Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.Verstande nicht sehen, sondern es müssen uns durch Un- terricht, durch Aufklärung und Erweiterung der Begriffe neue und vollkommene Kenntnisse von Gott mitgetheit werden. Das muß durch jemand geschehen, der Gott völlig kennt, und zugleich sich zu uns herabzulassen und sich nach unsern Fähigkeiten zu richten weiß. Dieser wird Christus seyn. Er ist Gott, und weiß also, was in Gott ist. Er ist Mensch, und kann also seinen Unterricht von Gott, den er uns geben wird, uns verständlich machen. -- Jch finde in der göttlichen Einrichtung zur Ver- Es kommt mir itzt sehr thöricht vor, fuhr er fort, einer
Verſtande nicht ſehen, ſondern es muͤſſen uns durch Un- terricht, durch Aufklaͤrung und Erweiterung der Begriffe neue und vollkommene Kenntniſſe von Gott mitgetheit werden. Das muß durch jemand geſchehen, der Gott voͤllig kennt, und zugleich ſich zu uns herabzulaſſen und ſich nach unſern Faͤhigkeiten zu richten weiß. Dieſer wird Chriſtus ſeyn. Er iſt Gott, und weiß alſo, was in Gott iſt. Er iſt Menſch, und kann alſo ſeinen Unterricht von Gott, den er uns geben wird, uns verſtaͤndlich machen. — Jch finde in der goͤttlichen Einrichtung zur Ver- Es kommt mir itzt ſehr thoͤricht vor, fuhr er fort, einer
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Verſtande nicht ſehen, ſondern es muͤſſen uns durch Un-
terricht, durch Aufklaͤrung und Erweiterung der Begriffe
neue und vollkommene Kenntniſſe von Gott mitgetheit
werden. Das muß durch jemand geſchehen, der Gott
voͤllig kennt, und zugleich ſich zu uns herabzulaſſen und
ſich nach unſern Faͤhigkeiten zu richten weiß. Dieſer wird
Chriſtus ſeyn. Er iſt Gott, und weiß alſo, was in Gott
iſt. Er iſt Menſch, und kann alſo ſeinen Unterricht von
Gott, den er uns geben wird, uns verſtaͤndlich machen. —
Jch finde in der goͤttlichen Einrichtung zur Ver-
ſoͤhnung und Verbeſſerung des menſchlichen Geſchlechts,
ſagte er ferner, eine weiſe Gradation. Jm alten Teſta-
ment hat Gott um die Menſchen auf ſeine Heiligkeit und
Gerechtigkeit aufmerkſam zu machen, die Opfer angeord-
net. Die Juden mußten etwas, das ihnen lieb war,
hergeben, wenn ſie geſuͤndigt hatten, und das ſollte ihnen
das Suͤndigen ſchwer machen. Nach und nach aber ver-
gaßen ſie die Abſicht und blieben an dem Sinnlichen des
Mittels haͤngen. Nun opferte Gott ſelbſt Chriſtum ſei-
nen Sohn auf, um den Menſchen dadurch noch weit ſtaͤr-
ker ſeinen Abſcheu an der Suͤnde und zugleich ſeine Liebe
zu beweiſen. Sollte ein tauſendjaͤhriges Reich oder irgend
eine aͤhnliche Begebenheit zukuͤnftig ſeyn, wo ſich ihnen
Gott in großer Herlichkeit zeigte, ſo wuͤrde das ſie viel-
leicht noch ſtaͤrker ruͤhren.
Es kommt mir itzt ſehr thoͤricht vor, fuhr er fort,
daß ſich die Freygeiſter an der niedrigen Geſtalt Chriſti
und der erſten Lehrer des Chriſtenthums aͤrgern. Denn
zu geſchweigen, daß in Beziehung auf Gott nichts klein
oder groß iſt, ſo iſt dieſe niedrige Geſtalt zur Erreichung
des Zwecks, den Chriſtus hatte, etwas weſentliches ge-
weſen. Wenn z. Ex. ein großer Herr ein Dorf voll Bauern
in Perſon reformiren wollte, ſo wuͤrde er nicht viel aus-
richten, wenn er in aller ſeiner Groͤße unter ihnen er-
ſchiene. Sie wuͤrden ihn dann fuͤr ein Weſen von
einer
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