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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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erbebte, die Wände wankten und die Fensterscheiben
klirrten -- und mit dem Mute des eben noch so tapferen
Pfarrers war es vorbei, mit fliegendem Talar stürzte
er herab von der Kanzel dem Ausgang zu. In Deutsch-
land mag der Prediger ruhig die kühnsten Worte in
den Mund nehmen; er darf beruhigt sein, daß sein
Mut auf solche Weise nicht auf die Probe gestellt wird.
In Japan aber darf er nicht vergessen, daß er sich
auf vulkanischem Boden befindet.

Das sind nun freilich Dinge, die sich bei allem
Humor doch gefährlich genug anhören. Die Erfahrung
aber lehrt, daß sie in Wirklichkeit so gefährlich nicht
sind. Thatsächlich habe ich von keinem einzigen Europäer
gehört, der bei einem Erdbeben um das Leben ge-
kommen wäre. Der Missionar darf also ohne große
Angst hinübergehen und darf fest überzeugt sein, daß
ihm mit Bezug auf das Land ein köstliches Los ge-
fallen ist, so köstlich wie es ihm auf keinem andern
Missionsfeld geworden wäre.

Aber noch manche andere große Annehmlichkeiten
findet er hier.

Der Missionar in Japan hat seinen festen Wohnsitz.
Das ist ja heute so ziemlich überall so, und wenn uns
von Missionaren in China erzählt wird, daß sie all-
jährlich monatelang auf Missionsreisen unterwegs sind,
so klingt das uns modernen Missionsleuten wie eine
Geschichte aus längst entschwundener Zeit. Der wan-
dernde Missionar hat sich überlebt, hat sich im Lauf
der Zeiten als eine unzweckmäßige Einrichtung heraus-
gestellt. Schon bei dem Vorbild aller christlichen Send-
boten, dem Apostel Paulus, hat man darauf hingewiesen,
daß die Gemeinden, welche er gewissermaßen auf der
Durchreise gründete, späterhin nicht mehr erwähnt werden.

erbebte, die Wände wankten und die Fenſterſcheiben
klirrten — und mit dem Mute des eben noch ſo tapferen
Pfarrers war es vorbei, mit fliegendem Talar ſtürzte
er herab von der Kanzel dem Ausgang zu. In Deutſch-
land mag der Prediger ruhig die kühnſten Worte in
den Mund nehmen; er darf beruhigt ſein, daß ſein
Mut auf ſolche Weiſe nicht auf die Probe geſtellt wird.
In Japan aber darf er nicht vergeſſen, daß er ſich
auf vulkaniſchem Boden befindet.

Das ſind nun freilich Dinge, die ſich bei allem
Humor doch gefährlich genug anhören. Die Erfahrung
aber lehrt, daß ſie in Wirklichkeit ſo gefährlich nicht
ſind. Thatſächlich habe ich von keinem einzigen Europäer
gehört, der bei einem Erdbeben um das Leben ge-
kommen wäre. Der Miſſionar darf alſo ohne große
Angſt hinübergehen und darf feſt überzeugt ſein, daß
ihm mit Bezug auf das Land ein köſtliches Los ge-
fallen iſt, ſo köſtlich wie es ihm auf keinem andern
Miſſionsfeld geworden wäre.

Aber noch manche andere große Annehmlichkeiten
findet er hier.

Der Miſſionar in Japan hat ſeinen feſten Wohnſitz.
Das iſt ja heute ſo ziemlich überall ſo, und wenn uns
von Miſſionaren in China erzählt wird, daß ſie all-
jährlich monatelang auf Miſſionsreiſen unterwegs ſind,
ſo klingt das uns modernen Miſſionsleuten wie eine
Geſchichte aus längſt entſchwundener Zeit. Der wan-
dernde Miſſionar hat ſich überlebt, hat ſich im Lauf
der Zeiten als eine unzweckmäßige Einrichtung heraus-
geſtellt. Schon bei dem Vorbild aller chriſtlichen Send-
boten, dem Apoſtel Paulus, hat man darauf hingewieſen,
daß die Gemeinden, welche er gewiſſermaßen auf der
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[10/0024] erbebte, die Wände wankten und die Fenſterſcheiben klirrten — und mit dem Mute des eben noch ſo tapferen Pfarrers war es vorbei, mit fliegendem Talar ſtürzte er herab von der Kanzel dem Ausgang zu. In Deutſch- land mag der Prediger ruhig die kühnſten Worte in den Mund nehmen; er darf beruhigt ſein, daß ſein Mut auf ſolche Weiſe nicht auf die Probe geſtellt wird. In Japan aber darf er nicht vergeſſen, daß er ſich auf vulkaniſchem Boden befindet. Das ſind nun freilich Dinge, die ſich bei allem Humor doch gefährlich genug anhören. Die Erfahrung aber lehrt, daß ſie in Wirklichkeit ſo gefährlich nicht ſind. Thatſächlich habe ich von keinem einzigen Europäer gehört, der bei einem Erdbeben um das Leben ge- kommen wäre. Der Miſſionar darf alſo ohne große Angſt hinübergehen und darf feſt überzeugt ſein, daß ihm mit Bezug auf das Land ein köſtliches Los ge- fallen iſt, ſo köſtlich wie es ihm auf keinem andern Miſſionsfeld geworden wäre. Aber noch manche andere große Annehmlichkeiten findet er hier. Der Miſſionar in Japan hat ſeinen feſten Wohnſitz. Das iſt ja heute ſo ziemlich überall ſo, und wenn uns von Miſſionaren in China erzählt wird, daß ſie all- jährlich monatelang auf Miſſionsreiſen unterwegs ſind, ſo klingt das uns modernen Miſſionsleuten wie eine Geſchichte aus längſt entſchwundener Zeit. Der wan- dernde Miſſionar hat ſich überlebt, hat ſich im Lauf der Zeiten als eine unzweckmäßige Einrichtung heraus- geſtellt. Schon bei dem Vorbild aller chriſtlichen Send- boten, dem Apoſtel Paulus, hat man darauf hingewieſen, daß die Gemeinden, welche er gewiſſermaßen auf der Durchreiſe gründete, ſpäterhin nicht mehr erwähnt werden.

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/24>, abgerufen am 21.11.2024.