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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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meine Zeit dasselbe näher kennen zu lernen und auf
mich anzuwenden.

Er klagte mir, daß ihm diesen Morgen, da er
im Matthäo die Geschichte der Geburt Jesu gelesen,
viele Lästerungen über Maria und ihren Sohn eingefal-
len wären, die er vordem irgendwo in einem freygeisteri-
schen Buche gefunden zu haben glaubte. Wo ich nicht
irre, so waren es dieselbigen, die in der bekannten jüdi-
schen Lästerschrift stehen. Jtzt, setzte er hinzu, verachte
ich solche Dinge. Jm Anfange würden sie mich zu spöt-
tischen Gedanken über diese Geschichte verleitet, und
wenigstens meinen Fortgang in der Wahrheit aufgehalten
haben. -- Jch ward hier überzeugt, daß ich nicht un-
recht gethan, ihm die Bibel nicht eher zu geben, bis er
hinlänglich zubereitet war, sie mit Ehrerbietung gegen
die Wahrheiten zu lesen, welche in ihr enthalten sind.

Jch brachte ihm nach meinen Versprechen,
Spaldings Buch vom Wehrt der Gefühl im Christen-
thum, erinnerte ihn an die Absicht, warum ich es ihm
gäbe, und bat ihn es mit beständiger Anwendung auf
sich aufmerksam zu lesen. Sie werden, sagte ich, durch
dieses Buch in den Stand gesetzt werden, über sich selbst
richtig zu urtheilen, ob Sie sich nun für begnadigt von
Gott halten dürfen. Sie werden finden, es kommt alles
dabey auf die Rechtschaffenheit des Herzens im Glauben
und im Thun an. Die Religion wird Jhnen noch lie-
benswürdiger erscheinen, wenn Sie sehen werden, wie
sie so ganz der Natur unsrer Seele gemäß eingerichtet ist,
und keiner Unbegreiflichkeiten, keiner Würkungen ohne
Ursachen, keiner Erscheinungen bedarf, über die man
immer zweifelhaft bleiben muß, ob sie auch Gott anstän-
dig seyn. Das hoffe ich auch, antwortete er. Die
Offenbahrung muß ja vernunftmäßig seyn, da Gott sie

ver-



meine Zeit daſſelbe naͤher kennen zu lernen und auf
mich anzuwenden.

Er klagte mir, daß ihm dieſen Morgen, da er
im Matthaͤo die Geſchichte der Geburt Jeſu geleſen,
viele Laͤſterungen uͤber Maria und ihren Sohn eingefal-
len waͤren, die er vordem irgendwo in einem freygeiſteri-
ſchen Buche gefunden zu haben glaubte. Wo ich nicht
irre, ſo waren es dieſelbigen, die in der bekannten juͤdi-
ſchen Laͤſterſchrift ſtehen. Jtzt, ſetzte er hinzu, verachte
ich ſolche Dinge. Jm Anfange wuͤrden ſie mich zu ſpoͤt-
tiſchen Gedanken uͤber dieſe Geſchichte verleitet, und
wenigſtens meinen Fortgang in der Wahrheit aufgehalten
haben. — Jch ward hier uͤberzeugt, daß ich nicht un-
recht gethan, ihm die Bibel nicht eher zu geben, bis er
hinlaͤnglich zubereitet war, ſie mit Ehrerbietung gegen
die Wahrheiten zu leſen, welche in ihr enthalten ſind.

Jch brachte ihm nach meinen Verſprechen,
Spaldings Buch vom Wehrt der Gefuͤhl im Chriſten-
thum, erinnerte ihn an die Abſicht, warum ich es ihm
gaͤbe, und bat ihn es mit beſtaͤndiger Anwendung auf
ſich aufmerkſam zu leſen. Sie werden, ſagte ich, durch
dieſes Buch in den Stand geſetzt werden, uͤber ſich ſelbſt
richtig zu urtheilen, ob Sie ſich nun fuͤr begnadigt von
Gott halten duͤrfen. Sie werden finden, es kommt alles
dabey auf die Rechtſchaffenheit des Herzens im Glauben
und im Thun an. Die Religion wird Jhnen noch lie-
benswuͤrdiger erſcheinen, wenn Sie ſehen werden, wie
ſie ſo ganz der Natur unſrer Seele gemaͤß eingerichtet iſt,
und keiner Unbegreiflichkeiten, keiner Wuͤrkungen ohne
Urſachen, keiner Erſcheinungen bedarf, uͤber die man
immer zweifelhaft bleiben muß, ob ſie auch Gott anſtaͤn-
dig ſeyn. Das hoffe ich auch, antwortete er. Die
Offenbahrung muß ja vernunftmaͤßig ſeyn, da Gott ſie

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[130/0142] meine Zeit daſſelbe naͤher kennen zu lernen und auf mich anzuwenden. Er klagte mir, daß ihm dieſen Morgen, da er im Matthaͤo die Geſchichte der Geburt Jeſu geleſen, viele Laͤſterungen uͤber Maria und ihren Sohn eingefal- len waͤren, die er vordem irgendwo in einem freygeiſteri- ſchen Buche gefunden zu haben glaubte. Wo ich nicht irre, ſo waren es dieſelbigen, die in der bekannten juͤdi- ſchen Laͤſterſchrift ſtehen. Jtzt, ſetzte er hinzu, verachte ich ſolche Dinge. Jm Anfange wuͤrden ſie mich zu ſpoͤt- tiſchen Gedanken uͤber dieſe Geſchichte verleitet, und wenigſtens meinen Fortgang in der Wahrheit aufgehalten haben. — Jch ward hier uͤberzeugt, daß ich nicht un- recht gethan, ihm die Bibel nicht eher zu geben, bis er hinlaͤnglich zubereitet war, ſie mit Ehrerbietung gegen die Wahrheiten zu leſen, welche in ihr enthalten ſind. Jch brachte ihm nach meinen Verſprechen, Spaldings Buch vom Wehrt der Gefuͤhl im Chriſten- thum, erinnerte ihn an die Abſicht, warum ich es ihm gaͤbe, und bat ihn es mit beſtaͤndiger Anwendung auf ſich aufmerkſam zu leſen. Sie werden, ſagte ich, durch dieſes Buch in den Stand geſetzt werden, uͤber ſich ſelbſt richtig zu urtheilen, ob Sie ſich nun fuͤr begnadigt von Gott halten duͤrfen. Sie werden finden, es kommt alles dabey auf die Rechtſchaffenheit des Herzens im Glauben und im Thun an. Die Religion wird Jhnen noch lie- benswuͤrdiger erſcheinen, wenn Sie ſehen werden, wie ſie ſo ganz der Natur unſrer Seele gemaͤß eingerichtet iſt, und keiner Unbegreiflichkeiten, keiner Wuͤrkungen ohne Urſachen, keiner Erſcheinungen bedarf, uͤber die man immer zweifelhaft bleiben muß, ob ſie auch Gott anſtaͤn- dig ſeyn. Das hoffe ich auch, antwortete er. Die Offenbahrung muß ja vernunftmaͤßig ſeyn, da Gott ſie ver-

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/142>, abgerufen am 21.11.2024.