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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Zehnte Vorlesung.

Vom Völkerrechte, oder von der Christenheit.


Nachdem sich die Rechts-Idee, auf die von mir
beschriebene Weise, in einem bestimmten Locale
allseitig, eigenthümlich und national ausgebildet
hat, zeigen sich bald gewisse Grenzen im Raume,
die nicht überschritten werden können. Die Na-
tur hat durch die Gestalt der Erdoberfläche, und
in dem Verhältnisse der Kräfte des einzelnen
Menschen zu diesem Flächenraume, jedem Staate
eine Art von Maximum seiner Größe angewiesen.
Das unaufhörliche Reagiren der Peripherie des
Staates auf seinen Mittelpunkt, und des Mit-
telpunktes auf die Peripherie, wird unmöglich,
wenn einzelne Theile des Staates durch unge-
heure Meere oder Wüsten von einander abgeson-
dert sind, oder wenn, noch unbezwinglicher als
Meer und Wüste, fremdartige Sprachen und
Sitten sich dieser Reaction in den Weg stellen.


Zehnte Vorleſung.

Vom Voͤlkerrechte, oder von der Chriſtenheit.


Nachdem ſich die Rechts-Idee, auf die von mir
beſchriebene Weiſe, in einem beſtimmten Locale
allſeitig, eigenthuͤmlich und national ausgebildet
hat, zeigen ſich bald gewiſſe Grenzen im Raume,
die nicht uͤberſchritten werden koͤnnen. Die Na-
tur hat durch die Geſtalt der Erdoberflaͤche, und
in dem Verhaͤltniſſe der Kraͤfte des einzelnen
Menſchen zu dieſem Flaͤchenraume, jedem Staate
eine Art von Maximum ſeiner Groͤße angewieſen.
Das unaufhoͤrliche Reagiren der Peripherie des
Staates auf ſeinen Mittelpunkt, und des Mit-
telpunktes auf die Peripherie, wird unmoͤglich,
wenn einzelne Theile des Staates durch unge-
heure Meere oder Wuͤſten von einander abgeſon-
dert ſind, oder wenn, noch unbezwinglicher als
Meer und Wuͤſte, fremdartige Sprachen und
Sitten ſich dieſer Reaction in den Weg ſtellen.

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[271/0305] Zehnte Vorleſung. Vom Voͤlkerrechte, oder von der Chriſtenheit. Nachdem ſich die Rechts-Idee, auf die von mir beſchriebene Weiſe, in einem beſtimmten Locale allſeitig, eigenthuͤmlich und national ausgebildet hat, zeigen ſich bald gewiſſe Grenzen im Raume, die nicht uͤberſchritten werden koͤnnen. Die Na- tur hat durch die Geſtalt der Erdoberflaͤche, und in dem Verhaͤltniſſe der Kraͤfte des einzelnen Menſchen zu dieſem Flaͤchenraume, jedem Staate eine Art von Maximum ſeiner Groͤße angewieſen. Das unaufhoͤrliche Reagiren der Peripherie des Staates auf ſeinen Mittelpunkt, und des Mit- telpunktes auf die Peripherie, wird unmoͤglich, wenn einzelne Theile des Staates durch unge- heure Meere oder Wuͤſten von einander abgeſon- dert ſind, oder wenn, noch unbezwinglicher als Meer und Wuͤſte, fremdartige Sprachen und Sitten ſich dieſer Reaction in den Weg ſtellen.

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/305>, abgerufen am 23.11.2024.