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Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726.

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lich vermahnt, anbey stellen sie ihm die Exempel
des gestrafften Meineyds vor/ hernach wird
ihm ein Messer gegeben, womit er dem Götzen
die Nase beschneidet/ imgleichen ein Beil/ mit
welchem er in denselben hauet, mit diesen Ex-
pressionen:
Woferne ich unrecht in dieser
Streit-Sache schwere, und nicht die reine
Wahrheit bekenne/ so will ich auf gleiche Wei-
se, daß mir meine Nase abgeschnitten werde,
oder verfaule/ daß dis Beil/ womit ich den
Hieb verrichte/ mich gleicher Gestalt zerstüm-
le/ daß der Bär im Walde mich zerreisse/ und
das Unglück an allen Orthen mich verfolge.

§. 19. Eben diese Ceremonien gebrauchen
sie auch, wann der Zeuge bewähren soll/ was
ihm in der Sache bekannt. Und ob gleich eini-
ge von der Boßheit gewesen/ daß sie entweder
falsch vor einem andern gezeuget, oder ihnen mit
Unrecht entweder an- oder etwas abgeschworen/
so ist ihnen die Straffe so fort darauf gefolget/
daß sie GOttes Gericht handgreiflich erkennen/
wie ernsthafft er den Meineyd straffe/ und der Lü-
gen feind sey. Unter andern Exempeln ist sehr
merckwürdig/ daß einer von diesem Volcke
leichtfertiger Weise öffters geschworen/ und ob-
gleich sein Meineyd durch die Länge der Zeit ent-
deckt geworden/ hat er sich doch wenig wegen
der Straffe, die er ihm selbst bey Verrichtung
des Eydes angewünschet/ bekümmert/ zumah-
len selbige ihn in seinem Leben nicht getroffen.
Nachdem er aber Anno 1713. gestorben/ und

von
D 5

lich vermahnt, anbey ſtellen ſie ihm die Exempel
des geſtrafften Meineyds vor/ hernach wird
ihm ein Meſſer gegeben, womit er dem Goͤtzen
die Naſe beſchneidet/ imgleichen ein Beil/ mit
welchem er in denſelben hauet, mit dieſen Ex-
presſionen:
Woferne ich unrecht in dieſer
Streit-Sache ſchwere, und nicht die reine
Wahrheit bekenne/ ſo will ich auf gleiche Wei-
ſe, daß mir meine Naſe abgeſchnitten werde,
oder verfaule/ daß dis Beil/ womit ich den
Hieb verrichte/ mich gleicher Geſtalt zerſtuͤm-
le/ daß der Baͤr im Walde mich zerreiſſe/ und
das Ungluͤck an allen Orthen mich verfolge.

§. 19. Eben dieſe Ceremonien gebrauchen
ſie auch, wann der Zeuge bewaͤhren ſoll/ was
ihm in der Sache bekannt. Und ob gleich eini-
ge von der Boßheit geweſen/ daß ſie entweder
falſch vor einem andern gezeuget, oder ihnen mit
Unrecht entweder an- oder etwas abgeſchworen/
ſo iſt ihnen die Straffe ſo fort darauf gefolget/
daß ſie GOttes Gericht handgreiflich erkennen/
wie ernſthafft er den Meineyd ſtraffe/ und der Luͤ-
gen feind ſey. Unter andern Exempeln iſt ſehr
merckwuͤrdig/ daß einer von dieſem Volcke
leichtfertiger Weiſe oͤffters geſchworen/ und ob-
gleich ſein Meineyd durch die Laͤnge der Zeit ent-
deckt geworden/ hat er ſich doch wenig wegen
der Straffe, die er ihm ſelbſt bey Verrichtung
des Eydes angewuͤnſchet/ bekuͤmmert/ zumah-
len ſelbige ihn in ſeinem Leben nicht getroffen.
Nachdem er aber Anno 1713. geſtorben/ und

von
D 5
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[57/0073] lich vermahnt, anbey ſtellen ſie ihm die Exempel des geſtrafften Meineyds vor/ hernach wird ihm ein Meſſer gegeben, womit er dem Goͤtzen die Naſe beſchneidet/ imgleichen ein Beil/ mit welchem er in denſelben hauet, mit dieſen Ex- presſionen: Woferne ich unrecht in dieſer Streit-Sache ſchwere, und nicht die reine Wahrheit bekenne/ ſo will ich auf gleiche Wei- ſe, daß mir meine Naſe abgeſchnitten werde, oder verfaule/ daß dis Beil/ womit ich den Hieb verrichte/ mich gleicher Geſtalt zerſtuͤm- le/ daß der Baͤr im Walde mich zerreiſſe/ und das Ungluͤck an allen Orthen mich verfolge. §. 19. Eben dieſe Ceremonien gebrauchen ſie auch, wann der Zeuge bewaͤhren ſoll/ was ihm in der Sache bekannt. Und ob gleich eini- ge von der Boßheit geweſen/ daß ſie entweder falſch vor einem andern gezeuget, oder ihnen mit Unrecht entweder an- oder etwas abgeſchworen/ ſo iſt ihnen die Straffe ſo fort darauf gefolget/ daß ſie GOttes Gericht handgreiflich erkennen/ wie ernſthafft er den Meineyd ſtraffe/ und der Luͤ- gen feind ſey. Unter andern Exempeln iſt ſehr merckwuͤrdig/ daß einer von dieſem Volcke leichtfertiger Weiſe oͤffters geſchworen/ und ob- gleich ſein Meineyd durch die Laͤnge der Zeit ent- deckt geworden/ hat er ſich doch wenig wegen der Straffe, die er ihm ſelbſt bey Verrichtung des Eydes angewuͤnſchet/ bekuͤmmert/ zumah- len ſelbige ihn in ſeinem Leben nicht getroffen. Nachdem er aber Anno 1713. geſtorben/ und von D 5

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Zitationshilfe: Müller, Johann Bernhard: Leben und Gewohnheiten Der Ostiacken. Berlin, 1726, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_ostiacken_1726/73>, abgerufen am 23.11.2024.