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Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.

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Erzehlungen ist dennoch ungewiß/ was man
davon eigentlich glauben solle/ weil diese Nation
sich keine Mühe giebt/ der Wahrheit recht nach-
zuforschen/ wie sie leicht thun könte/ auch auf
keine Curiosite groß achtet/ wo sie keinen son-
derbahren grossen Nutzen dabey findet/ woran
sie hart gebunden seyn. Daß es aber keine E-
lephanten-Zähne seyn können, erhellet daraus/
weil in diesem Lande dergleichen Thiere gantz
unbekannt sind/ auch wegen des kalten Climatis,
darin nicht seyn können/ diese Zähne oder Hör-
ner aber an den kaltesten Oertern in Siberien, als
bey Jakutski, Beresova, Obder, Mangajea,
am meisten gesunden werden[.] Noch lächerli-
cher ist es zu glauben/ daß sie Zeit der Sünd-
fluth daselbst in der Erden gelegen haben; Daß es
auch das bekandte Ebur fossile, oder ein in der
Erden von der Natur operirtes Gewächs seyn
solte, hätte wol mehr wahrscheinliches an sich.
Denn so bezeiget ja auch die tägliche Erfahrung/
daß die Erde ein gleiches in ihrem Schooße bil-
de/ was sie ober sich tragen und ernähren müs-
se/ und findet man in Engeland und Sicilien,
daß die Einwohner aus Mangel des Waldes/
das Holtz aus der Erden graben/ weiches von
Jahr zu Jahr/ in der Erde zuwächst/ auch fin-
det man Kohlen in der Erde/ imgleichen Saltz
in und auf derselben. Und warum könte die
sinnreiche Natur nicht eben ein Helffenbein o-
der Knochen an diesen Oertern so wol als an-
dern hervor bringen. Alleine die wunderlichen

Merck-

Erzehlungen iſt dennoch ungewiß/ was man
davon eigentlich glauben ſolle/ weil dieſe Nation
ſich keine Muͤhe giebt/ der Wahrheit recht nach-
zuforſchen/ wie ſie leicht thun koͤnte/ auch auf
keine Curioſite groß achtet/ wo ſie keinen ſon-
derbahren groſſen Nutzen dabey findet/ woran
ſie hart gebunden ſeyn. Daß es aber keine E-
lephanten-Zaͤhne ſeyn koͤnnen, erhellet daraus/
weil in dieſem Lande dergleichen Thiere gantz
unbekannt ſind/ auch wegen des kalten Climatis,
darin nicht ſeyn koͤnnen/ dieſe Zaͤhne oder Hoͤr-
ner aber an den kalteſten Oertern in Siberien, als
bey Jakutski, Bereſova, Obder, Mangajea,
am meiſten geſunden werden[.] Noch laͤcherli-
cher iſt es zu glauben/ daß ſie Zeit der Suͤnd-
fluth daſelbſt in der Erden gelegen haben; Daß es
auch das bekandte Ebur fosſile, oder ein in der
Erden von der Natur operirtes Gewaͤchs ſeyn
ſolte, haͤtte wol mehr wahrſcheinliches an ſich.
Denn ſo bezeiget ja auch die taͤgliche Erfahrung/
daß die Erde ein gleiches in ihrem Schooße bil-
de/ was ſie ober ſich tragen und ernaͤhren muͤſ-
ſe/ und findet man in Engeland und Sicilien,
daß die Einwohner aus Mangel des Waldes/
das Holtz aus der Erden graben/ weiches von
Jahr zu Jahr/ in der Erde zuwaͤchſt/ auch fin-
det man Kohlen in der Erde/ imgleichen Saltz
in und auf derſelben. Und warum koͤnte die
ſinnreiche Natur nicht eben ein Helffenbein o-
der Knochen an dieſen Oertern ſo wol als an-
dern hervor bringen. Alleine die wunderlichen

Merck-
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[10/0026] Erzehlungen iſt dennoch ungewiß/ was man davon eigentlich glauben ſolle/ weil dieſe Nation ſich keine Muͤhe giebt/ der Wahrheit recht nach- zuforſchen/ wie ſie leicht thun koͤnte/ auch auf keine Curioſite groß achtet/ wo ſie keinen ſon- derbahren groſſen Nutzen dabey findet/ woran ſie hart gebunden ſeyn. Daß es aber keine E- lephanten-Zaͤhne ſeyn koͤnnen, erhellet daraus/ weil in dieſem Lande dergleichen Thiere gantz unbekannt ſind/ auch wegen des kalten Climatis, darin nicht ſeyn koͤnnen/ dieſe Zaͤhne oder Hoͤr- ner aber an den kalteſten Oertern in Siberien, als bey Jakutski, Bereſova, Obder, Mangajea, am meiſten geſunden werden. Noch laͤcherli- cher iſt es zu glauben/ daß ſie Zeit der Suͤnd- fluth daſelbſt in der Erden gelegen haben; Daß es auch das bekandte Ebur fosſile, oder ein in der Erden von der Natur operirtes Gewaͤchs ſeyn ſolte, haͤtte wol mehr wahrſcheinliches an ſich. Denn ſo bezeiget ja auch die taͤgliche Erfahrung/ daß die Erde ein gleiches in ihrem Schooße bil- de/ was ſie ober ſich tragen und ernaͤhren muͤſ- ſe/ und findet man in Engeland und Sicilien, daß die Einwohner aus Mangel des Waldes/ das Holtz aus der Erden graben/ weiches von Jahr zu Jahr/ in der Erde zuwaͤchſt/ auch fin- det man Kohlen in der Erde/ imgleichen Saltz in und auf derſelben. Und warum koͤnte die ſinnreiche Natur nicht eben ein Helffenbein o- der Knochen an dieſen Oertern ſo wol als an- dern hervor bringen. Alleine die wunderlichen Merck-

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Zitationshilfe: Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/26>, abgerufen am 21.11.2024.