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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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Wohnungen der deutschen Missionare nicht messen.
Hat doch ihr Bau zusammen nicht mehr als zwölftausend
Mark erfordert.

Das Innere der Häuser weist europäische Ein-
richtungen auf. Mit japanischer Möblierung käme man
nicht weit. Zwar wird bei uns zu Lande viel von
japanischen Zimmereinrichtungen gefabelt. Wenn man
aber in ein japanisches Zimmer hineintritt, so sieht
man sich erstaunt um. Nach unsern Vorstellungen hatte
man viel erwartet. Was man aber da vor sich sieht,
übertrifft auch die kühnsten Erwartungen. Da ist in
einer Nische ein lang herabhängendes, auf Seide ge-
maltes Bild, Kakemono genannt, und darunter etwa
noch eine Bronzevase, sonst aber im ganzen Zimmer
nichts, aber auch gar nichts: Kein Tisch, kein Stuhl,
kein Bett, kein Schrank, kein Spiegel, ja selbst nicht
einmal ein Ofen. Der Missionar muß sich also euro-
päische Möbel anschaffen. Die Einrichtung seines Hauses
sieht auf den ersten Blick fast elegant aus. Man braucht
aber nicht einmal scharf hinzusehen, um zu bemerken,
daß es eine sehr schäbige Eleganz ist, die ganze Ein-
richtung um ein paar hundert Mark auf Auktionen
wegziehender Europäer zusammengekauft; aber man
weiß sich's damit wohnlich, heimisch und bequem zu
machen.

Man verbindet mit dem Begriff des Missionars
gewöhnlich den des Asketen. Wenn man das Wort
Missionar hört, so wacht selbst in dem evangelischen
Christen das alte Mönchsideal auf. Man will ihn nicht
haben wie einen andern Menschen, man mutet ihm
Entbehrungen aller Art zu und erwartet von ihm wo-
möglich, daß er sich zu derselben niedrigen Stufe der
Lebensführung herabläßt, auf welcher die Eingeborenen
stehen. Das aber ist ein ganz falscher Asketismus,

Wohnungen der deutſchen Miſſionare nicht meſſen.
Hat doch ihr Bau zuſammen nicht mehr als zwölftauſend
Mark erfordert.

Das Innere der Häuſer weiſt europäiſche Ein-
richtungen auf. Mit japaniſcher Möblierung käme man
nicht weit. Zwar wird bei uns zu Lande viel von
japaniſchen Zimmereinrichtungen gefabelt. Wenn man
aber in ein japaniſches Zimmer hineintritt, ſo ſieht
man ſich erſtaunt um. Nach unſern Vorſtellungen hatte
man viel erwartet. Was man aber da vor ſich ſieht,
übertrifft auch die kühnſten Erwartungen. Da iſt in
einer Niſche ein lang herabhängendes, auf Seide ge-
maltes Bild, Kakemono genannt, und darunter etwa
noch eine Bronzevaſe, ſonſt aber im ganzen Zimmer
nichts, aber auch gar nichts: Kein Tiſch, kein Stuhl,
kein Bett, kein Schrank, kein Spiegel, ja ſelbſt nicht
einmal ein Ofen. Der Miſſionar muß ſich alſo euro-
päiſche Möbel anſchaffen. Die Einrichtung ſeines Hauſes
ſieht auf den erſten Blick faſt elegant aus. Man braucht
aber nicht einmal ſcharf hinzuſehen, um zu bemerken,
daß es eine ſehr ſchäbige Eleganz iſt, die ganze Ein-
richtung um ein paar hundert Mark auf Auktionen
wegziehender Europäer zuſammengekauft; aber man
weiß ſich’s damit wohnlich, heimiſch und bequem zu
machen.

Man verbindet mit dem Begriff des Miſſionars
gewöhnlich den des Asketen. Wenn man das Wort
Miſſionar hört, ſo wacht ſelbſt in dem evangeliſchen
Chriſten das alte Mönchsideal auf. Man will ihn nicht
haben wie einen andern Menſchen, man mutet ihm
Entbehrungen aller Art zu und erwartet von ihm wo-
möglich, daß er ſich zu derſelben niedrigen Stufe der
Lebensführung herabläßt, auf welcher die Eingeborenen
ſtehen. Das aber iſt ein ganz falſcher Asketismus,

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[14/0028] Wohnungen der deutſchen Miſſionare nicht meſſen. Hat doch ihr Bau zuſammen nicht mehr als zwölftauſend Mark erfordert. Das Innere der Häuſer weiſt europäiſche Ein- richtungen auf. Mit japaniſcher Möblierung käme man nicht weit. Zwar wird bei uns zu Lande viel von japaniſchen Zimmereinrichtungen gefabelt. Wenn man aber in ein japaniſches Zimmer hineintritt, ſo ſieht man ſich erſtaunt um. Nach unſern Vorſtellungen hatte man viel erwartet. Was man aber da vor ſich ſieht, übertrifft auch die kühnſten Erwartungen. Da iſt in einer Niſche ein lang herabhängendes, auf Seide ge- maltes Bild, Kakemono genannt, und darunter etwa noch eine Bronzevaſe, ſonſt aber im ganzen Zimmer nichts, aber auch gar nichts: Kein Tiſch, kein Stuhl, kein Bett, kein Schrank, kein Spiegel, ja ſelbſt nicht einmal ein Ofen. Der Miſſionar muß ſich alſo euro- päiſche Möbel anſchaffen. Die Einrichtung ſeines Hauſes ſieht auf den erſten Blick faſt elegant aus. Man braucht aber nicht einmal ſcharf hinzuſehen, um zu bemerken, daß es eine ſehr ſchäbige Eleganz iſt, die ganze Ein- richtung um ein paar hundert Mark auf Auktionen wegziehender Europäer zuſammengekauft; aber man weiß ſich’s damit wohnlich, heimiſch und bequem zu machen. Man verbindet mit dem Begriff des Miſſionars gewöhnlich den des Asketen. Wenn man das Wort Miſſionar hört, ſo wacht ſelbſt in dem evangeliſchen Chriſten das alte Mönchsideal auf. Man will ihn nicht haben wie einen andern Menſchen, man mutet ihm Entbehrungen aller Art zu und erwartet von ihm wo- möglich, daß er ſich zu derſelben niedrigen Stufe der Lebensführung herabläßt, auf welcher die Eingeborenen ſtehen. Das aber iſt ein ganz falſcher Asketismus,

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/28>, abgerufen am 21.11.2024.