Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.christlichen Schülern einmal gestattet worden, da wir Mehr noch erinnert die große Reinigung, das sogen. 1) Vergl. Dr. H. Weiperts hochinteressanten Aufsatz: "Das Shintogebet der Großen Reinigung" in den Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft etc. Heft 58. Vergl. auch Dr. A. Florenz' Übersetzung und Kommentar des Nihougi, eine rechte deutsche Gelehrtenarbeit. 14
chriſtlichen Schülern einmal geſtattet worden, da wir Mehr noch erinnert die große Reinigung, das ſogen. 1) Vergl. Dr. H. Weiperts hochintereſſanten Aufſatz: „Das Shintogebet der Großen Reinigung“ in den Mitteilungen der Deutſchen Geſellſchaft ꝛc. Heft 58. Vergl. auch Dr. A. Florenz’ Überſetzung und Kommentar des Nihougi, eine rechte deutſche Gelehrtenarbeit. 14
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0223" n="209"/> chriſtlichen Schülern einmal geſtattet worden, da wir<lb/> den Wunſch ausgeſprochen hatten, die Schätze des Tem-<lb/> pels — ein paar ſehr alte Schwerter nebſt Rüſtung ꝛc.<lb/> — zu beſichtigen. Wir traten in das Haiden und<lb/> ließen uns in japaniſcher Weiſe auf dem mit Matten<lb/> belegten Boden nieder. Darnach kam der Oberprieſter<lb/> in feierlicher Amtstracht an uns heran und beſtrich uns<lb/> mit einem Wedel von „Gohei“ an einem Zweige des<lb/> heiligen Sakakibaumes Kopf und Körper. Dieſe Reini-<lb/> gung (<hi rendition="#aq">„harai“</hi>) war ſymboliſcher Art, und es iſt wohl<lb/> anzunehmen, daß ſich urſprünglich auch der Gedanke<lb/> einer inneren Reinigung damit verband, vielleicht daß<lb/> es eine Art Exorcismus, die Austreibung böſer Geiſter<lb/> wie bei Beſeſſenen ſein ſollte. Der Prieſter weiß es<lb/> ſelbſt nicht genau.</p><lb/> <p>Mehr noch erinnert die große Reinigung, das ſogen.<lb/><hi rendition="#aq">„O harai“,</hi> daran, daß auch dem Shintoismus eine<lb/> beſchränkte ſittliche Reinigung von Sündhaftigkeit nicht<lb/> unbekannt iſt <note place="foot" n="1)">Vergl. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> H. Weiperts hochintereſſanten Aufſatz: „Das<lb/> Shintogebet der Großen Reinigung“ in den Mitteilungen der<lb/> Deutſchen Geſellſchaft ꝛc. Heft 58. Vergl. auch <hi rendition="#aq">Dr.</hi> A. Florenz’<lb/> Überſetzung und Kommentar des Nihougi, eine rechte deutſche<lb/> Gelehrtenarbeit.</note>. Das <hi rendition="#aq">„O harai“</hi> iſt eine Entſühnung<lb/> des ganzen Volkes, welche jährlich zweimal, am letzten<lb/> Juni und am letzten Dezember, in allen öffentlichen<lb/> Shintotempeln des Landes in Anweſenheit der Bezirks-<lb/> beamten vorgenommen wird. Eine Gemeinde iſt dabei<lb/> nicht anweſend, das Volk hat nichts damit zu thun,<lb/> und von einer μετάνοια, von Buße und Beſſerung, iſt<lb/> darum keine Rede dabei. Die Entſühnung findet ſtatt<lb/> für alle Übertretungen wider den Reisbau, für alle<lb/> Arten von Verunreinigungen einſchließlich ekelhafter<lb/> Krankheit wie Ausſatz, für Körperverletzung und Leichen-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">14</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [209/0223]
chriſtlichen Schülern einmal geſtattet worden, da wir
den Wunſch ausgeſprochen hatten, die Schätze des Tem-
pels — ein paar ſehr alte Schwerter nebſt Rüſtung ꝛc.
— zu beſichtigen. Wir traten in das Haiden und
ließen uns in japaniſcher Weiſe auf dem mit Matten
belegten Boden nieder. Darnach kam der Oberprieſter
in feierlicher Amtstracht an uns heran und beſtrich uns
mit einem Wedel von „Gohei“ an einem Zweige des
heiligen Sakakibaumes Kopf und Körper. Dieſe Reini-
gung („harai“) war ſymboliſcher Art, und es iſt wohl
anzunehmen, daß ſich urſprünglich auch der Gedanke
einer inneren Reinigung damit verband, vielleicht daß
es eine Art Exorcismus, die Austreibung böſer Geiſter
wie bei Beſeſſenen ſein ſollte. Der Prieſter weiß es
ſelbſt nicht genau.
Mehr noch erinnert die große Reinigung, das ſogen.
„O harai“, daran, daß auch dem Shintoismus eine
beſchränkte ſittliche Reinigung von Sündhaftigkeit nicht
unbekannt iſt 1). Das „O harai“ iſt eine Entſühnung
des ganzen Volkes, welche jährlich zweimal, am letzten
Juni und am letzten Dezember, in allen öffentlichen
Shintotempeln des Landes in Anweſenheit der Bezirks-
beamten vorgenommen wird. Eine Gemeinde iſt dabei
nicht anweſend, das Volk hat nichts damit zu thun,
und von einer μετάνοια, von Buße und Beſſerung, iſt
darum keine Rede dabei. Die Entſühnung findet ſtatt
für alle Übertretungen wider den Reisbau, für alle
Arten von Verunreinigungen einſchließlich ekelhafter
Krankheit wie Ausſatz, für Körperverletzung und Leichen-
1) Vergl. Dr. H. Weiperts hochintereſſanten Aufſatz: „Das
Shintogebet der Großen Reinigung“ in den Mitteilungen der
Deutſchen Geſellſchaft ꝛc. Heft 58. Vergl. auch Dr. A. Florenz’
Überſetzung und Kommentar des Nihougi, eine rechte deutſche
Gelehrtenarbeit.
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