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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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eine Gerechtigkeit, sowohl gegen die auf die
Fülle ihrer Kraft und auf die Gewalt des Augen-
blickes pochende Gegenwart, als gegen die abwe-
sende Generation. Der wahre Ruf der Freiheit
muß die Todten erwecken, und die künftigen Ge-
schlechter müssen sich, wenn er erschallt, in ihren
dunkelsten Keimen regen. -- Dies war ein Ton,
den die würdigen Alten kannten: sie empfanden
tief, daß mit dieser Freiheit alles von der Erde
entweiche, Gerechtigkeit, Gesetz, Kraft, Reich-
thum und Lebensmuth. Die Idee der Freiheit,
das ist der kriegerische Geist, der den Staat
bis in seinen letzten Nerven durchdringt, das ist
das Eisen, welches in jedem seiner Blutstropfen
fließen soll: dadurch, daß jeder Einzelne durch
und durch seine Eigenheit vertheidigt und bewaff-
net, lernt er die wahren lebendigen wachsenden
Schranken kennen, die seiner Wirksamkeit ange-
wiesen sind, und jenseits dieser Schranken, den
eben so freien streitlustigen gewaffneten Nachbar
achten, lieben und ihm vertrauen. Der Staat
ist Tempel der Gerechtigkeit, und eine Burg zu-
gleich: templum in modum arcis.


eine Gerechtigkeit, ſowohl gegen die auf die
Fuͤlle ihrer Kraft und auf die Gewalt des Augen-
blickes pochende Gegenwart, als gegen die abwe-
ſende Generation. Der wahre Ruf der Freiheit
muß die Todten erwecken, und die kuͤnftigen Ge-
ſchlechter muͤſſen ſich, wenn er erſchallt, in ihren
dunkelſten Keimen regen. — Dies war ein Ton,
den die wuͤrdigen Alten kannten: ſie empfanden
tief, daß mit dieſer Freiheit alles von der Erde
entweiche, Gerechtigkeit, Geſetz, Kraft, Reich-
thum und Lebensmuth. Die Idee der Freiheit,
das iſt der kriegeriſche Geiſt, der den Staat
bis in ſeinen letzten Nerven durchdringt, das iſt
das Eiſen, welches in jedem ſeiner Blutstropfen
fließen ſoll: dadurch, daß jeder Einzelne durch
und durch ſeine Eigenheit vertheidigt und bewaff-
net, lernt er die wahren lebendigen wachſenden
Schranken kennen, die ſeiner Wirkſamkeit ange-
wieſen ſind, und jenſeits dieſer Schranken, den
eben ſo freien ſtreitluſtigen gewaffneten Nachbar
achten, lieben und ihm vertrauen. Der Staat
iſt Tempel der Gerechtigkeit, und eine Burg zu-
gleich: templum in modum arcis.


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[215/0249] eine Gerechtigkeit, ſowohl gegen die auf die Fuͤlle ihrer Kraft und auf die Gewalt des Augen- blickes pochende Gegenwart, als gegen die abwe- ſende Generation. Der wahre Ruf der Freiheit muß die Todten erwecken, und die kuͤnftigen Ge- ſchlechter muͤſſen ſich, wenn er erſchallt, in ihren dunkelſten Keimen regen. — Dies war ein Ton, den die wuͤrdigen Alten kannten: ſie empfanden tief, daß mit dieſer Freiheit alles von der Erde entweiche, Gerechtigkeit, Geſetz, Kraft, Reich- thum und Lebensmuth. Die Idee der Freiheit, das iſt der kriegeriſche Geiſt, der den Staat bis in ſeinen letzten Nerven durchdringt, das iſt das Eiſen, welches in jedem ſeiner Blutstropfen fließen ſoll: dadurch, daß jeder Einzelne durch und durch ſeine Eigenheit vertheidigt und bewaff- net, lernt er die wahren lebendigen wachſenden Schranken kennen, die ſeiner Wirkſamkeit ange- wieſen ſind, und jenſeits dieſer Schranken, den eben ſo freien ſtreitluſtigen gewaffneten Nachbar achten, lieben und ihm vertrauen. Der Staat iſt Tempel der Gerechtigkeit, und eine Burg zu- gleich: templum in modum arcis.

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/249>, abgerufen am 22.11.2024.