Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821.Gott, und soll ich untergehen, Sei es in dem tiefen Meer, Nur nicht in der Liebsten Herzen, Wo ich gern geborgen wär'. In dem stillen klaren Spiegel Male sich mein treues Bild, Wann um mich in Ungewittern Die empörte Woge schwillt. Liebe, sieh, wie Well' auf Welle Ringt nach dem ersehnten Strand: Aber manche wird verschlungen, Eh' sie küßt das grüne Land. Wenn du an dem Ufer wandelst, Hüpft die Fluth nach deinem Fuß: Wogen hab' ich nur und Winde, Dir zu schicken meinen Gruß. Wann die fernen Höhen dämmern, Jauchzet Alles nach dem Land: Nur zwei müde Augen bleiben Still dem Meere zugewandt. Wann die Segel wieder glänzen, Wann die Winde heimwärts wehn, Laßt mich auf dem Maste sitzen: Liebe kann durch Wolken sehn. Gott, und ſoll ich untergehen, Sei es in dem tiefen Meer, Nur nicht in der Liebſten Herzen, Wo ich gern geborgen waͤr'. In dem ſtillen klaren Spiegel Male ſich mein treues Bild, Wann um mich in Ungewittern Die empoͤrte Woge ſchwillt. Liebe, ſieh, wie Well' auf Welle Ringt nach dem erſehnten Strand: Aber manche wird verſchlungen, Eh' ſie kuͤßt das gruͤne Land. Wenn du an dem Ufer wandelſt, Huͤpft die Fluth nach deinem Fuß: Wogen hab' ich nur und Winde, Dir zu ſchicken meinen Gruß. Wann die fernen Hoͤhen daͤmmern, Jauchzet Alles nach dem Land: Nur zwei muͤde Augen bleiben Still dem Meere zugewandt. Wann die Segel wieder glaͤnzen, Wann die Winde heimwaͤrts wehn, Laßt mich auf dem Maſte ſitzen: Liebe kann durch Wolken ſehn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0112" n="100"/> <lg n="3"> <l>Gott, und ſoll ich untergehen,</l><lb/> <l>Sei es in dem tiefen Meer,</l><lb/> <l>Nur nicht in der Liebſten Herzen,</l><lb/> <l>Wo ich gern geborgen waͤr'.</l><lb/> <l>In dem ſtillen klaren Spiegel</l><lb/> <l>Male ſich mein treues Bild,</l><lb/> <l>Wann um mich in Ungewittern</l><lb/> <l>Die empoͤrte Woge ſchwillt.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Liebe, ſieh, wie Well' auf Welle</l><lb/> <l>Ringt nach dem erſehnten Strand:</l><lb/> <l>Aber manche wird verſchlungen,</l><lb/> <l>Eh' ſie kuͤßt das gruͤne Land.</l><lb/> <l>Wenn du an dem Ufer wandelſt,</l><lb/> <l>Huͤpft die Fluth nach deinem Fuß:</l><lb/> <l>Wogen hab' ich nur und Winde,</l><lb/> <l>Dir zu ſchicken meinen Gruß.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Wann die fernen Hoͤhen daͤmmern,</l><lb/> <l>Jauchzet Alles nach dem Land:</l><lb/> <l>Nur zwei muͤde Augen bleiben</l><lb/> <l>Still dem Meere zugewandt.</l><lb/> <l>Wann die Segel wieder glaͤnzen,</l><lb/> <l>Wann die Winde heimwaͤrts wehn,</l><lb/> <l>Laßt mich auf dem Maſte ſitzen:</l><lb/> <l>Liebe kann durch Wolken ſehn.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [100/0112]
Gott, und ſoll ich untergehen,
Sei es in dem tiefen Meer,
Nur nicht in der Liebſten Herzen,
Wo ich gern geborgen waͤr'.
In dem ſtillen klaren Spiegel
Male ſich mein treues Bild,
Wann um mich in Ungewittern
Die empoͤrte Woge ſchwillt.
Liebe, ſieh, wie Well' auf Welle
Ringt nach dem erſehnten Strand:
Aber manche wird verſchlungen,
Eh' ſie kuͤßt das gruͤne Land.
Wenn du an dem Ufer wandelſt,
Huͤpft die Fluth nach deinem Fuß:
Wogen hab' ich nur und Winde,
Dir zu ſchicken meinen Gruß.
Wann die fernen Hoͤhen daͤmmern,
Jauchzet Alles nach dem Land:
Nur zwei muͤde Augen bleiben
Still dem Meere zugewandt.
Wann die Segel wieder glaͤnzen,
Wann die Winde heimwaͤrts wehn,
Laßt mich auf dem Maſte ſitzen:
Liebe kann durch Wolken ſehn.
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