Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.

Bild:
<< vorherige Seite

sen. Dis aber melden etliche Scribenten, daß
ein Siberischer Fürst/ Nahmens Mahmet, ihm
an dem Fluß Irtis habe eine Stadt erbaut/ die
er Sibir genannt, welches auf Tartarisch so viel
heissen soll, als die vornehmste/ und sey nachge-
hends das gantze Land unter dem Nahmen Sibe-
rien
betitult.

§. 5. Von den Regierungen dieser Fürsten/
hat man hin und wieder folgende Nachricht. An
dem Flusse Ischim, der in die Irtis fällt/ regierte
ein Czaar oder König/ Nahmens On, Mahometi-
scher Religion. Zingidi ein gemeiner Unter-
than/ war mit seiner Regierung nicht zu frieden/
sondern brachte das gemeine Volck auf seine
Seite; Er jagte den König On von Land und
Leuten/ und bemeisterte in kurtzen sich des König-
reichs/ nachdem er On erwürget hatte. Er
führte seine Regierung gar glücklich, und wie
ihm nach wenig Jahren berichtet wurde/ daß des
ermordeten Ons Sohn Taibuga, vermittels der
Flucht echapiret sey/ und bey denen Untertha-
nen sich unbekannt aufhielte/ nahm er ihn mit
Höfflichkeit auf/ und beschenckte ihn mit einem
Fürstenthum. Taibuga blieb einige Jahre bey
Hofe/ gewann des Zingidi Gnade durch seine
gute Aufführung/ solcher gestalt/ daß er ihm auch
eine Armee anzuführen vertrauete. Womit
dieser junge Herr sich die Irtis hinauf nach dem
Obi Fluß begab/ und nach erhaltenem Siege
mit grossem Raube bey Zingidi sich wieder
einfunde. Hierdurch setzte er sich bey dem Kö-

nige
A 3

ſen. Dis aber melden etliche Scribenten, daß
ein Siberiſcher Fuͤrſt/ Nahmens Mahmet, ihm
an dem Fluß Irtis habe eine Stadt erbaut/ die
er Sibir genannt, welches auf Tartariſch ſo viel
heiſſen ſoll, als die vornehmſte/ und ſey nachge-
hends das gantze Land unter dem Nahmen Sibe-
rien
betitult.

§. 5. Von den Regierungen dieſer Fuͤrſten/
hat man hin und wieder folgende Nachricht. An
dem Fluſſe Iſchim, der in die Irtis faͤllt/ regierte
ein Czaar oder Koͤnig/ Nahmens On, Mahometi-
ſcher Religion. Zingidi ein gemeiner Unter-
than/ war mit ſeiner Regierung nicht zu frieden/
ſondern brachte das gemeine Volck auf ſeine
Seite; Er jagte den Koͤnig On von Land und
Leuten/ und bemeiſterte in kurtzen ſich des Koͤnig-
reichs/ nachdem er On erwuͤrget hatte. Er
fuͤhrte ſeine Regierung gar gluͤcklich, und wie
ihm nach wenig Jahren berichtet wurde/ daß des
ermordeten Ons Sohn Taibuga, vermittels der
Flucht echapiret ſey/ und bey denen Untertha-
nen ſich unbekannt aufhielte/ nahm er ihn mit
Hoͤfflichkeit auf/ und beſchenckte ihn mit einem
Fuͤrſtenthum. Taibuga blieb einige Jahre bey
Hofe/ gewann des Zingidi Gnade durch ſeine
gute Auffuͤhrung/ ſolcher geſtalt/ daß er ihm auch
eine Armée anzufuͤhren vertrauete. Womit
dieſer junge Herr ſich die Irtis hinauf nach dem
Obi Fluß begab/ und nach erhaltenem Siege
mit groſſem Raube bey Zingidi ſich wieder
einfunde. Hierdurch ſetzte er ſich bey dem Koͤ-

