3. Das Gefühl, welches adäquate Formen zu finden verzichtet, ist ein mystisches; wenn es Zeichen sucht, so sind es meist ab- sichtlich unförmliche, seltsame.
32. Weiter als die Kunstform, welche völliges Ent- sprechen und inniges Durchdringen des Innern und Aeu- ßern fordert, geht das Symbol, welches auf einem Zusammenhange äußerer Gegenstände mit göttlichen We- sen beruht, der nur für den Glauben da ist, und darum weit kühnere Verknüpfungen gestattet als die Kunst- form.
Solcher Art sind die Thiersymbole Griechischer Götter; nur der von dem bestimmten Gefühl und Glauben durchdrungene sieht das göttliche Leben in dem Thiere. Der eigentliche Cultus ist sym- bolisch, die Kunst knüpft sich nur daran an. Für das tiefere religiöse Gefühl sind auch die Götterbilder symbolisch, in anderer Beziehung als sie Kunstwerke sind.
133. Indem die Kunstideen aus Vorstellungen, die sich auf geschichtliche Weise gebildet und festgestellt haben, erwachsen, sind sie positiver Art; doch würde alles Kunstleben aufhören, wenn sie völlig positiv wären, wo- mit Knüpfung an bestimmte feste Formen nothwendig 2zusammenhangen müßte (§. 3. 7.). Solche durch Satzung oder Gewohnheit festgestellte Formen, welche jedesmal die Kunstthätigkeit auf einem bestimmten Punkte aufheben, nennt man Typus.
2. Ein Typus wird in der Nachbildung festgehalten, ohne aus dem Geiste des Künstlers als die angemessenste Form von selbst hervorzugehn. Die sogenannten Ideale der Griech. Götter sind keine Typen.
34. Ein Volk und eine Zeit, in welcher ein tiefes und zugleich regsames geistiges Leben, welches durch das Po- sitive mehr gehoben als gefesselt wird, mit einer lebendi-
Einleitung
3. Das Gefühl, welches adäquate Formen zu finden verzichtet, iſt ein myſtiſches; wenn es Zeichen ſucht, ſo ſind es meiſt ab- ſichtlich unförmliche, ſeltſame.
32. Weiter als die Kunſtform, welche voͤlliges Ent- ſprechen und inniges Durchdringen des Innern und Aeu- ßern fordert, geht das Symbol, welches auf einem Zuſammenhange aͤußerer Gegenſtaͤnde mit goͤttlichen We- ſen beruht, der nur fuͤr den Glauben da iſt, und darum weit kuͤhnere Verknuͤpfungen geſtattet als die Kunſt- form.
Solcher Art ſind die Thierſymbole Griechiſcher Götter; nur der von dem beſtimmten Gefühl und Glauben durchdrungene ſieht das göttliche Leben in dem Thiere. Der eigentliche Cultus iſt ſym- boliſch, die Kunſt knüpft ſich nur daran an. Für das tiefere religiöſe Gefühl ſind auch die Götterbilder ſymboliſch, in anderer Beziehung als ſie Kunſtwerke ſind.
133. Indem die Kunſtideen aus Vorſtellungen, die ſich auf geſchichtliche Weiſe gebildet und feſtgeſtellt haben, erwachſen, ſind ſie poſitiver Art; doch wuͤrde alles Kunſtleben aufhoͤren, wenn ſie voͤllig poſitiv waͤren, wo- mit Knuͤpfung an beſtimmte feſte Formen nothwendig 2zuſammenhangen muͤßte (§. 3. 7.). Solche durch Satzung oder Gewohnheit feſtgeſtellte Formen, welche jedesmal die Kunſtthaͤtigkeit auf einem beſtimmten Punkte aufheben, nennt man Typus.
2. Ein Typus wird in der Nachbildung feſtgehalten, ohne aus dem Geiſte des Künſtlers als die angemeſſenſte Form von ſelbſt hervorzugehn. Die ſogenannten Ideale der Griech. Götter ſind keine Typen.
34. Ein Volk und eine Zeit, in welcher ein tiefes und zugleich regſames geiſtiges Leben, welches durch das Po- ſitive mehr gehoben als gefeſſelt wird, mit einer lebendi-
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Einleitung
3. Das Gefühl, welches adäquate Formen zu finden verzichtet,
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32. Weiter als die Kunſtform, welche voͤlliges Ent-
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Zuſammenhange aͤußerer Gegenſtaͤnde mit goͤttlichen We-
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weit kuͤhnere Verknuͤpfungen geſtattet als die Kunſt-
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Solcher Art ſind die Thierſymbole Griechiſcher Götter; nur der
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göttliche Leben in dem Thiere. Der eigentliche Cultus iſt ſym-
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religiöſe Gefühl ſind auch die Götterbilder ſymboliſch, in anderer
Beziehung als ſie Kunſtwerke ſind.
33. Indem die Kunſtideen aus Vorſtellungen, die
ſich auf geſchichtliche Weiſe gebildet und feſtgeſtellt haben,
erwachſen, ſind ſie poſitiver Art; doch wuͤrde alles
Kunſtleben aufhoͤren, wenn ſie voͤllig poſitiv waͤren, wo-
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zuſammenhangen muͤßte (§. 3. 7.). Solche durch Satzung
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nennt man Typus.
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2. Ein Typus wird in der Nachbildung feſtgehalten, ohne aus
dem Geiſte des Künſtlers als die angemeſſenſte Form von ſelbſt
hervorzugehn. Die ſogenannten Ideale der Griech. Götter ſind
keine Typen.
34. Ein Volk und eine Zeit, in welcher ein tiefes und
zugleich regſames geiſtiges Leben, welches durch das Po-
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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/38>, abgerufen am 21.11.2024.
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