alle wahrhaft großen und nationalen Maßregeln unmöglich: auf allen Wegen treten ihm nichts- würdige Römische Begriffe entgegen; er muß den Staat untergehen lassen, oder das Römische Eigenthum verletzen, worauf nicht bloß die Stra- fe des Verlustes seiner Popularität steht, wel- che von einem nichtswürdigen und sittenlosen Pöbel noch leicht zu ertragen seyn würde, son- dern auch die härtere Strafe, den letzten Rest von Römischem Privat-Credit, der ihn doch auf den nächsten Monath wenigstens sicher stellt, zu verlieren. -- So, unter schrecklicher Bedräng- niß für die Unglücklichen, denen das traurige Ge- schäft zu Theil geworden ist, einen Haufen Pri- vatleute in dem Sturme der Weltbegebenhei- ten bei einander zu erhalten -- denn das heißt jetzt meisten Theils regieren --, erreicht der Staat die erste, unterste Stufe seiner Regeneration; er versinkt in die ganz gewöhnliche Schuldenma- cherei des gemeinen Lebens, in die Noth Pro- cente herbei zu schaffen, Termine zu halten und Einen Tag, wie es gehen will, durch den andern, Ein Pflaster mit dem andern, zu decken, durch alle Listen der Welt -- je indirecter, je heimli- cher, desto besser -- die Privatmänner zahlen zu lassen, vorausgesetzt, daß nur die Römischen Rechte und das vermeintliche strenge Privat-
alle wahrhaft großen und nationalen Maßregeln unmoͤglich: auf allen Wegen treten ihm nichts- wuͤrdige Roͤmiſche Begriffe entgegen; er muß den Staat untergehen laſſen, oder das Roͤmiſche Eigenthum verletzen, worauf nicht bloß die Stra- fe des Verluſtes ſeiner Popularitaͤt ſteht, wel- che von einem nichtswuͤrdigen und ſittenloſen Poͤbel noch leicht zu ertragen ſeyn wuͤrde, ſon- dern auch die haͤrtere Strafe, den letzten Reſt von Roͤmiſchem Privat-Credit, der ihn doch auf den naͤchſten Monath wenigſtens ſicher ſtellt, zu verlieren. — So, unter ſchrecklicher Bedraͤng- niß fuͤr die Ungluͤcklichen, denen das traurige Ge- ſchaͤft zu Theil geworden iſt, einen Haufen Pri- vatleute in dem Sturme der Weltbegebenhei- ten bei einander zu erhalten — denn das heißt jetzt meiſten Theils regieren —, erreicht der Staat die erſte, unterſte Stufe ſeiner Regeneration; er verſinkt in die ganz gewoͤhnliche Schuldenma- cherei des gemeinen Lebens, in die Noth Pro- cente herbei zu ſchaffen, Termine zu halten und Einen Tag, wie es gehen will, durch den andern, Ein Pflaſter mit dem andern, zu decken, durch alle Liſten der Welt — je indirecter, je heimli- cher, deſto beſſer — die Privatmaͤnner zahlen zu laſſen, vorausgeſetzt, daß nur die Roͤmiſchen Rechte und das vermeintliche ſtrenge Privat-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0367"n="359"/>
alle wahrhaft großen und nationalen Maßregeln<lb/>
unmoͤglich: auf allen Wegen treten ihm nichts-<lb/>
wuͤrdige Roͤmiſche Begriffe entgegen; er muß<lb/>
den Staat untergehen laſſen, oder das Roͤmiſche<lb/>
Eigenthum verletzen, worauf nicht bloß die Stra-<lb/>
fe des Verluſtes ſeiner Popularitaͤt ſteht, wel-<lb/>
che von einem nichtswuͤrdigen und ſittenloſen<lb/>
Poͤbel noch leicht zu ertragen ſeyn wuͤrde, ſon-<lb/>
dern auch die haͤrtere Strafe, den letzten Reſt<lb/>
von Roͤmiſchem Privat-Credit, der ihn doch auf<lb/>
den naͤchſten Monath wenigſtens ſicher ſtellt, zu<lb/>
verlieren. — So, unter ſchrecklicher Bedraͤng-<lb/>
niß fuͤr die Ungluͤcklichen, denen das traurige Ge-<lb/>ſchaͤft zu Theil geworden iſt, einen Haufen Pri-<lb/>
vatleute in dem Sturme der Weltbegebenhei-<lb/>
ten bei einander zu erhalten — denn das heißt<lb/>
jetzt meiſten Theils regieren —, erreicht der Staat<lb/>
die <hirendition="#g">erſte</hi>, unterſte Stufe ſeiner Regeneration; er<lb/>
verſinkt in die ganz gewoͤhnliche Schuldenma-<lb/>
cherei des gemeinen Lebens, in die Noth Pro-<lb/>
cente herbei zu ſchaffen, Termine zu halten und<lb/>
Einen Tag, wie es gehen will, durch den andern,<lb/>
Ein Pflaſter mit dem andern, zu decken, durch<lb/>
alle Liſten der Welt — je indirecter, je heimli-<lb/>
cher, deſto beſſer — die Privatmaͤnner zahlen<lb/>
zu laſſen, vorausgeſetzt, daß nur die Roͤmiſchen<lb/>
Rechte und das vermeintliche ſtrenge Privat-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[359/0367]
alle wahrhaft großen und nationalen Maßregeln
unmoͤglich: auf allen Wegen treten ihm nichts-
wuͤrdige Roͤmiſche Begriffe entgegen; er muß
den Staat untergehen laſſen, oder das Roͤmiſche
Eigenthum verletzen, worauf nicht bloß die Stra-
fe des Verluſtes ſeiner Popularitaͤt ſteht, wel-
che von einem nichtswuͤrdigen und ſittenloſen
Poͤbel noch leicht zu ertragen ſeyn wuͤrde, ſon-
dern auch die haͤrtere Strafe, den letzten Reſt
von Roͤmiſchem Privat-Credit, der ihn doch auf
den naͤchſten Monath wenigſtens ſicher ſtellt, zu
verlieren. — So, unter ſchrecklicher Bedraͤng-
niß fuͤr die Ungluͤcklichen, denen das traurige Ge-
ſchaͤft zu Theil geworden iſt, einen Haufen Pri-
vatleute in dem Sturme der Weltbegebenhei-
ten bei einander zu erhalten — denn das heißt
jetzt meiſten Theils regieren —, erreicht der Staat
die erſte, unterſte Stufe ſeiner Regeneration; er
verſinkt in die ganz gewoͤhnliche Schuldenma-
cherei des gemeinen Lebens, in die Noth Pro-
cente herbei zu ſchaffen, Termine zu halten und
Einen Tag, wie es gehen will, durch den andern,
Ein Pflaſter mit dem andern, zu decken, durch
alle Liſten der Welt — je indirecter, je heimli-
cher, deſto beſſer — die Privatmaͤnner zahlen
zu laſſen, vorausgeſetzt, daß nur die Roͤmiſchen
Rechte und das vermeintliche ſtrenge Privat-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/367>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.