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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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nung, die dem zu Folge nichts anders seyn kann,
als ein maschinenmäßig, in sich selbst umherlau-
fendes Uhrwerk, eine sich selbst mahlende Mühle
(wie Novalis sagt), muß, wenn sie lebendigen
Wesen aufgedrungen wird, nachdem auf eine
Zeitlang die äußere Natur des Menschen ihr
unterworfen gewesen, und Sinn und Geist der
Bürger von diesem sogenannten Staate ausge-
schlossen worden ist, zuletzt unfehlbar vor der
organischen Kraft des lebendigen Stoffes, den
sie zu regieren hat, weichen: sie selbst muß die
Revolutionen herbeiführen, die sie unfehlbar zer-
schmettern werden. --

Die bürgerliche Gesellschaft ist einmal, wie
wir in Betrachtung der Theorie von der Fami-
lie gesehen haben, doppelter Natur: sie ist Ver-
bindung neben einander stehender, gleichzeitiger,
und Verbindung nach einander kommender, in
der Zeit sich folgender Wesen. Die Natur, wel-
che, in so fern sie den Menschen will, auch die
bürgerliche Gesellschaft will, muß jeder von die-
sen beiden Arten der Verbindung einen besondern
Trieb, ein besondere[s] unumgängliches Gesetz zur
Gewährleistung untergelegt haben: es muß eine
doppelte Art der Atraction, sowohl eine unter
den neben einander Stehenden, als eine
andre unter den auf einander Folgenden,

nung, die dem zu Folge nichts anders ſeyn kann,
als ein maſchinenmaͤßig, in ſich ſelbſt umherlau-
fendes Uhrwerk, eine ſich ſelbſt mahlende Muͤhle
(wie Novalis ſagt), muß, wenn ſie lebendigen
Weſen aufgedrungen wird, nachdem auf eine
Zeitlang die aͤußere Natur des Menſchen ihr
unterworfen geweſen, und Sinn und Geiſt der
Buͤrger von dieſem ſogenannten Staate ausge-
ſchloſſen worden iſt, zuletzt unfehlbar vor der
organiſchen Kraft des lebendigen Stoffes, den
ſie zu regieren hat, weichen: ſie ſelbſt muß die
Revolutionen herbeifuͤhren, die ſie unfehlbar zer-
ſchmettern werden. —

Die buͤrgerliche Geſellſchaft iſt einmal, wie
wir in Betrachtung der Theorie von der Fami-
lie geſehen haben, doppelter Natur: ſie iſt Ver-
bindung neben einander ſtehender, gleichzeitiger,
und Verbindung nach einander kommender, in
der Zeit ſich folgender Weſen. Die Natur, wel-
che, in ſo fern ſie den Menſchen will, auch die
buͤrgerliche Geſellſchaft will, muß jeder von die-
ſen beiden Arten der Verbindung einen beſondern
Trieb, ein beſondere[s] unumgaͤngliches Geſetz zur
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[63/0071] nung, die dem zu Folge nichts anders ſeyn kann, als ein maſchinenmaͤßig, in ſich ſelbſt umherlau- fendes Uhrwerk, eine ſich ſelbſt mahlende Muͤhle (wie Novalis ſagt), muß, wenn ſie lebendigen Weſen aufgedrungen wird, nachdem auf eine Zeitlang die aͤußere Natur des Menſchen ihr unterworfen geweſen, und Sinn und Geiſt der Buͤrger von dieſem ſogenannten Staate ausge- ſchloſſen worden iſt, zuletzt unfehlbar vor der organiſchen Kraft des lebendigen Stoffes, den ſie zu regieren hat, weichen: ſie ſelbſt muß die Revolutionen herbeifuͤhren, die ſie unfehlbar zer- ſchmettern werden. — Die buͤrgerliche Geſellſchaft iſt einmal, wie wir in Betrachtung der Theorie von der Fami- lie geſehen haben, doppelter Natur: ſie iſt Ver- bindung neben einander ſtehender, gleichzeitiger, und Verbindung nach einander kommender, in der Zeit ſich folgender Weſen. Die Natur, wel- che, in ſo fern ſie den Menſchen will, auch die buͤrgerliche Geſellſchaft will, muß jeder von die- ſen beiden Arten der Verbindung einen beſondern Trieb, ein beſonderes unumgaͤngliches Geſetz zur Gewaͤhrleiſtung untergelegt haben: es muß eine doppelte Art der Atraction, ſowohl eine unter den neben einander Stehenden, als eine andre unter den auf einander Folgenden,

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/71>, abgerufen am 27.11.2024.