Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Knabe liegt am Boden,
Er schaut sein Werk nicht mehr.
Ach, Meister, wilder Meister,
Du stießest gar zu sehr!
Er stellt sich dem Gerichte,
Und klagt sich selber an:
Es thät den Richtern wehe
Wohl um den wackern Mann.
Doch kann ihn Keiner retten,
Und Blut will wieder Blut:
Er hört sein Todesurthel
Mit gar gefaßtem Muth.
Und als der Tag gekommen,
Daß man ihn führt hinaus,
Da wird ihm angeboten
Der letzte Gnadenschmaus.
Ich dank' euch, spricht der Meister,
Ihr Herren lieb und werth,
Doch eine andre Gnade
Mein Herz von euch begehrt.
Der Knabe liegt am Boden,
Er ſchaut ſein Werk nicht mehr.
Ach, Meiſter, wilder Meiſter,
Du ſtießeſt gar zu ſehr!
Er ſtellt ſich dem Gerichte,
Und klagt ſich ſelber an:
Es thaͤt den Richtern wehe
Wohl um den wackern Mann.
Doch kann ihn Keiner retten,
Und Blut will wieder Blut:
Er hoͤrt ſein Todesurthel
Mit gar gefaßtem Muth.
Und als der Tag gekommen,
Daß man ihn fuͤhrt hinaus,
Da wird ihm angeboten
Der letzte Gnadenſchmaus.
Ich dank' euch, ſpricht der Meiſter,
Ihr Herren lieb und werth,
Doch eine andre Gnade
Mein Herz von euch begehrt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0155" n="143"/>
            <lg n="19">
              <l>Der Knabe liegt am Boden,</l><lb/>
              <l>Er &#x017F;chaut &#x017F;ein Werk nicht mehr.</l><lb/>
              <l>Ach, Mei&#x017F;ter, wilder Mei&#x017F;ter,</l><lb/>
              <l>Du &#x017F;tieße&#x017F;t gar zu &#x017F;ehr!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="20">
              <l>Er &#x017F;tellt &#x017F;ich dem Gerichte,</l><lb/>
              <l>Und klagt &#x017F;ich &#x017F;elber an:</l><lb/>
              <l>Es tha&#x0364;t den Richtern wehe</l><lb/>
              <l>Wohl um den wackern Mann.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="21">
              <l>Doch kann ihn Keiner retten,</l><lb/>
              <l>Und Blut will wieder Blut:</l><lb/>
              <l>Er ho&#x0364;rt &#x017F;ein Todesurthel</l><lb/>
              <l>Mit gar gefaßtem Muth.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="22">
              <l>Und als der Tag gekommen,</l><lb/>
              <l>Daß man ihn fu&#x0364;hrt hinaus,</l><lb/>
              <l>Da wird ihm angeboten</l><lb/>
              <l>Der letzte Gnaden&#x017F;chmaus.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="23">
              <l>Ich dank' euch, &#x017F;pricht der Mei&#x017F;ter,</l><lb/>
              <l>Ihr Herren lieb und werth,</l><lb/>
              <l>Doch eine andre Gnade</l><lb/>
              <l>Mein Herz von euch begehrt.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0155] Der Knabe liegt am Boden, Er ſchaut ſein Werk nicht mehr. Ach, Meiſter, wilder Meiſter, Du ſtießeſt gar zu ſehr! Er ſtellt ſich dem Gerichte, Und klagt ſich ſelber an: Es thaͤt den Richtern wehe Wohl um den wackern Mann. Doch kann ihn Keiner retten, Und Blut will wieder Blut: Er hoͤrt ſein Todesurthel Mit gar gefaßtem Muth. Und als der Tag gekommen, Daß man ihn fuͤhrt hinaus, Da wird ihm angeboten Der letzte Gnadenſchmaus. Ich dank' euch, ſpricht der Meiſter, Ihr Herren lieb und werth, Doch eine andre Gnade Mein Herz von euch begehrt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821/155
Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten. Dessau, 1821, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_waldhornist_1821/155>, abgerufen am 23.11.2024.