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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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theilig würden, so habe ihm niemand Vorwürfe darüber
zu machen. Er setzte noch hiezu, er müsse gestehen,
daß er über einige seiner Handlungen sehr unruhig sey,
am meisten darüber, daß er andere mit sich ins Unglück
gezogen habe. Er fürchte aber nach diesem Leben für
sich keine übeln Folgen oder Strafen davon. Er sehe
nicht ein, daß solche Strafen zur Befriedigung der Ge-
rechtigkeit Gottes nöthig wären, wenn er auch zugeben
wollte, daß Gott an dem Thun und Lassen der Men-
schen Antheil nähme. Der Mensch würde schon hier
für seine Vergehungen genung gestraft. Er selbst sey in
seiner Größe gewiß nicht glücklich gewesen. Wenigstens
habe er in den letzten Monaten seines so sehr beneideten
Glücks mit vielen unangenehmen Gemüthsbewegungen
kämpfen müssen.

Gegen das Christenthum habe er vornehmlich
dieß einzuwenden, daß es nicht allgemein sey. Wäre es
eine göttliche Offenbarung, wäre es der wahre und ein-
zige Weg zum Wohlgefallen Gottes, so müßte es noth-
wendig dem ganzen menschlichen Geschlechte bekannt
gemacht seyn.

Jch sagte dießmahl wenig zur Widerlegung sei-
nes Systems und seines Einwurfs gegen die Religion,
sondern schlug ihm vor, ein vortreffliches Buch zu lesen,
welches, wie ich sehr vermuhtete, vieles zur Aufklärung
seiner Begriffe von der Religion beytragen würde. Er
fragte mit einer mistrauischen Miene: Welches Buch?
Jerusalems Betrachtungen über die Religion, antwor-
tete ich, ein Buch, das sie bloß um seiner vortrefflichen
Schreibart willen mit dem größesten Vergnügen lesen
werden. Er bat mich ihm dasselbe zu bringen.

Jch hatte bemerkt, daß er würklich unruhig
über einige seiner Handlungen war, und hielt es für

nützlich,



theilig wuͤrden, ſo habe ihm niemand Vorwuͤrfe daruͤber
zu machen. Er ſetzte noch hiezu, er muͤſſe geſtehen,
daß er uͤber einige ſeiner Handlungen ſehr unruhig ſey,
am meiſten daruͤber, daß er andere mit ſich ins Ungluͤck
gezogen habe. Er fuͤrchte aber nach dieſem Leben fuͤr
ſich keine uͤbeln Folgen oder Strafen davon. Er ſehe
nicht ein, daß ſolche Strafen zur Befriedigung der Ge-
rechtigkeit Gottes noͤthig waͤren, wenn er auch zugeben
wollte, daß Gott an dem Thun und Laſſen der Men-
ſchen Antheil naͤhme. Der Menſch wuͤrde ſchon hier
fuͤr ſeine Vergehungen genung geſtraft. Er ſelbſt ſey in
ſeiner Groͤße gewiß nicht gluͤcklich geweſen. Wenigſtens
habe er in den letzten Monaten ſeines ſo ſehr beneideten
Gluͤcks mit vielen unangenehmen Gemuͤthsbewegungen
kaͤmpfen muͤſſen.

Gegen das Chriſtenthum habe er vornehmlich
dieß einzuwenden, daß es nicht allgemein ſey. Waͤre es
eine goͤttliche Offenbarung, waͤre es der wahre und ein-
zige Weg zum Wohlgefallen Gottes, ſo muͤßte es noth-
wendig dem ganzen menſchlichen Geſchlechte bekannt
gemacht ſeyn.

Jch ſagte dießmahl wenig zur Widerlegung ſei-
nes Syſtems und ſeines Einwurfs gegen die Religion,
ſondern ſchlug ihm vor, ein vortreffliches Buch zu leſen,
welches, wie ich ſehr vermuhtete, vieles zur Aufklaͤrung
ſeiner Begriffe von der Religion beytragen wuͤrde. Er
fragte mit einer mistrauiſchen Miene: Welches Buch?
Jeruſalems Betrachtungen uͤber die Religion, antwor-
tete ich, ein Buch, das ſie bloß um ſeiner vortrefflichen
Schreibart willen mit dem groͤßeſten Vergnuͤgen leſen
werden. Er bat mich ihm daſſelbe zu bringen.

Jch hatte bemerkt, daß er wuͤrklich unruhig
uͤber einige ſeiner Handlungen war, und hielt es fuͤr

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[11/0023] theilig wuͤrden, ſo habe ihm niemand Vorwuͤrfe daruͤber zu machen. Er ſetzte noch hiezu, er muͤſſe geſtehen, daß er uͤber einige ſeiner Handlungen ſehr unruhig ſey, am meiſten daruͤber, daß er andere mit ſich ins Ungluͤck gezogen habe. Er fuͤrchte aber nach dieſem Leben fuͤr ſich keine uͤbeln Folgen oder Strafen davon. Er ſehe nicht ein, daß ſolche Strafen zur Befriedigung der Ge- rechtigkeit Gottes noͤthig waͤren, wenn er auch zugeben wollte, daß Gott an dem Thun und Laſſen der Men- ſchen Antheil naͤhme. Der Menſch wuͤrde ſchon hier fuͤr ſeine Vergehungen genung geſtraft. Er ſelbſt ſey in ſeiner Groͤße gewiß nicht gluͤcklich geweſen. Wenigſtens habe er in den letzten Monaten ſeines ſo ſehr beneideten Gluͤcks mit vielen unangenehmen Gemuͤthsbewegungen kaͤmpfen muͤſſen. Gegen das Chriſtenthum habe er vornehmlich dieß einzuwenden, daß es nicht allgemein ſey. Waͤre es eine goͤttliche Offenbarung, waͤre es der wahre und ein- zige Weg zum Wohlgefallen Gottes, ſo muͤßte es noth- wendig dem ganzen menſchlichen Geſchlechte bekannt gemacht ſeyn. Jch ſagte dießmahl wenig zur Widerlegung ſei- nes Syſtems und ſeines Einwurfs gegen die Religion, ſondern ſchlug ihm vor, ein vortreffliches Buch zu leſen, welches, wie ich ſehr vermuhtete, vieles zur Aufklaͤrung ſeiner Begriffe von der Religion beytragen wuͤrde. Er fragte mit einer mistrauiſchen Miene: Welches Buch? Jeruſalems Betrachtungen uͤber die Religion, antwor- tete ich, ein Buch, das ſie bloß um ſeiner vortrefflichen Schreibart willen mit dem groͤßeſten Vergnuͤgen leſen werden. Er bat mich ihm daſſelbe zu bringen. Jch hatte bemerkt, daß er wuͤrklich unruhig uͤber einige ſeiner Handlungen war, und hielt es fuͤr nuͤtzlich,

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/23>, abgerufen am 21.11.2024.