gesteigert und besänftigt haben würden, verzeh- ren und vergiften einander nun gegenseitig.
So haben Römer und Griechen sich allmählich gegenseitig überwunden und aufgerieben; Jenen waren die Künste und die Philosophie so ver- derblich, wie Diesen die Waffen, bis endlich Beide in gemeinschaftlicher Schwelgerei und Noth zu- sammenstarben und eine Beute des freien und jugendlichen Nordens wurden.
Griechenland indeß, auch in der Entartung noch vollständiger und reicher als Rom, hat die- ses, in der Gestalt des Ost-Römischen Reiches, obwohl kränkelnd, doch noch um ein volles Jahr- tausend überlebt. -- Ohne die Griechische Cul- tur gab es kein weltbezwingendes Rom: in dem Maße, wie die alte Marathonische und Ther- mopylische Heldengröße von den Griechen wich, und wie der Selbstbeschauung, einer vielfach reflectirenden Philosophie, einer Abgötterei mit der Kunst und der neulich erwähnten nationalen Grazie allein Platz gegeben wurde, stiegen die Römer. Alle Gesetzgeber, die das spätere, weiche, philosophische Griechenland hervorgebracht hat, und alle wahren Weisen, richten ihren Blick auf Erziehung, die jenem graziösen Geschlechte den Heldengeist zurückbringen sollen; eben so sehen die Propheten der Juden, welche ich Jenen ver-
gleichen
geſteigert und beſaͤnftigt haben wuͤrden, verzeh- ren und vergiften einander nun gegenſeitig.
So haben Roͤmer und Griechen ſich allmaͤhlich gegenſeitig uͤberwunden und aufgerieben; Jenen waren die Kuͤnſte und die Philoſophie ſo ver- derblich, wie Dieſen die Waffen, bis endlich Beide in gemeinſchaftlicher Schwelgerei und Noth zu- ſammenſtarben und eine Beute des freien und jugendlichen Nordens wurden.
Griechenland indeß, auch in der Entartung noch vollſtaͤndiger und reicher als Rom, hat die- ſes, in der Geſtalt des Oſt-Roͤmiſchen Reiches, obwohl kraͤnkelnd, doch noch um ein volles Jahr- tauſend uͤberlebt. — Ohne die Griechiſche Cul- tur gab es kein weltbezwingendes Rom: in dem Maße, wie die alte Marathoniſche und Ther- mopyliſche Heldengroͤße von den Griechen wich, und wie der Selbſtbeſchauung, einer vielfach reflectirenden Philoſophie, einer Abgoͤtterei mit der Kunſt und der neulich erwaͤhnten nationalen Grazie allein Platz gegeben wurde, ſtiegen die Roͤmer. Alle Geſetzgeber, die das ſpaͤtere, weiche, philoſophiſche Griechenland hervorgebracht hat, und alle wahren Weiſen, richten ihren Blick auf Erziehung, die jenem grazioͤſen Geſchlechte den Heldengeiſt zuruͤckbringen ſollen; eben ſo ſehen die Propheten der Juden, welche ich Jenen ver-
gleichen
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geſteigert und beſaͤnftigt haben wuͤrden, verzeh-
ren und vergiften einander nun gegenſeitig.
So haben Roͤmer und Griechen ſich allmaͤhlich
gegenſeitig uͤberwunden und aufgerieben; Jenen
waren die Kuͤnſte und die Philoſophie ſo ver-
derblich, wie Dieſen die Waffen, bis endlich Beide
in gemeinſchaftlicher Schwelgerei und Noth zu-
ſammenſtarben und eine Beute des freien und
jugendlichen Nordens wurden.
Griechenland indeß, auch in der Entartung
noch vollſtaͤndiger und reicher als Rom, hat die-
ſes, in der Geſtalt des Oſt-Roͤmiſchen Reiches,
obwohl kraͤnkelnd, doch noch um ein volles Jahr-
tauſend uͤberlebt. — Ohne die Griechiſche Cul-
tur gab es kein weltbezwingendes Rom: in dem
Maße, wie die alte Marathoniſche und Ther-
mopyliſche Heldengroͤße von den Griechen wich,
und wie der Selbſtbeſchauung, einer vielfach
reflectirenden Philoſophie, einer Abgoͤtterei mit
der Kunſt und der neulich erwaͤhnten nationalen
Grazie allein Platz gegeben wurde, ſtiegen die
Roͤmer. Alle Geſetzgeber, die das ſpaͤtere, weiche,
philoſophiſche Griechenland hervorgebracht hat,
und alle wahren Weiſen, richten ihren Blick auf
Erziehung, die jenem grazioͤſen Geſchlechte den
Heldengeiſt zuruͤckbringen ſollen; eben ſo ſehen
die Propheten der Juden, welche ich Jenen ver-
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/56>, abgerufen am 23.11.2024.
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