Generation; den meint sie, wenn sie in allen ihren unendlichen Leiden, mit dumpfer, unbe- stimmter, und doch ahndungsvoller Sehnsucht, den Frieden herbeiruft. -- Diesen Verband, das Eine was noth ist, soll ich zeigen, deutlich, in weltlichen Argumenten, damit der Verstand durch den Verstand überzeugt und überwunden werde; ich soll zeigen, daß alle künstlichen For- men und Institute des Staates, sobald jener Verband, jener lebendige Zusammenhang, jene Bewegung sie durchdringe, vortrefflich bestehen können, so wie sie sind; daß sie indeß, ohne diese Bewegung, welche sie einst durch eine allgegen- wärtige Religion erhielten, nichts sind, als starre Uhrwerke, bestimmt den Gang der Zeit und die Vergänglichkeit aller irdischen Dinge einförmig anzuzeigen; nicht Tummelplätze eines freien und üppigen Lebens, nicht Wohnsitze der Gerechtig- keit oder des Reichthums. Wie kann ich also eine abgesonderte Form der Justiz dulden, die an dem National-Leben nicht Theil nimmt, die, unbekümmert um die Schicksale des Staates, um dessentwillen sie da ist, durch allen Wechsel und Wandel, auf sich selbst gerichtet, fortschrei- tet, die sich spitzt, und schärft, und schleift und bildet auf ihre eigne Hand!
Nein! kein Privatverhältniß des Lebens, also
Generation; den meint ſie, wenn ſie in allen ihren unendlichen Leiden, mit dumpfer, unbe- ſtimmter, und doch ahndungsvoller Sehnſucht, den Frieden herbeiruft. — Dieſen Verband, das Eine was noth iſt, ſoll ich zeigen, deutlich, in weltlichen Argumenten, damit der Verſtand durch den Verſtand uͤberzeugt und uͤberwunden werde; ich ſoll zeigen, daß alle kuͤnſtlichen For- men und Inſtitute des Staates, ſobald jener Verband, jener lebendige Zuſammenhang, jene Bewegung ſie durchdringe, vortrefflich beſtehen koͤnnen, ſo wie ſie ſind; daß ſie indeß, ohne dieſe Bewegung, welche ſie einſt durch eine allgegen- waͤrtige Religion erhielten, nichts ſind, als ſtarre Uhrwerke, beſtimmt den Gang der Zeit und die Vergaͤnglichkeit aller irdiſchen Dinge einfoͤrmig anzuzeigen; nicht Tummelplaͤtze eines freien und uͤppigen Lebens, nicht Wohnſitze der Gerechtig- keit oder des Reichthums. Wie kann ich alſo eine abgeſonderte Form der Juſtiz dulden, die an dem National-Leben nicht Theil nimmt, die, unbekuͤmmert um die Schickſale des Staates, um deſſentwillen ſie da iſt, durch allen Wechſel und Wandel, auf ſich ſelbſt gerichtet, fortſchrei- tet, die ſich ſpitzt, und ſchaͤrft, und ſchleift und bildet auf ihre eigne Hand!
Nein! kein Privatverhaͤltniß des Lebens, alſo
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Generation; den meint ſie, wenn ſie in allen
ihren unendlichen Leiden, mit dumpfer, unbe-
ſtimmter, und doch ahndungsvoller Sehnſucht,
den Frieden herbeiruft. — Dieſen Verband,
das Eine was noth iſt, ſoll ich zeigen, deutlich,
in weltlichen Argumenten, damit der Verſtand
durch den Verſtand uͤberzeugt und uͤberwunden
werde; ich ſoll zeigen, daß alle kuͤnſtlichen For-
men und Inſtitute des Staates, ſobald jener
Verband, jener lebendige Zuſammenhang, jene
Bewegung ſie durchdringe, vortrefflich beſtehen
koͤnnen, ſo wie ſie ſind; daß ſie indeß, ohne dieſe
Bewegung, welche ſie einſt durch eine allgegen-
waͤrtige Religion erhielten, nichts ſind, als ſtarre
Uhrwerke, beſtimmt den Gang der Zeit und die
Vergaͤnglichkeit aller irdiſchen Dinge einfoͤrmig
anzuzeigen; nicht Tummelplaͤtze eines freien und
uͤppigen Lebens, nicht Wohnſitze der Gerechtig-
keit oder des Reichthums. Wie kann ich alſo
eine abgeſonderte Form der Juſtiz dulden, die
an dem National-Leben nicht Theil nimmt, die,
unbekuͤmmert um die Schickſale des Staates, um
deſſentwillen ſie da iſt, durch allen Wechſel
und Wandel, auf ſich ſelbſt gerichtet, fortſchrei-
tet, die ſich ſpitzt, und ſchaͤrft, und ſchleift und
bildet auf ihre eigne Hand!
Nein! kein Privatverhaͤltniß des Lebens, alſo
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/233>, abgerufen am 22.11.2024.
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