großen Helden stehen, der diese Worte an die Spitze seiner Gesetzgebung stellte, wir, deren Leben in tausend kleine Begriffe oder Götzen- dienste zersplittert ist, ringen nach Nahmen, um die Hoheit dieser Idee zu bezeichnen. Die Ein- heit, der lebendige National-Zusammenhang, ist euer höchstes Gut: um dessentwillen müssen alle andren Güter da seyn und darauf sich beziehen; und dieser große Vaterlandsgedanke verträgt sich mit allen andern Gütern, und erhebt sie alle: aber es ist ein eifersüchtiger Gedanke, der keinen Nebengötzendienst irgend eines einzelnen, noch so kostbaren, irdischen Gutes duldet. -- So etwa lautet das göttliche Gesetz in die Sprache über- setzt, welche gesittete Leute heut zu Tage unter sich dulden.
Deshalb ist ein andrer Grundpfeiler der Mo- saischen Gesetzgebung der Glaube: Jehova ist der Eigenthümer des Landes unsrer Väter; wir Israeliten sind nichts als die Verwalter, die Meier unsrer Aecker, die zeitigen Nießbraucher seines Lieblingswohnsitzes, des reichen, schönen Landes, in welches er uns geführt hat. Nie- mand, heißt es im Mosaischen Gesetz, kann sei- nen Acker auf ewige Zeiten verkaufen, weil er nicht Eigenthümer ist. So, mit dem Gedanken Gottes, oder der Freiheit, oder des Lebens, wie
großen Helden ſtehen, der dieſe Worte an die Spitze ſeiner Geſetzgebung ſtellte, wir, deren Leben in tauſend kleine Begriffe oder Goͤtzen- dienſte zerſplittert iſt, ringen nach Nahmen, um die Hoheit dieſer Idee zu bezeichnen. Die Ein- heit, der lebendige National-Zuſammenhang, iſt euer hoͤchſtes Gut: um deſſentwillen muͤſſen alle andren Guͤter da ſeyn und darauf ſich beziehen; und dieſer große Vaterlandsgedanke vertraͤgt ſich mit allen andern Guͤtern, und erhebt ſie alle: aber es iſt ein eiferſuͤchtiger Gedanke, der keinen Nebengoͤtzendienſt irgend eines einzelnen, noch ſo koſtbaren, irdiſchen Gutes duldet. — So etwa lautet das goͤttliche Geſetz in die Sprache uͤber- ſetzt, welche geſittete Leute heut zu Tage unter ſich dulden.
Deshalb iſt ein andrer Grundpfeiler der Mo- ſaiſchen Geſetzgebung der Glaube: Jehova iſt der Eigenthuͤmer des Landes unſrer Vaͤter; wir Iſraeliten ſind nichts als die Verwalter, die Meier unſrer Aecker, die zeitigen Nießbraucher ſeines Lieblingswohnſitzes, des reichen, ſchoͤnen Landes, in welches er uns gefuͤhrt hat. Nie- mand, heißt es im Moſaiſchen Geſetz, kann ſei- nen Acker auf ewige Zeiten verkaufen, weil er nicht Eigenthuͤmer iſt. So, mit dem Gedanken Gottes, oder der Freiheit, oder des Lebens, wie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0023"n="15"/>
großen Helden ſtehen, der dieſe Worte an die<lb/>
Spitze ſeiner Geſetzgebung ſtellte, wir, deren<lb/>
Leben in tauſend kleine Begriffe oder Goͤtzen-<lb/>
dienſte zerſplittert iſt, ringen nach Nahmen, um<lb/>
die Hoheit dieſer Idee zu bezeichnen. Die Ein-<lb/>
heit, der lebendige National-Zuſammenhang, iſt<lb/>
euer hoͤchſtes Gut: um deſſentwillen muͤſſen alle<lb/>
andren Guͤter da ſeyn und darauf ſich beziehen;<lb/>
und dieſer große Vaterlandsgedanke vertraͤgt ſich<lb/>
mit allen andern Guͤtern, und erhebt ſie alle:<lb/>
aber es iſt ein eiferſuͤchtiger Gedanke, der keinen<lb/>
Nebengoͤtzendienſt irgend eines einzelnen, noch ſo<lb/>
koſtbaren, irdiſchen Gutes duldet. — So etwa<lb/>
lautet das goͤttliche Geſetz in die Sprache uͤber-<lb/>ſetzt, welche geſittete Leute heut zu Tage unter<lb/>ſich dulden.</p><lb/><p>Deshalb iſt ein andrer Grundpfeiler der Mo-<lb/>ſaiſchen Geſetzgebung der Glaube: Jehova iſt<lb/>
der Eigenthuͤmer des Landes unſrer Vaͤter; wir<lb/>
Iſraeliten ſind nichts als die Verwalter, die<lb/>
Meier unſrer Aecker, die zeitigen Nießbraucher<lb/>ſeines Lieblingswohnſitzes, des reichen, ſchoͤnen<lb/>
Landes, in welches er uns gefuͤhrt hat. Nie-<lb/>
mand, heißt es im Moſaiſchen Geſetz, kann ſei-<lb/>
nen Acker auf ewige Zeiten verkaufen, weil er<lb/>
nicht Eigenthuͤmer iſt. So, mit dem Gedanken<lb/>
Gottes, oder der Freiheit, oder des Lebens, wie<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[15/0023]
großen Helden ſtehen, der dieſe Worte an die
Spitze ſeiner Geſetzgebung ſtellte, wir, deren
Leben in tauſend kleine Begriffe oder Goͤtzen-
dienſte zerſplittert iſt, ringen nach Nahmen, um
die Hoheit dieſer Idee zu bezeichnen. Die Ein-
heit, der lebendige National-Zuſammenhang, iſt
euer hoͤchſtes Gut: um deſſentwillen muͤſſen alle
andren Guͤter da ſeyn und darauf ſich beziehen;
und dieſer große Vaterlandsgedanke vertraͤgt ſich
mit allen andern Guͤtern, und erhebt ſie alle:
aber es iſt ein eiferſuͤchtiger Gedanke, der keinen
Nebengoͤtzendienſt irgend eines einzelnen, noch ſo
koſtbaren, irdiſchen Gutes duldet. — So etwa
lautet das goͤttliche Geſetz in die Sprache uͤber-
ſetzt, welche geſittete Leute heut zu Tage unter
ſich dulden.
Deshalb iſt ein andrer Grundpfeiler der Mo-
ſaiſchen Geſetzgebung der Glaube: Jehova iſt
der Eigenthuͤmer des Landes unſrer Vaͤter; wir
Iſraeliten ſind nichts als die Verwalter, die
Meier unſrer Aecker, die zeitigen Nießbraucher
ſeines Lieblingswohnſitzes, des reichen, ſchoͤnen
Landes, in welches er uns gefuͤhrt hat. Nie-
mand, heißt es im Moſaiſchen Geſetz, kann ſei-
nen Acker auf ewige Zeiten verkaufen, weil er
nicht Eigenthuͤmer iſt. So, mit dem Gedanken
Gottes, oder der Freiheit, oder des Lebens, wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/23>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.