Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite

mit einer unnachahmlichen Scharfsinnigkeit; und ich glaube, Sie wären im Stande, das Herz und den Verstand eines Cronprinzen zu bilden, und dennoch einen Aufseher der Lustbarkeiten am Hofe abzugeben, wie die Kunstfeuer anzuordnen. Ich bin nunmehro alt; allein ich habe dennoch die Oberaufsicht über den jungen Grandison, und sehe, daß er von seinem Lehrer gehörig unterrichtet wird. Vielmals aber lege ich selbst mit Hand an, und vornämlich in den höhern Wissenschaften; ja ich hoffe, daß der junge Herr ein würdiger Sohn Sir Carls werden werde. Sie werden leicht muthmasen, daß ich dabei ein geruhiges und höchst angenehmes Leben führe. Diese Ruhe ist mir nunmehro um desto schätzbarer; weil ich mich einen großen Theil meines Lebens außer meinen Vaterlande aufgehalten, und mit Jacob sagen kann: die Zeit meiner Wallfahrt ist 65. Jahr; wenig und böse ist die Zeit meines Lebens, und langet nicht von der Zeit meiner Väter in ihrer Wallfahrt. Wie sollte ich mir nunmehro in meinem Alter eine neue

mit einer unnachahmlichen Scharfsinnigkeit; und ich glaube, Sie wären im Stande, das Herz und den Verstand eines Cronprinzen zu bilden, und dennoch einen Aufseher der Lustbarkeiten am Hofe abzugeben, wie die Kunstfeuer anzuordnen. Ich bin nunmehro alt; allein ich habe dennoch die Oberaufsicht über den jungen Grandison, und sehe, daß er von seinem Lehrer gehörig unterrichtet wird. Vielmals aber lege ich selbst mit Hand an, und vornämlich in den höhern Wissenschaften; ja ich hoffe, daß der junge Herr ein würdiger Sohn Sir Carls werden werde. Sie werden leicht muthmasen, daß ich dabei ein geruhiges und höchst angenehmes Leben führe. Diese Ruhe ist mir nunmehro um desto schätzbarer; weil ich mich einen großen Theil meines Lebens außer meinen Vaterlande aufgehalten, und mit Jacob sagen kann: die Zeit meiner Wallfahrt ist 65. Jahr; wenig und böse ist die Zeit meines Lebens, und langet nicht von der Zeit meiner Väter in ihrer Wallfahrt. Wie sollte ich mir nunmehro in meinem Alter eine neue

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0160" n="145"/>
mit einer unnachahmlichen Scharfsinnigkeit; und ich glaube, Sie wären im Stande, das Herz und den Verstand eines Cronprinzen zu bilden, und dennoch einen Aufseher der Lustbarkeiten am Hofe abzugeben, wie die Kunstfeuer anzuordnen. Ich bin nunmehro alt; allein ich habe dennoch die Oberaufsicht über den jungen Grandison, und sehe, daß er von seinem Lehrer gehörig unterrichtet wird. Vielmals aber lege ich selbst mit Hand an, und vornämlich in den höhern Wissenschaften; ja ich hoffe, daß der junge Herr ein würdiger Sohn Sir Carls werden werde. Sie werden leicht muthmasen, daß ich dabei ein geruhiges und höchst angenehmes Leben führe. Diese Ruhe ist mir nunmehro um desto schätzbarer; weil ich mich einen großen Theil meines Lebens außer meinen Vaterlande aufgehalten, und mit Jacob sagen kann: die Zeit meiner Wallfahrt ist 65. Jahr; wenig und böse ist die Zeit meines Lebens, und langet nicht von der Zeit meiner Väter in ihrer Wallfahrt. Wie sollte ich mir nunmehro in meinem Alter eine neue
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0160] mit einer unnachahmlichen Scharfsinnigkeit; und ich glaube, Sie wären im Stande, das Herz und den Verstand eines Cronprinzen zu bilden, und dennoch einen Aufseher der Lustbarkeiten am Hofe abzugeben, wie die Kunstfeuer anzuordnen. Ich bin nunmehro alt; allein ich habe dennoch die Oberaufsicht über den jungen Grandison, und sehe, daß er von seinem Lehrer gehörig unterrichtet wird. Vielmals aber lege ich selbst mit Hand an, und vornämlich in den höhern Wissenschaften; ja ich hoffe, daß der junge Herr ein würdiger Sohn Sir Carls werden werde. Sie werden leicht muthmasen, daß ich dabei ein geruhiges und höchst angenehmes Leben führe. Diese Ruhe ist mir nunmehro um desto schätzbarer; weil ich mich einen großen Theil meines Lebens außer meinen Vaterlande aufgehalten, und mit Jacob sagen kann: die Zeit meiner Wallfahrt ist 65. Jahr; wenig und böse ist die Zeit meines Lebens, und langet nicht von der Zeit meiner Väter in ihrer Wallfahrt. Wie sollte ich mir nunmehro in meinem Alter eine neue

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/160
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/160>, abgerufen am 25.11.2024.