Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.Gesange ihm den ersten Schlag vor den Kopff §. 15. Wann der Mann seinen Weibern zie-
Geſange ihm den erſten Schlag vor den Kopff §. 15. Wann der Mann ſeinen Weibern zie-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0070" n="54"/> Geſange ihm den erſten Schlag vor den Kopff<lb/> gegeben/ der dritte wirfft ihm einen Spieß in den<lb/> Bauch/ und wann ſie es ſolcher geſtalt getoͤdtet/<lb/> nehmen ſie das Pferd beym Schwantz/ und zie-<lb/> hen es 3. mahl um den Goͤtzen/ das Bluth zapf-<lb/> fen ſie vom Hertzen ab in ein darzu geweyhetes<lb/> Gefaͤſſe/ beſprengen damit ihre Huͤtten, ſauf-<lb/> fen auch ſelbſt davon, und mit dem <hi rendition="#aq">Reſt</hi> be-<lb/> ſchmieren ſie das Maul des Goͤtzen. Die Haut<lb/> des geſchlachteten Viehes hangen ſie zum Zier-<lb/> raht auf Baͤume, mit dem Kopff/ Schwantz<lb/> und Fuͤſſen/ das Fleiſch kochen ſie, und verzehren<lb/> es mit der groͤſten Freude/ ſingen dabey aller-<lb/> hand leichtfertige Lieder/ und beſchmieren letzlich<lb/> wieder das Maul des Goͤtzen mit dem Fette des<lb/> Geſchlachteten. Was ſie nicht verzehren koͤn-<lb/> nen/ nehmen ſie mit nach Hauſe/ verehren es<lb/> an ihre Nachbarn/ oder geben es ihren Wei-<lb/> bern zu freſſen/ die nicht mit bey der Opfferung<lb/> geweſen/ der Haußgoͤtze bekommt auch zuwei-<lb/> len ein fettes Maul davon. Nachdem die<lb/> Mahlzeit vollbracht, ſchlagen ſie mit Stecken<lb/> in die Lufft/ und ſchreyen wieder aus vollem Hal-<lb/> ſe/ womit ſie den getractirten Geiſt des Goͤtzen<lb/> wieder nach der Lufft <hi rendition="#aq">convoyr</hi>en/ und ihm<lb/> gleichſam dancken/ daß er mit ihrem <hi rendition="#aq">tractament</hi><lb/> verlieb nehmen wollen.</p><lb/> <p>§. 15. Wann der Mann ſeinen Weibern<lb/> abgeſtorben/ und ſie ſonderlich beweiſen wol-<lb/> len/ wie ſchmertzlich der Tod ihres Geliebten<lb/> ihnen geweſen/ machen ſie ihnen einen Abgott/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">zie-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [54/0070]
Geſange ihm den erſten Schlag vor den Kopff
gegeben/ der dritte wirfft ihm einen Spieß in den
Bauch/ und wann ſie es ſolcher geſtalt getoͤdtet/
nehmen ſie das Pferd beym Schwantz/ und zie-
hen es 3. mahl um den Goͤtzen/ das Bluth zapf-
fen ſie vom Hertzen ab in ein darzu geweyhetes
Gefaͤſſe/ beſprengen damit ihre Huͤtten, ſauf-
fen auch ſelbſt davon, und mit dem Reſt be-
ſchmieren ſie das Maul des Goͤtzen. Die Haut
des geſchlachteten Viehes hangen ſie zum Zier-
raht auf Baͤume, mit dem Kopff/ Schwantz
und Fuͤſſen/ das Fleiſch kochen ſie, und verzehren
es mit der groͤſten Freude/ ſingen dabey aller-
hand leichtfertige Lieder/ und beſchmieren letzlich
wieder das Maul des Goͤtzen mit dem Fette des
Geſchlachteten. Was ſie nicht verzehren koͤn-
nen/ nehmen ſie mit nach Hauſe/ verehren es
an ihre Nachbarn/ oder geben es ihren Wei-
bern zu freſſen/ die nicht mit bey der Opfferung
geweſen/ der Haußgoͤtze bekommt auch zuwei-
len ein fettes Maul davon. Nachdem die
Mahlzeit vollbracht, ſchlagen ſie mit Stecken
in die Lufft/ und ſchreyen wieder aus vollem Hal-
ſe/ womit ſie den getractirten Geiſt des Goͤtzen
wieder nach der Lufft convoyren/ und ihm
gleichſam dancken/ daß er mit ihrem tractament
verlieb nehmen wollen.
§. 15. Wann der Mann ſeinen Weibern
abgeſtorben/ und ſie ſonderlich beweiſen wol-
len/ wie ſchmertzlich der Tod ihres Geliebten
ihnen geweſen/ machen ſie ihnen einen Abgott/
zie-
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