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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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und verschwimmt, wird meine weitere Darstel-
lung zeigen. Nicht jede Schranke wird verwor-
fen, sondern nur die absolute; es giebt eine Be-
wegung innerhalb der Schranken. Die Natur-
wissenschaft nennt diese Bewegung: Wachs-
thum
; und von ihr ist die Rede.

II) Es giebt einen Naturzustand ohne
Staat, eine Zeit vor allem Staate
. Die
Errichtung der Staaten ist ein Werk reiner Will-
kühr, bloßer Convenienz oder Klugheit. -- Diesen
andern großen Irrthum, der die unselige Lehre,
daß der Mensch im Staate, wie in einem Hause,
durch eine beständig offne Thür aus- und ein-
gehen könne, wie es ihm gefalle, drückt niemand
naiver aus, als in seiner bekannten derben,
kurzen und populären Manier der Ritter von
Schlözer
. "Der Staat," sagt er in seinem
allgemeinen Staatsrecht, "ist eine Erfindung:
Menschen machten sie zu ihrem Wohl, wie sie
Brand-Cassen u. s. f. erfanden. Die instructivste
Art, Staatslehre abzuhandeln, ist, wenn man
den Staat als eine künstliche, überaus zusam-
mengesetzte Maschine, die zu einem bestimm-
ten Zwecke gehen soll, behandelt." -- Wenn
nun gleich dieser Schriftsteller seine etwas ver-
wegne Behauptung dadurch wieder gut macht,
daß er sagt, diese Erfindung sey uralt, fast all-

und verſchwimmt, wird meine weitere Darſtel-
lung zeigen. Nicht jede Schranke wird verwor-
fen, ſondern nur die abſolute; es giebt eine Be-
wegung innerhalb der Schranken. Die Natur-
wiſſenſchaft nennt dieſe Bewegung: Wachs-
thum
; und von ihr iſt die Rede.

II) Es giebt einen Naturzuſtand ohne
Staat, eine Zeit vor allem Staate
. Die
Errichtung der Staaten iſt ein Werk reiner Will-
kuͤhr, bloßer Convenienz oder Klugheit. — Dieſen
andern großen Irrthum, der die unſelige Lehre,
daß der Menſch im Staate, wie in einem Hauſe,
durch eine beſtaͤndig offne Thuͤr aus- und ein-
gehen koͤnne, wie es ihm gefalle, druͤckt niemand
naiver aus, als in ſeiner bekannten derben,
kurzen und populaͤren Manier der Ritter von
Schloͤzer
. „Der Staat,” ſagt er in ſeinem
allgemeinen Staatsrecht, „iſt eine Erfindung:
Menſchen machten ſie zu ihrem Wohl, wie ſie
Brand-Caſſen u. ſ. f. erfanden. Die inſtructivſte
Art, Staatslehre abzuhandeln, iſt, wenn man
den Staat als eine kuͤnſtliche, uͤberaus zuſam-
mengeſetzte Maſchine, die zu einem beſtimm-
ten Zwecke gehen ſoll, behandelt.” — Wenn
nun gleich dieſer Schriftſteller ſeine etwas ver-
wegne Behauptung dadurch wieder gut macht,
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[52/0086] und verſchwimmt, wird meine weitere Darſtel- lung zeigen. Nicht jede Schranke wird verwor- fen, ſondern nur die abſolute; es giebt eine Be- wegung innerhalb der Schranken. Die Natur- wiſſenſchaft nennt dieſe Bewegung: Wachs- thum; und von ihr iſt die Rede. II) Es giebt einen Naturzuſtand ohne Staat, eine Zeit vor allem Staate. Die Errichtung der Staaten iſt ein Werk reiner Will- kuͤhr, bloßer Convenienz oder Klugheit. — Dieſen andern großen Irrthum, der die unſelige Lehre, daß der Menſch im Staate, wie in einem Hauſe, durch eine beſtaͤndig offne Thuͤr aus- und ein- gehen koͤnne, wie es ihm gefalle, druͤckt niemand naiver aus, als in ſeiner bekannten derben, kurzen und populaͤren Manier der Ritter von Schloͤzer. „Der Staat,” ſagt er in ſeinem allgemeinen Staatsrecht, „iſt eine Erfindung: Menſchen machten ſie zu ihrem Wohl, wie ſie Brand-Caſſen u. ſ. f. erfanden. Die inſtructivſte Art, Staatslehre abzuhandeln, iſt, wenn man den Staat als eine kuͤnſtliche, uͤberaus zuſam- mengeſetzte Maſchine, die zu einem beſtimm- ten Zwecke gehen ſoll, behandelt.” — Wenn nun gleich dieſer Schriftſteller ſeine etwas ver- wegne Behauptung dadurch wieder gut macht, daß er ſagt, dieſe Erfindung ſey uralt, faſt all-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/86>, abgerufen am 22.11.2024.