der Vorſprung
der Figuren bis 10 Zoll. Im Ganzen 92; 15 von der Südſeite
jetzt im Britt. Muſeum, 1 im Louvre, 32 von der Südſeite
von Carey auf Befehl des Gr. Nointel vor 1687 (vgl. §. 109.
Anm. N. 2.) gezeichnet, einige bei Stuart V. ii ch. 1. pl. 10 —
12. V. iv. ch. 4. pl. 29 — 34. u. im Museum Worsleya-
num T. ii. ch. 5. Nachrichten von andern in der neuen Ausgabe
Stuarts, und in Leake’s Topography, 8. p. 226. Darnach ſieht
man, daß an der vordern, oder öſtlichen, Seite beſonders Pallas
als Gigantenkämpferin und andre Götterkämpfe (auch der um den
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/118>, abgerufen am 23.11.2024.
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