ihre Sympathien auch auf das Werk jener Männer übertragen, so ist das sehr kurzsichtig.
Einen ungemein tüchtigen Vertreter hat die russisch- orthodoxe Mission, welche in Japan ihr einziges Arbeits- feld besitzt, in ihrem Bischof Nikolai. Derselbe kam im Jahre 1862 nach Hakodate, wo er 1864 vorübergehend mit Nishima Beziehungen hatte. Später ließ er sich in Tokyo nieder, wo er auf dem Surugadaihügel eine stolze Kathedrale errichtete. Er hat von jeher unter Verzicht auf russische Hilfe fast nur mit Japanern ge- arbeitet und dabei zahlenmäßig sehr große Erfolge errungen. Die russische Kirche, die freilich in den letzten Jahren sehr wenig gewachsen ist, zählt heute d. h. Ende 1897 23856 Mitglieder. Die politische Rivalität, welche seit kurzem zwischen Japan und Rußland aufgetaucht ist, und die im Verlauf der Zeit sich immer mehr zu feindseliger Spannung auswachsen wird, bleibt für die Folge ein schweres Hindernis des russischen Missions- werks.
Die Gesamtsumme japanischer Christen beträgt heute 117224. Auf 364 Bewohner kommt 1 Christ. Ob in hundert Jahren die heutigen Kirchen noch be- stehen werden, ist zweifelhaft. Sicher aber ist, daß das Christentum der Zukunft, wenn auch selbständig japanisch, nur eins zur Grundlage haben wird: Das Evangelium Jesu Christi.
ihre Sympathien auch auf das Werk jener Männer übertragen, ſo iſt das ſehr kurzſichtig.
Einen ungemein tüchtigen Vertreter hat die ruſſiſch- orthodoxe Miſſion, welche in Japan ihr einziges Arbeits- feld beſitzt, in ihrem Biſchof Nikolai. Derſelbe kam im Jahre 1862 nach Hakodate, wo er 1864 vorübergehend mit Niſhima Beziehungen hatte. Später ließ er ſich in Tokyo nieder, wo er auf dem Surugadaihügel eine ſtolze Kathedrale errichtete. Er hat von jeher unter Verzicht auf ruſſiſche Hilfe faſt nur mit Japanern ge- arbeitet und dabei zahlenmäßig ſehr große Erfolge errungen. Die ruſſiſche Kirche, die freilich in den letzten Jahren ſehr wenig gewachſen iſt, zählt heute d. h. Ende 1897 23856 Mitglieder. Die politiſche Rivalität, welche ſeit kurzem zwiſchen Japan und Rußland aufgetaucht iſt, und die im Verlauf der Zeit ſich immer mehr zu feindſeliger Spannung auswachſen wird, bleibt für die Folge ein ſchweres Hindernis des ruſſiſchen Miſſions- werks.
Die Geſamtſumme japaniſcher Chriſten beträgt heute 117224. Auf 364 Bewohner kommt 1 Chriſt. Ob in hundert Jahren die heutigen Kirchen noch be- ſtehen werden, iſt zweifelhaft. Sicher aber iſt, daß das Chriſtentum der Zukunft, wenn auch ſelbſtändig japaniſch, nur eins zur Grundlage haben wird: Das Evangelium Jeſu Chriſti.
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ihre Sympathien auch auf das Werk jener Männer
übertragen, ſo iſt das ſehr kurzſichtig.
Einen ungemein tüchtigen Vertreter hat die ruſſiſch-
orthodoxe Miſſion, welche in Japan ihr einziges Arbeits-
feld beſitzt, in ihrem Biſchof Nikolai. Derſelbe kam im
Jahre 1862 nach Hakodate, wo er 1864 vorübergehend
mit Niſhima Beziehungen hatte. Später ließ er ſich
in Tokyo nieder, wo er auf dem Surugadaihügel eine
ſtolze Kathedrale errichtete. Er hat von jeher unter
Verzicht auf ruſſiſche Hilfe faſt nur mit Japanern ge-
arbeitet und dabei zahlenmäßig ſehr große Erfolge
errungen. Die ruſſiſche Kirche, die freilich in den letzten
Jahren ſehr wenig gewachſen iſt, zählt heute d. h. Ende
1897 23856 Mitglieder. Die politiſche Rivalität, welche
ſeit kurzem zwiſchen Japan und Rußland aufgetaucht
iſt, und die im Verlauf der Zeit ſich immer mehr zu
feindſeliger Spannung auswachſen wird, bleibt für die
Folge ein ſchweres Hindernis des ruſſiſchen Miſſions-
werks.
Die Geſamtſumme japaniſcher Chriſten beträgt
heute 117224. Auf 364 Bewohner kommt 1 Chriſt.
Ob in hundert Jahren die heutigen Kirchen noch be-
ſtehen werden, iſt zweifelhaft. Sicher aber iſt, daß das
Chriſtentum der Zukunft, wenn auch ſelbſtändig japaniſch,
nur eins zur Grundlage haben wird: Das Evangelium
Jeſu Chriſti.
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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/315>, abgerufen am 22.11.2024.
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