den Kampfplatz trat wider das Kreuz, das sein Vater- land bedrohte, ein zweiter Julian, aber glücklicher als er. Mit mächtiger Faust und mit der Geistesgewalt, welche das Kennzeichen eines großen Mannes ist, schlug er die Jesuiten und Franziskaner nieder, und als er seine Augen im Tode schloß, sah er die Zeit nahe, da das letzte Kreuz aus Yamatos heiliger Erde gerissen werde, und des letzten Fremden Fuß des Landes freien Boden verlassen müsse.
Und wiederum wie dazumal stehen wir heute an der Schwelle eines neuen Jahrhunderts, und wiederum wie damals sind die Kreuzträger herübergekommen über das Meer. Da hat es Iyeyasu nicht länger in seiner Gruft gelitten, mächtig ist er hervorgebrochen auch heute wieder, Altjapans starker und trotziger Geist, und wieder tobt der Kampf wie ehedem. Ein Verzweiflungskampf, hoffnungslos! Das tragische Schicksal Julians, auch du wirst es diesmal erfahren, Geist des Iyeyasu, auch dir wird die Stunde schlagen, da du, zum Tode ge- troffen, ausrufen wirst: "Zurück zur Gruft, Altjapan stirbt, tandem vicisti, Galilaee."
Und über deiner Gruft reicht Jungjapan dem Christentum die Hand zum ewigen Friedensbunde, und wer mit den Augen des Geistes zu lesen versteht, sieht es auf deinem Grabmal mit unauslöschlicher Flammen- schrift geschrieben: "Das Alte ist vergangen; siehe, es ist alles neu geworden!"
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den Kampfplatz trat wider das Kreuz, das ſein Vater- land bedrohte, ein zweiter Julian, aber glücklicher als er. Mit mächtiger Fauſt und mit der Geiſtesgewalt, welche das Kennzeichen eines großen Mannes iſt, ſchlug er die Jeſuiten und Franziskaner nieder, und als er ſeine Augen im Tode ſchloß, ſah er die Zeit nahe, da das letzte Kreuz aus Yamatos heiliger Erde geriſſen werde, und des letzten Fremden Fuß des Landes freien Boden verlaſſen müſſe.
Und wiederum wie dazumal ſtehen wir heute an der Schwelle eines neuen Jahrhunderts, und wiederum wie damals ſind die Kreuzträger herübergekommen über das Meer. Da hat es Iyeyaſu nicht länger in ſeiner Gruft gelitten, mächtig iſt er hervorgebrochen auch heute wieder, Altjapans ſtarker und trotziger Geiſt, und wieder tobt der Kampf wie ehedem. Ein Verzweiflungskampf, hoffnungslos! Das tragiſche Schickſal Julians, auch du wirſt es diesmal erfahren, Geiſt des Iyeyaſu, auch dir wird die Stunde ſchlagen, da du, zum Tode ge- troffen, ausrufen wirſt: „Zurück zur Gruft, Altjapan ſtirbt, tandem vicisti, Galilaee.“
Und über deiner Gruft reicht Jungjapan dem Chriſtentum die Hand zum ewigen Friedensbunde, und wer mit den Augen des Geiſtes zu leſen verſteht, ſieht es auf deinem Grabmal mit unauslöſchlicher Flammen- ſchrift geſchrieben: „Das Alte iſt vergangen; ſiehe, es iſt alles neu geworden!“
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den Kampfplatz trat wider das Kreuz, das ſein Vater-
land bedrohte, ein zweiter Julian, aber glücklicher als
er. Mit mächtiger Fauſt und mit der Geiſtesgewalt,
welche das Kennzeichen eines großen Mannes iſt, ſchlug
er die Jeſuiten und Franziskaner nieder, und als er
ſeine Augen im Tode ſchloß, ſah er die Zeit nahe, da
das letzte Kreuz aus Yamatos heiliger Erde geriſſen
werde, und des letzten Fremden Fuß des Landes freien
Boden verlaſſen müſſe.
Und wiederum wie dazumal ſtehen wir heute an
der Schwelle eines neuen Jahrhunderts, und wiederum
wie damals ſind die Kreuzträger herübergekommen über
das Meer. Da hat es Iyeyaſu nicht länger in ſeiner
Gruft gelitten, mächtig iſt er hervorgebrochen auch heute
wieder, Altjapans ſtarker und trotziger Geiſt, und wieder
tobt der Kampf wie ehedem. Ein Verzweiflungskampf,
hoffnungslos! Das tragiſche Schickſal Julians, auch
du wirſt es diesmal erfahren, Geiſt des Iyeyaſu, auch
dir wird die Stunde ſchlagen, da du, zum Tode ge-
troffen, ausrufen wirſt: „Zurück zur Gruft, Altjapan
ſtirbt, tandem vicisti, Galilaee.“
Und über deiner Gruft reicht Jungjapan dem
Chriſtentum die Hand zum ewigen Friedensbunde, und
wer mit den Augen des Geiſtes zu leſen verſteht, ſieht
es auf deinem Grabmal mit unauslöſchlicher Flammen-
ſchrift geſchrieben: „Das Alte iſt vergangen; ſiehe, es
iſt alles neu geworden!“
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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/431>, abgerufen am 24.11.2024.
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