nige
A 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0021" n="5"/>
&#x017F;en. Dis aber melden etliche <hi rendition="#aq">Scribenten,</hi> daß<lb/>
ein <hi rendition="#aq">Siberi</hi>&#x017F;cher Fu&#x0364;r&#x017F;t/ Nahmens <hi rendition="#aq">Mahmet,</hi> ihm<lb/>
an dem Fluß <hi rendition="#aq">Irtis</hi> habe eine Stadt erbaut/ die<lb/>
er <hi rendition="#aq">Sibir</hi> genannt, welches auf <hi rendition="#aq">Tartari</hi>&#x017F;ch &#x017F;o viel<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;en &#x017F;oll, als die vornehm&#x017F;te/ und &#x017F;ey nachge-<lb/>
hends das gantze Land unter dem Nahmen <hi rendition="#aq">Sibe-<lb/>
rien</hi> betitult.</p><lb/>
        <p>§. 5. Von den Regierungen die&#x017F;er Fu&#x0364;r&#x017F;ten/<lb/>
hat man hin und wieder folgende Nachricht. An<lb/>
dem Flu&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">I&#x017F;chim,</hi> der in die <hi rendition="#aq">Irtis</hi> fa&#x0364;llt/ regierte<lb/>
ein <hi rendition="#aq">Czaar</hi> oder Ko&#x0364;nig/ Nahmens <hi rendition="#aq">On, Mahometi-</hi><lb/>
&#x017F;cher <hi rendition="#aq">Religion. Zingidi</hi> ein gemeiner Unter-<lb/>
than/ war mit &#x017F;einer Regierung nicht zu frieden/<lb/>
&#x017F;ondern brachte das gemeine Volck auf &#x017F;eine<lb/>
Seite; Er jagte den Ko&#x0364;nig <hi rendition="#aq">On</hi> von Land und<lb/>
Leuten/ und bemei&#x017F;terte in kurtzen &#x017F;ich des Ko&#x0364;nig-<lb/>
reichs/ nachdem er <hi rendition="#aq">On</hi> erwu&#x0364;rget hatte. Er<lb/>
fu&#x0364;hrte &#x017F;eine Regierung gar glu&#x0364;cklich, und wie<lb/>
ihm nach wenig Jahren berichtet wurde/ daß des<lb/>
ermordeten <hi rendition="#aq">Ons</hi> Sohn <hi rendition="#aq">Taibuga,</hi> vermittels der<lb/>
Flucht <hi rendition="#aq">echapi</hi>ret &#x017F;ey/ und bey denen Untertha-<lb/>
nen &#x017F;ich unbekannt aufhielte/ nahm er ihn mit<lb/>
Ho&#x0364;fflichkeit auf/ und be&#x017F;chenckte ihn mit einem<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tenthum. <hi rendition="#aq">Taibuga</hi> blieb einige Jahre bey<lb/>
Hofe/ gewann des <hi rendition="#aq">Zingidi</hi> Gnade durch &#x017F;eine<lb/>
gute Auffu&#x0364;hrung/ &#x017F;olcher ge&#x017F;talt/ daß er ihm auch<lb/>
eine <hi rendition="#aq">Armée</hi> anzufu&#x0364;hren vertrauete. Womit<lb/>
die&#x017F;er junge Herr &#x017F;ich die <hi rendition="#aq">Irtis</hi> hinauf nach dem<lb/><hi rendition="#aq">Obi</hi> Fluß begab/ und nach erhaltenem Siege<lb/>
mit gro&#x017F;&#x017F;em Raube bey <hi rendition="#aq">Zingidi</hi> &#x017F;ich wieder<lb/>
einfunde. Hierdurch &#x017F;etzte er &#x017F;ich bey dem Ko&#x0364;-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 3</fw><fw place="bottom" type="catch">nige</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0021] ſen. Dis aber melden etliche Scribenten, daß ein Siberiſcher Fuͤrſt/ Nahmens Mahmet, ihm an dem Fluß Irtis habe eine Stadt erbaut/ die er Sibir genannt, welches auf Tartariſch ſo viel heiſſen ſoll, als die vornehmſte/ und ſey nachge- hends das gantze Land unter dem Nahmen Sibe- rien betitult. §. 5. Von den Regierungen dieſer Fuͤrſten/ hat man hin und wieder folgende Nachricht. An dem Fluſſe Iſchim, der in die Irtis faͤllt/ regierte ein Czaar oder Koͤnig/ Nahmens On, Mahometi- ſcher Religion. Zingidi ein gemeiner Unter- than/ war mit ſeiner Regierung nicht zu frieden/ ſondern brachte das gemeine Volck auf ſeine Seite; Er jagte den Koͤnig On von Land und Leuten/ und bemeiſterte in kurtzen ſich des Koͤnig- reichs/ nachdem er On erwuͤrget hatte. Er fuͤhrte ſeine Regierung gar gluͤcklich, und wie ihm nach wenig Jahren berichtet wurde/ daß des ermordeten Ons Sohn Taibuga, vermittels der Flucht echapiret ſey/ und bey denen Untertha- nen ſich unbekannt aufhielte/ nahm er ihn mit Hoͤfflichkeit auf/ und beſchenckte ihn mit einem Fuͤrſtenthum. Taibuga blieb einige Jahre bey Hofe/ gewann des Zingidi Gnade durch ſeine gute Auffuͤhrung/ ſolcher geſtalt/ daß er ihm auch eine Armée anzufuͤhren vertrauete. Womit dieſer junge Herr ſich die Irtis hinauf nach dem Obi Fluß begab/ und nach erhaltenem Siege mit groſſem Raube bey Zingidi ſich wieder einfunde. Hierdurch ſetzte er ſich bey dem Koͤ- nige A 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die vorliegende Ausgabe ist die erste eigenständi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/21
Zitationshilfe: Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/21>, abgerufen am 01.05.2024.