3. Höhlentempel des Shiva auf Elephante unweit Bombay. Mehrere auf Salsette, die größten bei Kenneri. Grotte zu Carli. Das ungeheure Pantheon zu Ellora in den Ghautge- birgen, zugleich zur Aufnahme von hunderttausenden von Wallfah- rern bestimmt. -- Mavalipuram (Mahabalipur im Mahaba- rata, Maliarpha bei Ptolem.) ein Felsengebirg über der Erde in ein Labyrinth von Monumenten verwandelt, an der Küste von Co- romandel. Pyramidische Pagoden zu Deogur, Tanjore, Ramise- ram. Felsentempel auf Ceylon. Ueber die Felsenkammern in Bamian Hoeck Monum. vet. Med. p. 176 sqq.
4. Einen grandiosen Eindruck machen z. B. die Grotte von Carli, und der Tempel des Visvakurma zu Ellora, wo die Decken im Rundbogen ausgehaun sind. Was die Details anlangt, so ist folgende Pfeilerform noch die am häufigsten wiederkehrende und am regelmäßigsten gebildete: eine Basis aus mehrern Platten und Wellen, darüber ein kurzer, Jonisch cannelirter Pfeiler, dann ein umgestürztes Akanthus-Capitäl, oben zusammengezogen, über die- sem eingezogenen Halse ein großer Pfühl, darüber die Platte mit Verlängerungen in der Richtung des darüberliegenden Hauptbalkens, welcher die Decke trägt. Häufig kommen als Verzierung der Pfeiler umgestürzte antefixa, oder Eckverzierungen, antiker Sarko- phage vor. Die Dicke dieser Stützen (in deren Gestalt indeß keine Spur eines Nachdenkens über statische Gesetze wahrzunehmen ist) ist nur Werk der Noth; als Zierath an der Außenseite von Felsentempeln hat die Indische Architektur auch sehr schlanke Säulen.
5. Eine Chronologie giebt es hier leider nicht, aber nach den festen Punkten, die wir haben, scheint es nicht nöthig, diese Kunst- blüthe Indiens (wenn man so sagen darf) älter zu setzen als die Blüthe der dramatischen Poesie in Indien (unter dem Raya Vi- cramaditya, der nach gewöhnlicher Annahme 56 v. Chr. starb). Beide setzen nämlich die epische Poesie voraus, und schließen sich an sie an. Auch existirte in der Zeit dieser Bauwerke der Buddhais- mus schon (Salsette, Carli sind Buddhistisch), den man nun wohl von etwa 500 v. Chr. datirt. Das älteste Zeugniß für die Existenz solcher Bauwerke ist Bardesanes (in Heliogabalus Zeit) Beschrei- bung einer Indischen Tempelhöhle eines androgynen Gottes. Por- phyr. bei Stobäos Ecl. Phys. i. p. 144 Heeren. Die gräuel- volle Ausgelassenheit der Darstellungen in Elephante (Proben der Art sind aus der Townleyschen Sammlung in das Britt. Museum übergegangen) deutet auch auf Zeiten des innern Verfalls. Viel weiter ging Langles, welcher die Entstehung von Ellora um 900 n. Chr. setzte.
Anhang. Indier.
3. Höhlentempel des Shiva auf Elephante unweit Bombay. Mehrere auf Salſette, die größten bei Kenneri. Grotte zu Carli. Das ungeheure Pantheon zu Ellora in den Ghautge- birgen, zugleich zur Aufnahme von hunderttauſenden von Wallfah- rern beſtimmt. — Mavalipuram (Mahabalipur im Mahaba- rata, Μαλίαρφα bei Ptolem.) ein Felſengebirg über der Erde in ein Labyrinth von Monumenten verwandelt, an der Küſte von Co- romandel. Pyramidiſche Pagoden zu Deogur, Tanjore, Ramiſe- ram. Felſentempel auf Ceylon. Ueber die Felſenkammern in Bamian Hoeck Monum. vet. Med. p. 176 sqq.
4. Einen grandioſen Eindruck machen z. B. die Grotte von Carli, und der Tempel des Visvakurma zu Ellora, wo die Decken im Rundbogen ausgehaun ſind. Was die Details anlangt, ſo iſt folgende Pfeilerform noch die am häufigſten wiederkehrende und am regelmäßigſten gebildete: eine Baſis aus mehrern Platten und Wellen, darüber ein kurzer, Joniſch cannelirter Pfeiler, dann ein umgeſtürztes Akanthus-Capitäl, oben zuſammengezogen, über die- ſem eingezogenen Halſe ein großer Pfühl, darüber die Platte mit Verlängerungen in der Richtung des darüberliegenden Hauptbalkens, welcher die Decke trägt. Häufig kommen als Verzierung der Pfeiler umgeſtürzte antefixa, oder Eckverzierungen, antiker Sarko- phage vor. Die Dicke dieſer Stützen (in deren Geſtalt indeß keine Spur eines Nachdenkens über ſtatiſche Geſetze wahrzunehmen iſt) iſt nur Werk der Noth; als Zierath an der Außenſeite von Felſentempeln hat die Indiſche Architektur auch ſehr ſchlanke Säulen.
5. Eine Chronologie giebt es hier leider nicht, aber nach den feſten Punkten, die wir haben, ſcheint es nicht nöthig, dieſe Kunſt- blüthe Indiens (wenn man ſo ſagen darf) älter zu ſetzen als die Blüthe der dramatiſchen Poeſie in Indien (unter dem Raya Vi- cramaditya, der nach gewöhnlicher Annahme 56 v. Chr. ſtarb). Beide ſetzen nämlich die epiſche Poeſie voraus, und ſchließen ſich an ſie an. Auch exiſtirte in der Zeit dieſer Bauwerke der Buddhais- mus ſchon (Salſette, Carli ſind Buddhiſtiſch), den man nun wohl von etwa 500 v. Chr. datirt. Das älteſte Zeugniß für die Exiſtenz ſolcher Bauwerke iſt Bardeſanes (in Heliogabalus Zeit) Beſchrei- bung einer Indiſchen Tempelhöhle eines androgynen Gottes. Por- phyr. bei Stobäos Ecl. Phys. i. p. 144 Heeren. Die gräuel- volle Ausgelaſſenheit der Darſtellungen in Elephante (Proben der Art ſind aus der Townleyſchen Sammlung in das Britt. Muſeum übergegangen) deutet auch auf Zeiten des innern Verfalls. Viel weiter ging Langlès, welcher die Entſtehung von Ellora um 900 n. Chr. ſetzte.
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Anhang. Indier.
3. Höhlentempel des Shiva auf Elephante unweit Bombay.
Mehrere auf Salſette, die größten bei Kenneri. Grotte zu
Carli. Das ungeheure Pantheon zu Ellora in den Ghautge-
birgen, zugleich zur Aufnahme von hunderttauſenden von Wallfah-
rern beſtimmt. — Mavalipuram (Mahabalipur im Mahaba-
rata, Μαλίαρφα bei Ptolem.) ein Felſengebirg über der Erde in
ein Labyrinth von Monumenten verwandelt, an der Küſte von Co-
romandel. Pyramidiſche Pagoden zu Deogur, Tanjore, Ramiſe-
ram. Felſentempel auf Ceylon. Ueber die Felſenkammern in
Bamian Hoeck Monum. vet. Med. p. 176 sqq.
4. Einen grandioſen Eindruck machen z. B. die Grotte von
Carli, und der Tempel des Visvakurma zu Ellora, wo die Decken
im Rundbogen ausgehaun ſind. Was die Details anlangt, ſo
iſt folgende Pfeilerform noch die am häufigſten wiederkehrende und
am regelmäßigſten gebildete: eine Baſis aus mehrern Platten und
Wellen, darüber ein kurzer, Joniſch cannelirter Pfeiler, dann ein
umgeſtürztes Akanthus-Capitäl, oben zuſammengezogen, über die-
ſem eingezogenen Halſe ein großer Pfühl, darüber die Platte mit
Verlängerungen in der Richtung des darüberliegenden Hauptbalkens,
welcher die Decke trägt. Häufig kommen als Verzierung der
Pfeiler umgeſtürzte antefixa, oder Eckverzierungen, antiker Sarko-
phage vor. Die Dicke dieſer Stützen (in deren Geſtalt indeß
keine Spur eines Nachdenkens über ſtatiſche Geſetze wahrzunehmen
iſt) iſt nur Werk der Noth; als Zierath an der Außenſeite von
Felſentempeln hat die Indiſche Architektur auch ſehr ſchlanke Säulen.
5. Eine Chronologie giebt es hier leider nicht, aber nach den
feſten Punkten, die wir haben, ſcheint es nicht nöthig, dieſe Kunſt-
blüthe Indiens (wenn man ſo ſagen darf) älter zu ſetzen als die
Blüthe der dramatiſchen Poeſie in Indien (unter dem Raya Vi-
cramaditya, der nach gewöhnlicher Annahme 56 v. Chr. ſtarb).
Beide ſetzen nämlich die epiſche Poeſie voraus, und ſchließen ſich an
ſie an. Auch exiſtirte in der Zeit dieſer Bauwerke der Buddhais-
mus ſchon (Salſette, Carli ſind Buddhiſtiſch), den man nun wohl
von etwa 500 v. Chr. datirt. Das älteſte Zeugniß für die Exiſtenz
ſolcher Bauwerke iſt Bardeſanes (in Heliogabalus Zeit) Beſchrei-
bung einer Indiſchen Tempelhöhle eines androgynen Gottes. Por-
phyr. bei Stobäos Ecl. Phys. i. p. 144 Heeren. Die gräuel-
volle Ausgelaſſenheit der Darſtellungen in Elephante (Proben der
Art ſind aus der Townleyſchen Sammlung in das Britt. Muſeum
übergegangen) deutet auch auf Zeiten des innern Verfalls. Viel
weiter ging Langlès, welcher die Entſtehung von Ellora um 900
n. Chr. ſetzte.
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/299>, abgerufen am 24.11.2024.
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