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Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.

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dem Eyse ein Sturm übereilet/ welcher die Gu-
ba
auf bricht und fliessend macht. Die Russen for-
dern auch des Winters vor ihre hohe Landes-O-
brigkeit die Contribution gemeiniglich ein/ und
wäre es ihnen sehr profitabel, wenn sie mit
Schlitten, oder im Sommer mit Fahrzeugen/
Korn und Mehl dahin bringen könten.

§. 18. Aus der Guba nimmt der Obi seinen
Einfluß in die Meeres-Enge/ oder das so ge-
nannte Fretum Weigats oder Nassovium. Diß
Fretum aber hat die Natur auf beyden Sei-
ten mit hohen Felsen, die continuirlich mit
Schnee und Eyß bedecket, eingefasset/ welcher
Felß nach der gemeinen Relation, über 100.
Meil Weges lang seyn soll/ und gleichsam vor
dem Pol zur Balance des Centri der Erden liege.

§. 19. Jenseit dem Freto siehet man das
neue Land/ oder wie es auf Rußisch heist, Nova
Zembla.
Es ist die von denen Holländern be-
titulirte Insul Weigats, und lieget gerade gegen
über/ wo der Obi ins Mare glaciale fällt. Die
Ostiacken und Samogiten wagen sich etliche
mahl über die hohen Felsen nach dem Lande/ und
schlagen daselbst Elende und Rennthiere. Sie
müssen aber sehr behutsam des Winters sich in
acht nehmen/ zumahlen wo sie mercken/ daß der
Wind von Nova Zembla, und also aus Norden
wehen wolle, welches/ wenn sie es aus gewissen
Merckmahlen abnehmen, so ist es nicht rath-
sam sich länger auf dem flachen Felde zu verwei-
len/ sondern müssen Grufft und Höhlen suchen/

wor-

dem Eyſe ein Sturm uͤbereilet/ welcher die Gu-
ba
auf bricht und flieſſend macht. Die Ruſſen for-
dern auch des Winters vor ihre hohe Landes-O-
brigkeit die Contribution gemeiniglich ein/ und
waͤre es ihnen ſehr profitabel, wenn ſie mit
Schlitten, oder im Sommer mit Fahrzeugen/
Korn und Mehl dahin bringen koͤnten.

§. 18. Aus der Guba nimmt der Obi ſeinen
Einfluß in die Meeres-Enge/ oder das ſo ge-
nannte Fretum Weigats oder Naſſovium. Diß
Fretum aber hat die Natur auf beyden Sei-
ten mit hohen Felſen, die continuirlich mit
Schnee und Eyß bedecket, eingefaſſet/ welcher
Felß nach der gemeinen Relation, uͤber 100.
Meil Weges lang ſeyn ſoll/ und gleichſam vor
dem Pol zur Balance des Centri der Erden liege.

§. 19. Jenſeit dem Freto ſiehet man das
neue Land/ oder wie es auf Rußiſch heiſt, Nova
Zembla.
Es iſt die von denen Hollaͤndern be-
titulirte Inſul Weigats, und lieget gerade gegen
uͤber/ wo der Obi ins Mare glaciale faͤllt. Die
Oſtiacken und Samogiten wagen ſich etliche
mahl uͤber die hohen Felſen nach dem Lande/ und
ſchlagen daſelbſt Elende und Rennthiere. Sie
muͤſſen aber ſehr behutſam des Winters ſich in
acht nehmen/ zumahlen wo ſie mercken/ daß der
Wind von Nova Zembla, und alſo aus Norden
wehen wolle, welches/ wenn ſie es aus gewiſſen
Merckmahlen abnehmen, ſo iſt es nicht rath-
ſam ſich laͤnger auf dem flachen Felde zu verwei-
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wor-
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[16/0032] dem Eyſe ein Sturm uͤbereilet/ welcher die Gu- ba auf bricht und flieſſend macht. Die Ruſſen for- dern auch des Winters vor ihre hohe Landes-O- brigkeit die Contribution gemeiniglich ein/ und waͤre es ihnen ſehr profitabel, wenn ſie mit Schlitten, oder im Sommer mit Fahrzeugen/ Korn und Mehl dahin bringen koͤnten. §. 18. Aus der Guba nimmt der Obi ſeinen Einfluß in die Meeres-Enge/ oder das ſo ge- nannte Fretum Weigats oder Naſſovium. Diß Fretum aber hat die Natur auf beyden Sei- ten mit hohen Felſen, die continuirlich mit Schnee und Eyß bedecket, eingefaſſet/ welcher Felß nach der gemeinen Relation, uͤber 100. Meil Weges lang ſeyn ſoll/ und gleichſam vor dem Pol zur Balance des Centri der Erden liege. §. 19. Jenſeit dem Freto ſiehet man das neue Land/ oder wie es auf Rußiſch heiſt, Nova Zembla. Es iſt die von denen Hollaͤndern be- titulirte Inſul Weigats, und lieget gerade gegen uͤber/ wo der Obi ins Mare glaciale faͤllt. Die Oſtiacken und Samogiten wagen ſich etliche mahl uͤber die hohen Felſen nach dem Lande/ und ſchlagen daſelbſt Elende und Rennthiere. Sie muͤſſen aber ſehr behutſam des Winters ſich in acht nehmen/ zumahlen wo ſie mercken/ daß der Wind von Nova Zembla, und alſo aus Norden wehen wolle, welches/ wenn ſie es aus gewiſſen Merckmahlen abnehmen, ſo iſt es nicht rath- ſam ſich laͤnger auf dem flachen Felde zu verwei- len/ ſondern muͤſſen Grufft und Hoͤhlen ſuchen/ wor-

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Zitationshilfe: Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/32>, abgerufen am 21.11.2024.