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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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die Mängel nach dieser Richtung hin sind noch nicht so
fühlbar, daß sie schon bei der Qualifikation der heutigen
Gemeinde hätten zur Erwähnung kommen müssen.

Im Gegenteil! Das Gebetsleben der gegenwärtigen
Christen ist befriedigend. Aber ob dies Urteil auch nach
einem Jahrhundert noch gelten wird? Ich müßte mich
sehr irren, oder so, wie die quietistische Versenkung im
japanischen Buddhismus nie auch nur entfernt die Be-
deutung hatte wie im indischen, so hat die unergründ-
liche Gedanken- und Gemütstiefe des johanneischen
Christus zunächst auf nicht allzuviele Gesinnungsgenossen-
schaft zu hoffen. So bietet auch hier nur die fernere
Anwesenheit fremder Missionare die Bürgschaft einer
gesunden Entwicklung. Ebenso auf metaphysischem
Gebiet.

Wer in Japan im praktischen Missionsdienst ge-
standen hat, weiß, welch' großen Schwierigkeiten die
beiden im höchsten Sinne metaphysischen Begriffe eines
persönlichen Gottes und einer persönlichen Unsterblich-
keit begegnen. Der Begriff der Persönlichkeit hat in
dem japanischen Geist schwache Wurzeln, und die un-
persönlichen Gemeinschaftskörper der Familie und des
Staats, in denen der einzelne Japaner seit einem Jahr-
tausend auf- und untergeht, haben das Persönlichkeits-
bewußtsein noch mehr verdunkelt. Es wurde mir ver-
sichert und zwar von Christen, an deren Rechtgläubig-
keit ich nie gezweifelt hätte, daß ihnen die Lehre von
der persönlichen Unsterblichkeit nicht nur unnötig und
überflüssig erscheine, weil sie auf ihr sittliches Handeln
keinen Einfluß ausübe, sondern auch unverständlich und
unglaubwürdig. (Es ist beachtenswert, daß man
religiösen Begriffen, wie hier dem der Unsterblichkeit,
leicht nur insoweit Bedeutung zumißt, als sie sich auf

die Mängel nach dieſer Richtung hin ſind noch nicht ſo
fühlbar, daß ſie ſchon bei der Qualifikation der heutigen
Gemeinde hätten zur Erwähnung kommen müſſen.

Im Gegenteil! Das Gebetsleben der gegenwärtigen
Chriſten iſt befriedigend. Aber ob dies Urteil auch nach
einem Jahrhundert noch gelten wird? Ich müßte mich
ſehr irren, oder ſo, wie die quietiſtiſche Verſenkung im
japaniſchen Buddhismus nie auch nur entfernt die Be-
deutung hatte wie im indiſchen, ſo hat die unergründ-
liche Gedanken- und Gemütstiefe des johanneiſchen
Chriſtus zunächſt auf nicht allzuviele Geſinnungsgenoſſen-
ſchaft zu hoffen. So bietet auch hier nur die fernere
Anweſenheit fremder Miſſionare die Bürgſchaft einer
geſunden Entwicklung. Ebenſo auf metaphyſiſchem
Gebiet.

Wer in Japan im praktiſchen Miſſionsdienſt ge-
ſtanden hat, weiß, welch’ großen Schwierigkeiten die
beiden im höchſten Sinne metaphyſiſchen Begriffe eines
perſönlichen Gottes und einer perſönlichen Unſterblich-
keit begegnen. Der Begriff der Perſönlichkeit hat in
dem japaniſchen Geiſt ſchwache Wurzeln, und die un-
perſönlichen Gemeinſchaftskörper der Familie und des
Staats, in denen der einzelne Japaner ſeit einem Jahr-
tauſend auf- und untergeht, haben das Perſönlichkeits-
bewußtſein noch mehr verdunkelt. Es wurde mir ver-
ſichert und zwar von Chriſten, an deren Rechtgläubig-
keit ich nie gezweifelt hätte, daß ihnen die Lehre von
der perſönlichen Unſterblichkeit nicht nur unnötig und
überflüſſig erſcheine, weil ſie auf ihr ſittliches Handeln
keinen Einfluß ausübe, ſondern auch unverſtändlich und
unglaubwürdig. (Es iſt beachtenswert, daß man
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[391/0405] die Mängel nach dieſer Richtung hin ſind noch nicht ſo fühlbar, daß ſie ſchon bei der Qualifikation der heutigen Gemeinde hätten zur Erwähnung kommen müſſen. Im Gegenteil! Das Gebetsleben der gegenwärtigen Chriſten iſt befriedigend. Aber ob dies Urteil auch nach einem Jahrhundert noch gelten wird? Ich müßte mich ſehr irren, oder ſo, wie die quietiſtiſche Verſenkung im japaniſchen Buddhismus nie auch nur entfernt die Be- deutung hatte wie im indiſchen, ſo hat die unergründ- liche Gedanken- und Gemütstiefe des johanneiſchen Chriſtus zunächſt auf nicht allzuviele Geſinnungsgenoſſen- ſchaft zu hoffen. So bietet auch hier nur die fernere Anweſenheit fremder Miſſionare die Bürgſchaft einer geſunden Entwicklung. Ebenſo auf metaphyſiſchem Gebiet. Wer in Japan im praktiſchen Miſſionsdienſt ge- ſtanden hat, weiß, welch’ großen Schwierigkeiten die beiden im höchſten Sinne metaphyſiſchen Begriffe eines perſönlichen Gottes und einer perſönlichen Unſterblich- keit begegnen. Der Begriff der Perſönlichkeit hat in dem japaniſchen Geiſt ſchwache Wurzeln, und die un- perſönlichen Gemeinſchaftskörper der Familie und des Staats, in denen der einzelne Japaner ſeit einem Jahr- tauſend auf- und untergeht, haben das Perſönlichkeits- bewußtſein noch mehr verdunkelt. Es wurde mir ver- ſichert und zwar von Chriſten, an deren Rechtgläubig- keit ich nie gezweifelt hätte, daß ihnen die Lehre von der perſönlichen Unſterblichkeit nicht nur unnötig und überflüſſig erſcheine, weil ſie auf ihr ſittliches Handeln keinen Einfluß ausübe, ſondern auch unverſtändlich und unglaubwürdig. (Es iſt beachtenswert, daß man religiöſen Begriffen, wie hier dem der Unſterblichkeit, leicht nur inſoweit Bedeutung zumißt, als ſie ſich auf

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/405>, abgerufen am 24.11.2024.