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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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Zeitschriften und andere Publikationen dieser Art,
welche in Japan veröffentlicht und von dem leselustigen
und neuigkeitssüchtigen Volk gierig verschlungen werden.
Aus den Kinderschuhen ist also die Presse rasch heraus-
gewachsen; dagegen darf man dreist behaupten, daß sie
noch tief in ihren Flegeljahren steckt, und man kann es
der Regierung nicht verdenken, wenn sie von ihrem
Recht der Censur jeder Zeit reichlich Gebrauch gemacht
hat; manchmal allerdings erst, wenn es zu spät war.
Einen wesentlichen Bestandteil ihrer Aufgabe erblickt
die Presse darin, den patriotischen Fanatismus zum
lodernden Feuer zu entfachen, dessen Flammen natur-
gemäß mit Vorliebe nach den Fremden züngeln. Die
Parole, welche bei Gelegenheit der Verkündigung der
Konstitution im Jahre 1889 in das Volk geworfen
wurde, und welche wohl für lange Zeit nicht wieder
zur Ruhe kommen wird: "Japan für die Japaner",
wobei natürlich im stillen zu ergänzen ist: "Und gegen
die Fremden", hat durch die Presse eifrige Förderung
gefunden und eine das ganze Volk tief durchdringende
Bedeutung gewonnen.

Die Presse hat einen ungeheuren Einfluß, und sie
trägt das ihre dazu bei, die Politik in Japan heimisch
zu machen und heimisch zu erhalten. Diese spielt dort
eine ähnliche centrale Rolle wie im alten Griechenland,
und der weise Plato müßte an einem Volke wie die
Japaner seine helle Freude haben. Wenn irgendwo
in einem modernen Staat, so wäre hier das rechte
Versuchsfeld für ihn. Um der Politik willen verlassen
Professoren ihre Katheder und christliche Prediger ihre
Kanzeln. Am Volksganzen zu arbeiten ist das höchste
Ideal. Zu einer Zeit, wo ich in das innere Leben
der Japaner noch wenig hineingeschaut hatte, fragte

Zeitſchriften und andere Publikationen dieſer Art,
welche in Japan veröffentlicht und von dem leſeluſtigen
und neuigkeitsſüchtigen Volk gierig verſchlungen werden.
Aus den Kinderſchuhen iſt alſo die Preſſe raſch heraus-
gewachſen; dagegen darf man dreiſt behaupten, daß ſie
noch tief in ihren Flegeljahren ſteckt, und man kann es
der Regierung nicht verdenken, wenn ſie von ihrem
Recht der Cenſur jeder Zeit reichlich Gebrauch gemacht
hat; manchmal allerdings erſt, wenn es zu ſpät war.
Einen weſentlichen Beſtandteil ihrer Aufgabe erblickt
die Preſſe darin, den patriotiſchen Fanatismus zum
lodernden Feuer zu entfachen, deſſen Flammen natur-
gemäß mit Vorliebe nach den Fremden züngeln. Die
Parole, welche bei Gelegenheit der Verkündigung der
Konſtitution im Jahre 1889 in das Volk geworfen
wurde, und welche wohl für lange Zeit nicht wieder
zur Ruhe kommen wird: „Japan für die Japaner“,
wobei natürlich im ſtillen zu ergänzen iſt: „Und gegen
die Fremden“, hat durch die Preſſe eifrige Förderung
gefunden und eine das ganze Volk tief durchdringende
Bedeutung gewonnen.

Die Preſſe hat einen ungeheuren Einfluß, und ſie
trägt das ihre dazu bei, die Politik in Japan heimiſch
zu machen und heimiſch zu erhalten. Dieſe ſpielt dort
eine ähnliche centrale Rolle wie im alten Griechenland,
und der weiſe Plato müßte an einem Volke wie die
Japaner ſeine helle Freude haben. Wenn irgendwo
in einem modernen Staat, ſo wäre hier das rechte
Verſuchsfeld für ihn. Um der Politik willen verlaſſen
Profeſſoren ihre Katheder und chriſtliche Prediger ihre
Kanzeln. Am Volksganzen zu arbeiten iſt das höchſte
Ideal. Zu einer Zeit, wo ich in das innere Leben
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[162/0176] Zeitſchriften und andere Publikationen dieſer Art, welche in Japan veröffentlicht und von dem leſeluſtigen und neuigkeitsſüchtigen Volk gierig verſchlungen werden. Aus den Kinderſchuhen iſt alſo die Preſſe raſch heraus- gewachſen; dagegen darf man dreiſt behaupten, daß ſie noch tief in ihren Flegeljahren ſteckt, und man kann es der Regierung nicht verdenken, wenn ſie von ihrem Recht der Cenſur jeder Zeit reichlich Gebrauch gemacht hat; manchmal allerdings erſt, wenn es zu ſpät war. Einen weſentlichen Beſtandteil ihrer Aufgabe erblickt die Preſſe darin, den patriotiſchen Fanatismus zum lodernden Feuer zu entfachen, deſſen Flammen natur- gemäß mit Vorliebe nach den Fremden züngeln. Die Parole, welche bei Gelegenheit der Verkündigung der Konſtitution im Jahre 1889 in das Volk geworfen wurde, und welche wohl für lange Zeit nicht wieder zur Ruhe kommen wird: „Japan für die Japaner“, wobei natürlich im ſtillen zu ergänzen iſt: „Und gegen die Fremden“, hat durch die Preſſe eifrige Förderung gefunden und eine das ganze Volk tief durchdringende Bedeutung gewonnen. Die Preſſe hat einen ungeheuren Einfluß, und ſie trägt das ihre dazu bei, die Politik in Japan heimiſch zu machen und heimiſch zu erhalten. Dieſe ſpielt dort eine ähnliche centrale Rolle wie im alten Griechenland, und der weiſe Plato müßte an einem Volke wie die Japaner ſeine helle Freude haben. Wenn irgendwo in einem modernen Staat, ſo wäre hier das rechte Verſuchsfeld für ihn. Um der Politik willen verlaſſen Profeſſoren ihre Katheder und chriſtliche Prediger ihre Kanzeln. Am Volksganzen zu arbeiten iſt das höchſte Ideal. Zu einer Zeit, wo ich in das innere Leben der Japaner noch wenig hineingeſchaut hatte, fragte

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/176>, abgerufen am 24.11.2024.