tive um die Monotonie militärischer Anordnung zu verringern, Gefühl und Innigkeit in der Darstellung gemüthlicher Scenen, wie der Gnade flehenden Frauen und Kinder, geben diesen Arbeiten, bei manchem Fehler in der Behandlung des Nackten, der Draperieen, einen hohen Werth.
2. S. die Herausg. Winck. vi, 2. S. 345. Ueber das Histo- rische, außer Bellori, Heyne de Col. Trai. bei Engels Commen- tatio de expeditione Trajani. Hierher gehören auch die Bildwerke am Bogen des Constantin (wo neben Trajan auch Ha- drian mit Antinoos erscheint); und andre Reliefs mit Kriegern von einem Monumente Trajans, welche Winckelm. vi, 1. S. 283. beschreibt.
1213. Durch Hadrianus, wenn auch immer zum großen Theile affektirte, Kunstliebe, und seine Bemühun- gen dem verfallnen Griechenland wieder emporzuhelfen, erhielt die Kunst, welche bisher immer mehr zur Darstel- lerin der äußern Wirklichkeit geworden war, einen hö- 2hern Flug. Nicht nur giebt es Hadriansköpfe auf Mün- zen (maximi moduli), in denen ein höherer Geist der 3Kunst ist: sondern vor allen zeigen die Statuen des An- tinoos, die wohl sämmtlich unter Hadrian oder bald nachher verfertigt wurden, welch plötzlicher Sonnenschein 4damals das Land der Kunst erhellt hatte. Alle diese Statuen gehören Griechenland oder dem benachbarten Kleinasien an, wo die Verehrung des Antinoos ihren Sitz hatte; das ganz neue Leben in den verödeten Land- schaften scheint auch die Begeisterung alter Zeiten geweckt 5zu haben. Am bewundernswürdigsten erscheint die Sicher- heit, womit dieser Charakter von den Künstlern einerseits nach verschiednen Stufen, als Mensch, Heros, Gott, mo- dificirt, andrerseits aber doch in seinem innersten Wesen 6festgehalten und durchgeführt worden ist. Uebrigens ist Hadrians Zeit grade auch die, wo am meisten theils in strengerem, theils in gemildertem Aegyptischen Style argebeitet wurde, wie Statuen der Art aus der Villa
Hiſtoriſcher Theil.
tive um die Monotonie militaͤriſcher Anordnung zu verringern, Gefuͤhl und Innigkeit in der Darſtellung gemuͤthlicher Scenen, wie der Gnade flehenden Frauen und Kinder, geben dieſen Arbeiten, bei manchem Fehler in der Behandlung des Nackten, der Draperieen, einen hohen Werth.
2. S. die Herausg. Winck. vi, 2. S. 345. Ueber das Hiſto- riſche, außer Bellori, Heyne de Col. Trai. bei Engels Commen- tatio de expeditione Trajani. Hierher gehören auch die Bildwerke am Bogen des Conſtantin (wo neben Trajan auch Ha- drian mit Antinoos erſcheint); und andre Reliefs mit Kriegern von einem Monumente Trajans, welche Winckelm. vi, 1. S. 283. beſchreibt.
1213. Durch Hadrianus, wenn auch immer zum großen Theile affektirte, Kunſtliebe, und ſeine Bemuͤhun- gen dem verfallnen Griechenland wieder emporzuhelfen, erhielt die Kunſt, welche bisher immer mehr zur Darſtel- lerin der aͤußern Wirklichkeit geworden war, einen hoͤ- 2hern Flug. Nicht nur giebt es Hadrianskoͤpfe auf Muͤn- zen (maximi moduli), in denen ein hoͤherer Geiſt der 3Kunſt iſt: ſondern vor allen zeigen die Statuen des An- tinoos, die wohl ſaͤmmtlich unter Hadrian oder bald nachher verfertigt wurden, welch ploͤtzlicher Sonnenſchein 4damals das Land der Kunſt erhellt hatte. Alle dieſe Statuen gehoͤren Griechenland oder dem benachbarten Kleinaſien an, wo die Verehrung des Antinoos ihren Sitz hatte; das ganz neue Leben in den veroͤdeten Land- ſchaften ſcheint auch die Begeiſterung alter Zeiten geweckt 5zu haben. Am bewundernswuͤrdigſten erſcheint die Sicher- heit, womit dieſer Charakter von den Kuͤnſtlern einerſeits nach verſchiednen Stufen, als Menſch, Heros, Gott, mo- dificirt, andrerſeits aber doch in ſeinem innerſten Weſen 6feſtgehalten und durchgefuͤhrt worden iſt. Uebrigens iſt Hadrians Zeit grade auch die, wo am meiſten theils in ſtrengerem, theils in gemildertem Aegyptiſchen Style argebeitet wurde, wie Statuen der Art aus der Villa
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Hiſtoriſcher Theil.
tive um die Monotonie militaͤriſcher Anordnung zu
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gemuͤthlicher Scenen, wie der Gnade flehenden Frauen
und Kinder, geben dieſen Arbeiten, bei manchem Fehler
in der Behandlung des Nackten, der Draperieen, einen
hohen Werth.
2. S. die Herausg. Winck. vi, 2. S. 345. Ueber das Hiſto-
riſche, außer Bellori, Heyne de Col. Trai. bei Engels Commen-
tatio de expeditione Trajani. Hierher gehören auch die
Bildwerke am Bogen des Conſtantin (wo neben Trajan auch Ha-
drian mit Antinoos erſcheint); und andre Reliefs mit Kriegern von
einem Monumente Trajans, welche Winckelm. vi, 1. S. 283.
beſchreibt.
213. Durch Hadrianus, wenn auch immer zum
großen Theile affektirte, Kunſtliebe, und ſeine Bemuͤhun-
gen dem verfallnen Griechenland wieder emporzuhelfen,
erhielt die Kunſt, welche bisher immer mehr zur Darſtel-
lerin der aͤußern Wirklichkeit geworden war, einen hoͤ-
hern Flug. Nicht nur giebt es Hadrianskoͤpfe auf Muͤn-
zen (maximi moduli), in denen ein hoͤherer Geiſt der
Kunſt iſt: ſondern vor allen zeigen die Statuen des An-
tinoos, die wohl ſaͤmmtlich unter Hadrian oder bald
nachher verfertigt wurden, welch ploͤtzlicher Sonnenſchein
damals das Land der Kunſt erhellt hatte. Alle dieſe
Statuen gehoͤren Griechenland oder dem benachbarten
Kleinaſien an, wo die Verehrung des Antinoos ihren
Sitz hatte; das ganz neue Leben in den veroͤdeten Land-
ſchaften ſcheint auch die Begeiſterung alter Zeiten geweckt
zu haben. Am bewundernswuͤrdigſten erſcheint die Sicher-
heit, womit dieſer Charakter von den Kuͤnſtlern einerſeits
nach verſchiednen Stufen, als Menſch, Heros, Gott, mo-
dificirt, andrerſeits aber doch in ſeinem innerſten Weſen
feſtgehalten und durchgefuͤhrt worden iſt. Uebrigens
iſt Hadrians Zeit grade auch die, wo am meiſten theils
in ſtrengerem, theils in gemildertem Aegyptiſchen Style
argebeitet wurde, wie Statuen der Art aus der Villa
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/218>, abgerufen am 27.11.2024.
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