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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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nischen Begriffen höchst taktlos waren. Dieses Mal
wenigstens war es dem vielgereisten Manne nicht ge-
lungen, sich zurecht zu finden. Kein Wunder auch!
Hatte er doch seinen Aufenthalt in diesem antipodischen
Lande auf nur ungefähr zwanzig Tage festgesetzt, und
wollte er doch in dieser Zeit alles sehen und in einiges
sich noch liebevoll vertiefen! Ich bin heute noch davon
überzeugt, daß er voll von sich befriedigt war, als er
nach einigen, in jovialem Tone gegebenen Ermahnungen
sich verabschiedete. Der Lehrer und ich aber standen
dabei mit schamroten Gesichtern, und als wir das nächste
Mal zusammenkamen, teilte er mir mit, daß er nachher
Mühe gehabt habe, die Schüler wieder zu beruhigen
und den Besucher, der die Sitte des Landes nicht kenne
und zu Hause durch eine einflußreiche Stellung verwöhnt
sei, zu entschuldigen. "Bringen Sie mir aber nur ja
keinen civilisierten Europäer mehr in meine Schule",
bat er mich zum Schluß.

In diesem Zusammenhang wird auch eine nur
oberflächliche Kenntnis der Höflichkeitssprache leicht zu
einem zweischneidigen Schwert. Mag auch ein unge-
schickter und objektiv unhöflicher Ausdruck von zwei
Verständigen nur als lächerlich empfunden werden, ein
Dritter nimmt ihn doch übel. Wie sehr man die höf-
liche Ausdrucksweise im Munde eines Missionars zu
schätzen weiß, geht daraus hervor, daß ein Japaner
einer durch Kraft und Tiefe gleich ausgezeichneten ja-
panischen Predigt eines Abendländers kein höheres Lob
zu spenden wußte, als daß er als einziges die feine
und höfliche Ausdrucksweise der Predigt bewundernd
hervorhob.

Hätte es der Missionar mit Japanern nur in seinem
eigenen Hause zu thun, so wäre eine genaue Beobachtung

20*

niſchen Begriffen höchſt taktlos waren. Dieſes Mal
wenigſtens war es dem vielgereiſten Manne nicht ge-
lungen, ſich zurecht zu finden. Kein Wunder auch!
Hatte er doch ſeinen Aufenthalt in dieſem antipodiſchen
Lande auf nur ungefähr zwanzig Tage feſtgeſetzt, und
wollte er doch in dieſer Zeit alles ſehen und in einiges
ſich noch liebevoll vertiefen! Ich bin heute noch davon
überzeugt, daß er voll von ſich befriedigt war, als er
nach einigen, in jovialem Tone gegebenen Ermahnungen
ſich verabſchiedete. Der Lehrer und ich aber ſtanden
dabei mit ſchamroten Geſichtern, und als wir das nächſte
Mal zuſammenkamen, teilte er mir mit, daß er nachher
Mühe gehabt habe, die Schüler wieder zu beruhigen
und den Beſucher, der die Sitte des Landes nicht kenne
und zu Hauſe durch eine einflußreiche Stellung verwöhnt
ſei, zu entſchuldigen. „Bringen Sie mir aber nur ja
keinen civiliſierten Europäer mehr in meine Schule“,
bat er mich zum Schluß.

In dieſem Zuſammenhang wird auch eine nur
oberflächliche Kenntnis der Höflichkeitsſprache leicht zu
einem zweiſchneidigen Schwert. Mag auch ein unge-
ſchickter und objektiv unhöflicher Ausdruck von zwei
Verſtändigen nur als lächerlich empfunden werden, ein
Dritter nimmt ihn doch übel. Wie ſehr man die höf-
liche Ausdrucksweiſe im Munde eines Miſſionars zu
ſchätzen weiß, geht daraus hervor, daß ein Japaner
einer durch Kraft und Tiefe gleich ausgezeichneten ja-
paniſchen Predigt eines Abendländers kein höheres Lob
zu ſpenden wußte, als daß er als einziges die feine
und höfliche Ausdrucksweiſe der Predigt bewundernd
hervorhob.

Hätte es der Miſſionar mit Japanern nur in ſeinem
eigenen Hauſe zu thun, ſo wäre eine genaue Beobachtung

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[307/0321] niſchen Begriffen höchſt taktlos waren. Dieſes Mal wenigſtens war es dem vielgereiſten Manne nicht ge- lungen, ſich zurecht zu finden. Kein Wunder auch! Hatte er doch ſeinen Aufenthalt in dieſem antipodiſchen Lande auf nur ungefähr zwanzig Tage feſtgeſetzt, und wollte er doch in dieſer Zeit alles ſehen und in einiges ſich noch liebevoll vertiefen! Ich bin heute noch davon überzeugt, daß er voll von ſich befriedigt war, als er nach einigen, in jovialem Tone gegebenen Ermahnungen ſich verabſchiedete. Der Lehrer und ich aber ſtanden dabei mit ſchamroten Geſichtern, und als wir das nächſte Mal zuſammenkamen, teilte er mir mit, daß er nachher Mühe gehabt habe, die Schüler wieder zu beruhigen und den Beſucher, der die Sitte des Landes nicht kenne und zu Hauſe durch eine einflußreiche Stellung verwöhnt ſei, zu entſchuldigen. „Bringen Sie mir aber nur ja keinen civiliſierten Europäer mehr in meine Schule“, bat er mich zum Schluß. In dieſem Zuſammenhang wird auch eine nur oberflächliche Kenntnis der Höflichkeitsſprache leicht zu einem zweiſchneidigen Schwert. Mag auch ein unge- ſchickter und objektiv unhöflicher Ausdruck von zwei Verſtändigen nur als lächerlich empfunden werden, ein Dritter nimmt ihn doch übel. Wie ſehr man die höf- liche Ausdrucksweiſe im Munde eines Miſſionars zu ſchätzen weiß, geht daraus hervor, daß ein Japaner einer durch Kraft und Tiefe gleich ausgezeichneten ja- paniſchen Predigt eines Abendländers kein höheres Lob zu ſpenden wußte, als daß er als einziges die feine und höfliche Ausdrucksweiſe der Predigt bewundernd hervorhob. Hätte es der Miſſionar mit Japanern nur in ſeinem eigenen Hauſe zu thun, ſo wäre eine genaue Beobachtung 20*

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/321>, abgerufen am 22.11.2024.