Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite

für etwas schimpfliches gehalten wird, und man allerlei ungleiche Urtheile darüber fällen könnte, wenn mein Patron auf solche Art ein Pflegevater werden sollte; so that ich ihm gestern den Vorschlag, diesen Mann, der allezeit einen ehrlichen und unbescholtenen Lebenswandel geführet hat, Eu. Hochwürden und der Gütigkeit des Herrn Baronets zu empfehlen. Mein Principal fand hierbei nichts einzuwenden. Ich ließ deswegen den trostlosen Bornseil zu mir erfodern, und eröffnete ihm, daß mein gnädiger Herr Willens wäre, ihm eine gute Versorgung zu schaffen, wenn er sich entschließen wollte, außerhalb seines Vaterlandes solche anzunehmen. Er war über diesen unerwarteten Antrag außerordentlich erfreuet, und versicherte mich, daß er bereit wäre, bis ans Ende der Welt nach seiner Versorgung zu gehen, wenn er sich und seine Familie nur ehrlich nähren könnte. Ich stellte hierauf ein kurzes Examen mit ihm an, um zu erfahren, ob er der Recommendation Eu. Hochwürden würdig wäre, und da habe ich denn nach einem genauen Tentamine befunden,

für etwas schimpfliches gehalten wird, und man allerlei ungleiche Urtheile darüber fällen könnte, wenn mein Patron auf solche Art ein Pflegevater werden sollte; so that ich ihm gestern den Vorschlag, diesen Mann, der allezeit einen ehrlichen und unbescholtenen Lebenswandel geführet hat, Eu. Hochwürden und der Gütigkeit des Herrn Baronets zu empfehlen. Mein Principal fand hierbei nichts einzuwenden. Ich ließ deswegen den trostlosen Bornseil zu mir erfodern, und eröffnete ihm, daß mein gnädiger Herr Willens wäre, ihm eine gute Versorgung zu schaffen, wenn er sich entschließen wollte, außerhalb seines Vaterlandes solche anzunehmen. Er war über diesen unerwarteten Antrag außerordentlich erfreuet, und versicherte mich, daß er bereit wäre, bis ans Ende der Welt nach seiner Versorgung zu gehen, wenn er sich und seine Familie nur ehrlich nähren könnte. Ich stellte hierauf ein kurzes Examen mit ihm an, um zu erfahren, ob er der Recommendation Eu. Hochwürden würdig wäre, und da habe ich denn nach einem genauen Tentamine befunden,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0346" n="331"/>
für etwas schimpfliches gehalten wird, und man allerlei ungleiche Urtheile darüber fällen könnte, wenn mein Patron auf solche Art ein Pflegevater werden sollte; so that ich ihm gestern den Vorschlag, diesen Mann, der allezeit einen ehrlichen und unbescholtenen Lebenswandel geführet hat, Eu. Hochwürden und der Gütigkeit des Herrn Baronets zu empfehlen. Mein Principal fand hierbei nichts einzuwenden. Ich ließ deswegen den trostlosen Bornseil zu mir erfodern, und eröffnete ihm, daß mein gnädiger Herr Willens wäre, ihm eine gute Versorgung zu schaffen, wenn er sich entschließen wollte, außerhalb seines Vaterlandes solche anzunehmen. Er war über diesen unerwarteten Antrag außerordentlich erfreuet, und versicherte mich, daß er bereit wäre, bis ans Ende der Welt nach seiner Versorgung zu gehen, wenn er sich und seine Familie nur ehrlich nähren könnte. Ich stellte hierauf ein kurzes Examen mit ihm an, um zu erfahren, ob er der Recommendation Eu. Hochwürden würdig wäre, und da habe ich denn nach einem genauen <hi rendition="#aq">Tentamine</hi> befunden,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0346] für etwas schimpfliches gehalten wird, und man allerlei ungleiche Urtheile darüber fällen könnte, wenn mein Patron auf solche Art ein Pflegevater werden sollte; so that ich ihm gestern den Vorschlag, diesen Mann, der allezeit einen ehrlichen und unbescholtenen Lebenswandel geführet hat, Eu. Hochwürden und der Gütigkeit des Herrn Baronets zu empfehlen. Mein Principal fand hierbei nichts einzuwenden. Ich ließ deswegen den trostlosen Bornseil zu mir erfodern, und eröffnete ihm, daß mein gnädiger Herr Willens wäre, ihm eine gute Versorgung zu schaffen, wenn er sich entschließen wollte, außerhalb seines Vaterlandes solche anzunehmen. Er war über diesen unerwarteten Antrag außerordentlich erfreuet, und versicherte mich, daß er bereit wäre, bis ans Ende der Welt nach seiner Versorgung zu gehen, wenn er sich und seine Familie nur ehrlich nähren könnte. Ich stellte hierauf ein kurzes Examen mit ihm an, um zu erfahren, ob er der Recommendation Eu. Hochwürden würdig wäre, und da habe ich denn nach einem genauen Tentamine befunden,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/346
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/346>, abgerufen am 22.11.2024.