Vom strengen Privat-Eigenthum, und vom (weiblichen) Lehns-Eigenthum.
Da ich in unsrer letzten Unterhaltung gezeigt habe, daß die lebendige Freiheit unzertrennlich ist von dem lebendigen Gesetz, und daß das Ge- setz keine andre Quelle hat, als den Streit der Freiheit mit der Gegenfreiheit; daß nur unter verschiedenartigen Naturen, und in so fern sich dieselben in ihrer Verschiedenartigkeit behaup- ten, ein nie nachlassendes Streben nach Verei- nigung, Vermittelung oder Vergleich, also ein lebendiges, wachsendes Gesetz Statt finden kann, und daß also das wahre Gesetz zugleich Con- tract seyn muß --: so haben wir jetzt zu zei- gen, daß diese Gegenseitigkeit der Verhältnisse des Lebens, so fern man sich nur über den äuße- ren Schein hinwegsetzen will, an allen Stellen des Privat-, des Staats- und des Völker- Rechtes wieder gefunden wird. --
Achte Vorleſung.
Vom ſtrengen Privat-Eigenthum, und vom (weiblichen) Lehns-Eigenthum.
Da ich in unſrer letzten Unterhaltung gezeigt habe, daß die lebendige Freiheit unzertrennlich iſt von dem lebendigen Geſetz, und daß das Ge- ſetz keine andre Quelle hat, als den Streit der Freiheit mit der Gegenfreiheit; daß nur unter verſchiedenartigen Naturen, und in ſo fern ſich dieſelben in ihrer Verſchiedenartigkeit behaup- ten, ein nie nachlaſſendes Streben nach Verei- nigung, Vermittelung oder Vergleich, alſo ein lebendiges, wachſendes Geſetz Statt finden kann, und daß alſo das wahre Geſetz zugleich Con- tract ſeyn muß —: ſo haben wir jetzt zu zei- gen, daß dieſe Gegenſeitigkeit der Verhaͤltniſſe des Lebens, ſo fern man ſich nur uͤber den aͤuße- ren Schein hinwegſetzen will, an allen Stellen des Privat-, des Staats- und des Voͤlker- Rechtes wieder gefunden wird. —
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Achte Vorleſung.
Vom ſtrengen Privat-Eigenthum, und vom (weiblichen)
Lehns-Eigenthum.
Da ich in unſrer letzten Unterhaltung gezeigt
habe, daß die lebendige Freiheit unzertrennlich
iſt von dem lebendigen Geſetz, und daß das Ge-
ſetz keine andre Quelle hat, als den Streit der
Freiheit mit der Gegenfreiheit; daß nur unter
verſchiedenartigen Naturen, und in ſo fern ſich
dieſelben in ihrer Verſchiedenartigkeit behaup-
ten, ein nie nachlaſſendes Streben nach Verei-
nigung, Vermittelung oder Vergleich, alſo ein
lebendiges, wachſendes Geſetz Statt finden kann,
und daß alſo das wahre Geſetz zugleich Con-
tract ſeyn muß —: ſo haben wir jetzt zu zei-
gen, daß dieſe Gegenſeitigkeit der Verhaͤltniſſe
des Lebens, ſo fern man ſich nur uͤber den aͤuße-
ren Schein hinwegſetzen will, an allen Stellen
des Privat-, des Staats- und des Voͤlker-
Rechtes wieder gefunden wird. —
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/250>, abgerufen am 22.11.2024.
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