Beamten, welche von diesem überall selbst mit- arbeitenden Monarchen so durchaus, und oft im Kleinsten wie im Größten, abhingen, Vieles übergehen. Ein gewisser mechanischer Gang der Geschäftsführung mußte ihnen oft eine freie echt- patriotische Verwaltung ihres Berufes erschwe- ren. Auch das überwiegende Walten des Ancien- nitäts-Gesetzes konnte keine andre Folge haben, als daß die Beamten schon von den austrock- nenden Geschäften aufgezehrt waren, ehe sie zu den Stellen hinan kamen, worin es ihnen ver- gönnt wurde, dem Willen des Monarchen eine Art von freier Auslegung zu geben. Die Na- tion war, nach Theilen, und Dieses und Jenes respectirend, durch Friedrichs Nahmen, durch seine Thaten, seine Schriften, seine Lakonismen, und vor allem durch die sechs und vierzig-jährige Ge- wohnheit, an sein Zepter gefesselt; konnte aber, eben um dieser Verschiedenheit und ganzer Gear- tung der Motive willen, kein fest und lebendig verbundenes Ganze derselben darstellen. So mild und wohlwollend sich des Königs Herz, nach seiner innersten unverkennbaren Beschaffen- heit, der Nation gegenüber, oft bewegt finden mußte, und oft wirklich so zeigte: so waren doch, nach dem Charakter und der Ansicht seiner Zeit, die größte Summe beherrschter Quadrat-
Beamten, welche von dieſem uͤberall ſelbſt mit- arbeitenden Monarchen ſo durchaus, und oft im Kleinſten wie im Groͤßten, abhingen, Vieles uͤbergehen. Ein gewiſſer mechaniſcher Gang der Geſchaͤftsfuͤhrung mußte ihnen oft eine freie echt- patriotiſche Verwaltung ihres Berufes erſchwe- ren. Auch das uͤberwiegende Walten des Ancien- nitaͤts-Geſetzes konnte keine andre Folge haben, als daß die Beamten ſchon von den austrock- nenden Geſchaͤften aufgezehrt waren, ehe ſie zu den Stellen hinan kamen, worin es ihnen ver- goͤnnt wurde, dem Willen des Monarchen eine Art von freier Auslegung zu geben. Die Na- tion war, nach Theilen, und Dieſes und Jenes reſpectirend, durch Friedrichs Nahmen, durch ſeine Thaten, ſeine Schriften, ſeine Lakonismen, und vor allem durch die ſechs und vierzig-jaͤhrige Ge- wohnheit, an ſein Zepter gefeſſelt; konnte aber, eben um dieſer Verſchiedenheit und ganzer Gear- tung der Motive willen, kein feſt und lebendig verbundenes Ganze derſelben darſtellen. So mild und wohlwollend ſich des Koͤnigs Herz, nach ſeiner innerſten unverkennbaren Beſchaffen- heit, der Nation gegenuͤber, oft bewegt finden mußte, und oft wirklich ſo zeigte: ſo waren doch, nach dem Charakter und der Anſicht ſeiner Zeit, die groͤßte Summe beherrſchter Quadrat-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0176"n="168"/>
Beamten, welche von dieſem uͤberall ſelbſt mit-<lb/>
arbeitenden Monarchen ſo durchaus, und oft<lb/>
im Kleinſten wie im Groͤßten, abhingen, Vieles<lb/>
uͤbergehen. Ein gewiſſer mechaniſcher Gang der<lb/>
Geſchaͤftsfuͤhrung mußte ihnen oft eine freie echt-<lb/>
patriotiſche Verwaltung ihres Berufes erſchwe-<lb/>
ren. Auch das uͤberwiegende Walten des Ancien-<lb/>
nitaͤts-Geſetzes konnte keine andre Folge haben,<lb/>
als daß die Beamten ſchon von den austrock-<lb/>
nenden Geſchaͤften aufgezehrt waren, ehe ſie zu<lb/>
den Stellen hinan kamen, worin es ihnen ver-<lb/>
goͤnnt wurde, dem Willen des Monarchen eine<lb/>
Art von freier Auslegung zu geben. Die Na-<lb/>
tion war, nach Theilen, und Dieſes und Jenes<lb/>
reſpectirend, durch Friedrichs Nahmen, durch ſeine<lb/>
Thaten, ſeine Schriften, ſeine Lakonismen, und<lb/>
vor allem durch die ſechs und vierzig-jaͤhrige Ge-<lb/>
wohnheit, an ſein Zepter gefeſſelt; konnte aber,<lb/>
eben um dieſer Verſchiedenheit und ganzer Gear-<lb/>
tung der Motive willen, kein feſt und lebendig<lb/>
verbundenes Ganze derſelben darſtellen. So<lb/>
mild und wohlwollend ſich des Koͤnigs Herz,<lb/>
nach ſeiner innerſten unverkennbaren Beſchaffen-<lb/>
heit, der Nation gegenuͤber, oft bewegt finden<lb/>
mußte, und oft wirklich ſo zeigte: ſo waren<lb/>
doch, nach dem Charakter und der Anſicht ſeiner<lb/>
Zeit, die groͤßte Summe beherrſchter Quadrat-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[168/0176]
Beamten, welche von dieſem uͤberall ſelbſt mit-
arbeitenden Monarchen ſo durchaus, und oft
im Kleinſten wie im Groͤßten, abhingen, Vieles
uͤbergehen. Ein gewiſſer mechaniſcher Gang der
Geſchaͤftsfuͤhrung mußte ihnen oft eine freie echt-
patriotiſche Verwaltung ihres Berufes erſchwe-
ren. Auch das uͤberwiegende Walten des Ancien-
nitaͤts-Geſetzes konnte keine andre Folge haben,
als daß die Beamten ſchon von den austrock-
nenden Geſchaͤften aufgezehrt waren, ehe ſie zu
den Stellen hinan kamen, worin es ihnen ver-
goͤnnt wurde, dem Willen des Monarchen eine
Art von freier Auslegung zu geben. Die Na-
tion war, nach Theilen, und Dieſes und Jenes
reſpectirend, durch Friedrichs Nahmen, durch ſeine
Thaten, ſeine Schriften, ſeine Lakonismen, und
vor allem durch die ſechs und vierzig-jaͤhrige Ge-
wohnheit, an ſein Zepter gefeſſelt; konnte aber,
eben um dieſer Verſchiedenheit und ganzer Gear-
tung der Motive willen, kein feſt und lebendig
verbundenes Ganze derſelben darſtellen. So
mild und wohlwollend ſich des Koͤnigs Herz,
nach ſeiner innerſten unverkennbaren Beſchaffen-
heit, der Nation gegenuͤber, oft bewegt finden
mußte, und oft wirklich ſo zeigte: ſo waren
doch, nach dem Charakter und der Anſicht ſeiner
Zeit, die groͤßte Summe beherrſchter Quadrat-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/176>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.