Ich rede nicht von den späteren Jahrhunder- ten, wo die Herrschaft der ewigen Stadt durch die Willkühr gemüthloser Despoten abgelös't wur- de, die gern auch dem Erdkreise die starre Form ihrer Seele eingedrückt hätten.
Es ist der größte Irrthum des Eroberers, wenn er neben der militärischen Kunst noch eini- ges Schöpferhandwerk treiben will: -- zuvör- derst entzieht ihm die Natur, diese Bildnerin der Verfassungen, Gesetze und Sitten, welche er durch etwas Neues zu ersetzen unternimmt, ih- ren Beistand; sie erschwert ihm tausendfach seine Beute, und dann hilft er selbst die schlummernde Anhänglichkeit an die alte Verfassung und Sitte wieder aufwecken; er selbst fördert den alten National-Geist zurück, und so kehrt sich sein Schwert wider ihn selbst. Rom nahm den Völkern ihre alten National-Heiligthümer nicht, überließ es dem Gottesdienste dieser Völker, von selbst zu erkalten, zu ermüden, oder sich an einer ver- zweifelten Philosophie zu zerreiben; der Raub dieser Heiligthümer würde sie ja in den Augen der Nationen nur auf's neue verklärt haben! -- Rom konnte dieses allmähliche Erkalten und Er- matten der Völker abwarten; denn es war nicht an den Raum eines Menschenlebens gebunden. -- Zweierlei Weltherrschaft ist im alten Rom
Ich rede nicht von den ſpaͤteren Jahrhunder- ten, wo die Herrſchaft der ewigen Stadt durch die Willkuͤhr gemuͤthloſer Despoten abgeloͤſ’t wur- de, die gern auch dem Erdkreiſe die ſtarre Form ihrer Seele eingedruͤckt haͤtten.
Es iſt der groͤßte Irrthum des Eroberers, wenn er neben der militaͤriſchen Kunſt noch eini- ges Schoͤpferhandwerk treiben will: — zuvoͤr- derſt entzieht ihm die Natur, dieſe Bildnerin der Verfaſſungen, Geſetze und Sitten, welche er durch etwas Neues zu erſetzen unternimmt, ih- ren Beiſtand; ſie erſchwert ihm tauſendfach ſeine Beute, und dann hilft er ſelbſt die ſchlummernde Anhaͤnglichkeit an die alte Verfaſſung und Sitte wieder aufwecken; er ſelbſt foͤrdert den alten National-Geiſt zuruͤck, und ſo kehrt ſich ſein Schwert wider ihn ſelbſt. Rom nahm den Voͤlkern ihre alten National-Heiligthuͤmer nicht, uͤberließ es dem Gottesdienſte dieſer Voͤlker, von ſelbſt zu erkalten, zu ermuͤden, oder ſich an einer ver- zweifelten Philoſophie zu zerreiben; der Raub dieſer Heiligthuͤmer wuͤrde ſie ja in den Augen der Nationen nur auf’s neue verklaͤrt haben! — Rom konnte dieſes allmaͤhliche Erkalten und Er- matten der Voͤlker abwarten; denn es war nicht an den Raum eines Menſchenlebens gebunden. — Zweierlei Weltherrſchaft iſt im alten Rom
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Ich rede nicht von den ſpaͤteren Jahrhunder-
ten, wo die Herrſchaft der ewigen Stadt durch
die Willkuͤhr gemuͤthloſer Despoten abgeloͤſ’t wur-
de, die gern auch dem Erdkreiſe die ſtarre Form
ihrer Seele eingedruͤckt haͤtten.
Es iſt der groͤßte Irrthum des Eroberers,
wenn er neben der militaͤriſchen Kunſt noch eini-
ges Schoͤpferhandwerk treiben will: — zuvoͤr-
derſt entzieht ihm die Natur, dieſe Bildnerin der
Verfaſſungen, Geſetze und Sitten, welche er
durch etwas Neues zu erſetzen unternimmt, ih-
ren Beiſtand; ſie erſchwert ihm tauſendfach ſeine
Beute, und dann hilft er ſelbſt die ſchlummernde
Anhaͤnglichkeit an die alte Verfaſſung und Sitte
wieder aufwecken; er ſelbſt foͤrdert den alten
National-Geiſt zuruͤck, und ſo kehrt ſich ſein
Schwert wider ihn ſelbſt. Rom nahm den Voͤlkern
ihre alten National-Heiligthuͤmer nicht, uͤberließ
es dem Gottesdienſte dieſer Voͤlker, von ſelbſt
zu erkalten, zu ermuͤden, oder ſich an einer ver-
zweifelten Philoſophie zu zerreiben; der Raub
dieſer Heiligthuͤmer wuͤrde ſie ja in den Augen
der Nationen nur auf’s neue verklaͤrt haben! —
Rom konnte dieſes allmaͤhliche Erkalten und Er-
matten der Voͤlker abwarten; denn es war nicht
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— Zweierlei Weltherrſchaft iſt im alten Rom
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/58>, abgerufen am 27.11.2024.
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