Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite
Und läuft hinaus zum Meister,
Die Schuld ihm zu gestehn,
Will seine Knie' umfassen
Und ihn um Gnade flehn.
Doch wie der nur vernommen
Des Knaben erstes Wort,
Da reißt die kluge Rechte
Der jähe Zorn ihm fort.
Er stößt sein scharfes Messer
Dem Buben in die Brust,
Dann stürzt er nach dem Kessel,
Sein selber kaum bewußt.
Vielleicht, daß er noch retten,
Den Strom noch hemmen kann: --
Doch sieh, der Guß ist fertig,
Es fehlt kein Tropfen dran.
Da eilt er abzuräumen,
Und sieht, und will's nicht sehn,
Ganz ohne Fleck und Makel
Die Glocke vor sich stehn.
Und laͤuft hinaus zum Meiſter,
Die Schuld ihm zu geſtehn,
Will ſeine Knie' umfaſſen
Und ihn um Gnade flehn.
Doch wie der nur vernommen
Des Knaben erſtes Wort,
Da reißt die kluge Rechte
Der jaͤhe Zorn ihm fort.
Er ſtoͤßt ſein ſcharfes Meſſer
Dem Buben in die Bruſt,
Dann ſtuͤrzt er nach dem Keſſel,
Sein ſelber kaum bewußt.
Vielleicht, daß er noch retten,
Den Strom noch hemmen kann: —
Doch ſieh, der Guß iſt fertig,
Es fehlt kein Tropfen dran.
Da eilt er abzuraͤumen,
Und ſieht, und will's nicht ſehn,
Ganz ohne Fleck und Makel
Die Glocke vor ſich ſtehn.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0154" n="142"/>
            <lg n="14">
              <l>Und la&#x0364;uft hinaus zum Mei&#x017F;ter,</l><lb/>
              <l>Die Schuld ihm zu ge&#x017F;tehn,</l><lb/>
              <l>Will &#x017F;eine Knie' umfa&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
              <l>Und ihn um Gnade flehn.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="15">
              <l>Doch wie der nur vernommen</l><lb/>
              <l>Des Knaben er&#x017F;tes Wort,</l><lb/>
              <l>Da reißt die kluge Rechte</l><lb/>
              <l>Der ja&#x0364;he Zorn ihm fort.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="16">
              <l>Er &#x017F;to&#x0364;ßt &#x017F;ein &#x017F;charfes Me&#x017F;&#x017F;er</l><lb/>
              <l>Dem Buben in die Bru&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Dann &#x017F;tu&#x0364;rzt er nach dem Ke&#x017F;&#x017F;el,</l><lb/>
              <l>Sein &#x017F;elber kaum bewußt.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="17">
              <l>Vielleicht, daß er noch retten,</l><lb/>
              <l>Den Strom noch hemmen kann: &#x2014;</l><lb/>
              <l>Doch &#x017F;ieh, der Guß i&#x017F;t fertig,</l><lb/>
              <l>Es fehlt kein Tropfen dran.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="18">
              <l>Da eilt er abzura&#x0364;umen,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ieht, und will's nicht &#x017F;ehn,</l><lb/>
              <l>Ganz ohne Fleck und Makel</l><lb/>
              <l>Die Glocke vor &#x017F;ich &#x017F;tehn.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0154] Und laͤuft hinaus zum Meiſter, Die Schuld ihm zu geſtehn, Will ſeine Knie' umfaſſen Und ihn um Gnade flehn. Doch wie der nur vernommen Des Knaben erſtes Wort, Da reißt die kluge Rechte Der jaͤhe Zorn ihm fort. Er ſtoͤßt ſein ſcharfes Meſſer Dem Buben in die Bruſt, Dann ſtuͤrzt er nach dem Keſſel, Sein ſelber kaum bewußt. Vielleicht, daß er noch retten, Den Strom noch hemmen kann: — Doch ſieh, der Guß iſt fertig, Es fehlt kein Tropfen dran. Da eilt er abzuraͤumen, Und ſieht, und will's nicht ſehn, Ganz ohne Fleck und Makel Die Glocke vor ſich ſtehn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821/154
Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821/154>, abgerufen am 27.11.2024.