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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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eine Hauptaufgabe betrachteten. Darum hat man früh-
zeitig theologische Schulen gegründet, und die großen
amerikanischen Gesellschaften waren in richtiger Würdi-
gung der Verhältnisse von vornherein bemüht, ihren
japanischen Theologen denselben Bildungsgrad zu teil
werden zu lassen, wie er auf den theologischen Semi-
narien Amerikas erworben wird. Eine Anzahl junger
Leute haben sie nach Amerika geschickt, wo sie mit den
künftigen Geistlichen amerikanischer Kirchen zusammen
ausgebildet wurden. Für Japan ist eben nichts zu gut,
und wo die anderen Wissenschaften so gepflegt werden,
würden die Pastoren bald jedes Ansehens verlustig gehen,
wenn sie nicht in vollem Sinne des Wortes gebildete
Männer wären.

Aber auch um ihrer selbst willen bedürfen die
Theologen einer gründlichen Schulung. In dem Strom
der Zeitläufte, in der fortwährenden Flut und Ebbe
des japanischen Lebens kann nur der stehen, welcher
einen festen Standpunkt gewonnen hat. Wer hier ein
bißchen nascht und dort ein bißchen, der bringt schließ-
lich viel zusammen, aber es ist nicht verdaut, nicht ver-
arbeitet zu einem organischen Ganzen. Auf diesem
Wege entsteht wissenschaftliche Halbbildung, welche zu
hohler Eitelkeit führt. Dagegen hilft einzig und allein
eine strenge, ja pedantische Gedankenzucht. Der Missio-
nar darf sich nicht, wie im Taufunterricht, mit der
Mitteilung von Resultaten begnügen. Auf dem Kultur-
boden des japanischen Missionsfeldes ist es vielmehr wie
hier bei uns: Unseren Laien in Deutschland genügen
die Resultate, d. h. der positive Glaubensgehalt; der
Theologe aber bedarf der wissenschaftlichen Fundierung,
und darum geht er durch das Universitätsstudium hin-
durch. Der orthodoxe japanische Prediger, welchem
man mit systematischer Beharrlichkeit ängstlich alles fern

eine Hauptaufgabe betrachteten. Darum hat man früh-
zeitig theologiſche Schulen gegründet, und die großen
amerikaniſchen Geſellſchaften waren in richtiger Würdi-
gung der Verhältniſſe von vornherein bemüht, ihren
japaniſchen Theologen denſelben Bildungsgrad zu teil
werden zu laſſen, wie er auf den theologiſchen Semi-
narien Amerikas erworben wird. Eine Anzahl junger
Leute haben ſie nach Amerika geſchickt, wo ſie mit den
künftigen Geiſtlichen amerikaniſcher Kirchen zuſammen
ausgebildet wurden. Für Japan iſt eben nichts zu gut,
und wo die anderen Wiſſenſchaften ſo gepflegt werden,
würden die Paſtoren bald jedes Anſehens verluſtig gehen,
wenn ſie nicht in vollem Sinne des Wortes gebildete
Männer wären.

Aber auch um ihrer ſelbſt willen bedürfen die
Theologen einer gründlichen Schulung. In dem Strom
der Zeitläufte, in der fortwährenden Flut und Ebbe
des japaniſchen Lebens kann nur der ſtehen, welcher
einen feſten Standpunkt gewonnen hat. Wer hier ein
bißchen naſcht und dort ein bißchen, der bringt ſchließ-
lich viel zuſammen, aber es iſt nicht verdaut, nicht ver-
arbeitet zu einem organiſchen Ganzen. Auf dieſem
Wege entſteht wiſſenſchaftliche Halbbildung, welche zu
hohler Eitelkeit führt. Dagegen hilft einzig und allein
eine ſtrenge, ja pedantiſche Gedankenzucht. Der Miſſio-
nar darf ſich nicht, wie im Taufunterricht, mit der
Mitteilung von Reſultaten begnügen. Auf dem Kultur-
boden des japaniſchen Miſſionsfeldes iſt es vielmehr wie
hier bei uns: Unſeren Laien in Deutſchland genügen
die Reſultate, d. h. der poſitive Glaubensgehalt; der
Theologe aber bedarf der wiſſenſchaftlichen Fundierung,
und darum geht er durch das Univerſitätsſtudium hin-
durch. Der orthodoxe japaniſche Prediger, welchem
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[374/0388] eine Hauptaufgabe betrachteten. Darum hat man früh- zeitig theologiſche Schulen gegründet, und die großen amerikaniſchen Geſellſchaften waren in richtiger Würdi- gung der Verhältniſſe von vornherein bemüht, ihren japaniſchen Theologen denſelben Bildungsgrad zu teil werden zu laſſen, wie er auf den theologiſchen Semi- narien Amerikas erworben wird. Eine Anzahl junger Leute haben ſie nach Amerika geſchickt, wo ſie mit den künftigen Geiſtlichen amerikaniſcher Kirchen zuſammen ausgebildet wurden. Für Japan iſt eben nichts zu gut, und wo die anderen Wiſſenſchaften ſo gepflegt werden, würden die Paſtoren bald jedes Anſehens verluſtig gehen, wenn ſie nicht in vollem Sinne des Wortes gebildete Männer wären. Aber auch um ihrer ſelbſt willen bedürfen die Theologen einer gründlichen Schulung. In dem Strom der Zeitläufte, in der fortwährenden Flut und Ebbe des japaniſchen Lebens kann nur der ſtehen, welcher einen feſten Standpunkt gewonnen hat. Wer hier ein bißchen naſcht und dort ein bißchen, der bringt ſchließ- lich viel zuſammen, aber es iſt nicht verdaut, nicht ver- arbeitet zu einem organiſchen Ganzen. Auf dieſem Wege entſteht wiſſenſchaftliche Halbbildung, welche zu hohler Eitelkeit führt. Dagegen hilft einzig und allein eine ſtrenge, ja pedantiſche Gedankenzucht. Der Miſſio- nar darf ſich nicht, wie im Taufunterricht, mit der Mitteilung von Reſultaten begnügen. Auf dem Kultur- boden des japaniſchen Miſſionsfeldes iſt es vielmehr wie hier bei uns: Unſeren Laien in Deutſchland genügen die Reſultate, d. h. der poſitive Glaubensgehalt; der Theologe aber bedarf der wiſſenſchaftlichen Fundierung, und darum geht er durch das Univerſitätsſtudium hin- durch. Der orthodoxe japaniſche Prediger, welchem man mit ſyſtematiſcher Beharrlichkeit ängſtlich alles fern

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/388>, abgerufen am 22.11.2024.