Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.Gottes die Absicht meines Berufs bey ihm glücklich erreicht hätte, und entschloß mich nun in freyen Unterredungen an der Befestigung seiner itzigen Gesinnungen zu arbeiten, und so oft ich noch Mängel entdecken würde, auch für ihre Verbesserung zu sorgen. Jch werde von nun an in meiner Erzählung seltener selbst reden, und meine Leser mehrentheils mit dem unterhalten, was er gesagt hat. Jch denke itzt, sagte er, sehr viel an den Zustand Ver-
Gottes die Abſicht meines Berufs bey ihm gluͤcklich erreicht haͤtte, und entſchloß mich nun in freyen Unterredungen an der Befeſtigung ſeiner itzigen Geſinnungen zu arbeiten, und ſo oft ich noch Maͤngel entdecken wuͤrde, auch fuͤr ihre Verbeſſerung zu ſorgen. Jch werde von nun an in meiner Erzaͤhlung ſeltener ſelbſt reden, und meine Leſer mehrentheils mit dem unterhalten, was er geſagt hat. Jch denke itzt, ſagte er, ſehr viel an den Zuſtand Ver-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0250" n="238"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Gottes die Abſicht meines Berufs bey ihm gluͤcklich erreicht<lb/> haͤtte, und entſchloß mich nun in freyen Unterredungen an<lb/> der Befeſtigung ſeiner itzigen Geſinnungen zu arbeiten,<lb/> und ſo oft ich noch Maͤngel entdecken wuͤrde, auch fuͤr<lb/> ihre Verbeſſerung zu ſorgen. Jch werde von nun an in<lb/> meiner Erzaͤhlung ſeltener ſelbſt reden, und meine Leſer<lb/> mehrentheils mit dem unterhalten, was er geſagt hat.</p><lb/> <p>Jch denke itzt, ſagte er, ſehr viel an den Zuſtand<lb/> der Seele nach dem Tode. Unter andern habe ich den<lb/> Gedanken gehabt, daß die Seele waͤhrend ihrer Trennung<lb/> vom Koͤrper doch wol in einem Stande dunkler Vorſtel-<lb/> lungen, aber doch mit dem Bewußtſeyn ihrer Gluͤckſee-<lb/> ligkeit, ſeyn koͤnnte. Die Sinne ſind ja die Quelle wor-<lb/> aus ſie ihre Begriffe ſchoͤpft, und die fehlen ihr dann.<lb/> Jch antwortete ihm, man koͤnne nicht wiſſen, ob nicht die<lb/> Seele irgend ein feines unſichtbares <hi rendition="#aq">Schema perceptio-<lb/> nis</hi> mit ſich aus dem Koͤrper nehmen werde, durch deſſen<lb/> Huͤlfe ſie klare Vorſtellungen haben, und auch aͤußerliche<lb/> Dinge werde empfinden koͤnnen. Die Begriffe, die ſie<lb/> ſich hier geſammelt haͤtte, werde ſie, auch ohne einen Koͤr-<lb/> per zu haben, beybehalten und verbinden koͤnnen. Und<lb/> wenn ja auch eine Dunkelheit in ihren Vorſtellungen ſtatt<lb/> finden ſollte, ſo wuͤrde es doch nur in Beziehung auf<lb/> ihren kuͤnftigen Zuſtand in der Verbindung mit dem neuen<lb/> Leibe ſeyn koͤnnen, nicht aber in Beziehung auf dieß zu-<lb/> ruͤckgelegte Leben. Denn ſonſt wuͤrde ſie ja gewiſſermaaßen<lb/> unvollkommener nach, als vor dem Tode ſeyn, wovon<lb/> doch das Gegentheil zu erwarten waͤre. Sie wird frey-<lb/> lich auch, ſetzte er hinzu, nach dem Ausſpruche der Schrift<lb/> bey Chriſto ſeyn, und dabey laͤßt ſich kein Zuſtand dunk-<lb/> ler Vorſtellungen denken. Jch habe uͤber dieſen Aufent-<lb/> halt der Seelen bey Chriſto dieſes gedacht. Jch glaube,<lb/> ich habe es irgendwo geleſen. Eine unſrer vornehmſten<lb/> Seeligkeiten ſoll das Anſchauen Gottes ſeyn. Von Ange-<lb/> ſicht zu Angeſicht koͤnnen wir aber Gott im eigentlichen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [238/0250]
Gottes die Abſicht meines Berufs bey ihm gluͤcklich erreicht
haͤtte, und entſchloß mich nun in freyen Unterredungen an
der Befeſtigung ſeiner itzigen Geſinnungen zu arbeiten,
und ſo oft ich noch Maͤngel entdecken wuͤrde, auch fuͤr
ihre Verbeſſerung zu ſorgen. Jch werde von nun an in
meiner Erzaͤhlung ſeltener ſelbſt reden, und meine Leſer
mehrentheils mit dem unterhalten, was er geſagt hat.
Jch denke itzt, ſagte er, ſehr viel an den Zuſtand
der Seele nach dem Tode. Unter andern habe ich den
Gedanken gehabt, daß die Seele waͤhrend ihrer Trennung
vom Koͤrper doch wol in einem Stande dunkler Vorſtel-
lungen, aber doch mit dem Bewußtſeyn ihrer Gluͤckſee-
ligkeit, ſeyn koͤnnte. Die Sinne ſind ja die Quelle wor-
aus ſie ihre Begriffe ſchoͤpft, und die fehlen ihr dann.
Jch antwortete ihm, man koͤnne nicht wiſſen, ob nicht die
Seele irgend ein feines unſichtbares Schema perceptio-
nis mit ſich aus dem Koͤrper nehmen werde, durch deſſen
Huͤlfe ſie klare Vorſtellungen haben, und auch aͤußerliche
Dinge werde empfinden koͤnnen. Die Begriffe, die ſie
ſich hier geſammelt haͤtte, werde ſie, auch ohne einen Koͤr-
per zu haben, beybehalten und verbinden koͤnnen. Und
wenn ja auch eine Dunkelheit in ihren Vorſtellungen ſtatt
finden ſollte, ſo wuͤrde es doch nur in Beziehung auf
ihren kuͤnftigen Zuſtand in der Verbindung mit dem neuen
Leibe ſeyn koͤnnen, nicht aber in Beziehung auf dieß zu-
ruͤckgelegte Leben. Denn ſonſt wuͤrde ſie ja gewiſſermaaßen
unvollkommener nach, als vor dem Tode ſeyn, wovon
doch das Gegentheil zu erwarten waͤre. Sie wird frey-
lich auch, ſetzte er hinzu, nach dem Ausſpruche der Schrift
bey Chriſto ſeyn, und dabey laͤßt ſich kein Zuſtand dunk-
ler Vorſtellungen denken. Jch habe uͤber dieſen Aufent-
halt der Seelen bey Chriſto dieſes gedacht. Jch glaube,
ich habe es irgendwo geleſen. Eine unſrer vornehmſten
Seeligkeiten ſoll das Anſchauen Gottes ſeyn. Von Ange-
ſicht zu Angeſicht koͤnnen wir aber Gott im eigentlichen
Ver-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |