Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761.

Bild:
<< vorherige Seite

ist, und nur seit einiger Zeit wieder angefangen hat, ihrem Muthwillen den Zügel zu lassen. Diesmal war die Ursache ihres Zwistes diese: ihr Schoßhündgen war von einer Bremse in ihrem Zimmer erbärmlich gestochen worden, sie stellte sich über dieses Unglück ganz trostloß. Der Lord wollte sie zufrieden stellen; sie gab ihm aber Schuld, er hätte das Fenster mit Fleiß offen gelassen, damit er diesem Ungeziefer einen freien Zugang verschaffte, ihr Hündgen zu peinigen. Er schwur, daß er in Jahr und Tag nicht ein Fenster in ihrem Zimmer geöffnet hätte. Wenn sie in dem Zimmer wäre, sagte er, so sehnte er sich nicht nach dem elenden Zeitvertreib am Fenster zu gucken. Weit gefehlt, daß sie durch dieses schmeichelhafte Kompliment wäre beruhiget worden, so schalt sie ihn einen Arglistigen und einen Boßhaften, der sich ein Vergnügen machte, sie zu tücken, um sie hernach bedauern zu können. Ohngeachtet der Lord wußte, daß sie nur nach ihrer Art scherzte, durch die Länge der Zeit hat er endlich ihren Charakter ausstudiret:

ist, und nur seit einiger Zeit wieder angefangen hat, ihrem Muthwillen den Zügel zu lassen. Diesmal war die Ursache ihres Zwistes diese: ihr Schoßhündgen war von einer Bremse in ihrem Zimmer erbärmlich gestochen worden, sie stellte sich über dieses Unglück ganz trostloß. Der Lord wollte sie zufrieden stellen; sie gab ihm aber Schuld, er hätte das Fenster mit Fleiß offen gelassen, damit er diesem Ungeziefer einen freien Zugang verschaffte, ihr Hündgen zu peinigen. Er schwur, daß er in Jahr und Tag nicht ein Fenster in ihrem Zimmer geöffnet hätte. Wenn sie in dem Zimmer wäre, sagte er, so sehnte er sich nicht nach dem elenden Zeitvertreib am Fenster zu gucken. Weit gefehlt, daß sie durch dieses schmeichelhafte Kompliment wäre beruhiget worden, so schalt sie ihn einen Arglistigen und einen Boßhaften, der sich ein Vergnügen machte, sie zu tücken, um sie hernach bedauern zu können. Ohngeachtet der Lord wußte, daß sie nur nach ihrer Art scherzte, durch die Länge der Zeit hat er endlich ihren Charakter ausstudiret:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0183" n="181"/>
ist, und nur seit einiger Zeit wieder angefangen hat, ihrem Muthwillen den Zügel zu lassen. Diesmal war die Ursache ihres Zwistes diese: ihr Schoßhündgen war von einer Bremse in ihrem Zimmer erbärmlich gestochen worden, sie stellte sich über dieses Unglück ganz trostloß. Der Lord wollte sie zufrieden stellen; sie gab ihm aber Schuld, er hätte das Fenster mit Fleiß offen gelassen, damit er diesem Ungeziefer einen freien Zugang verschaffte, ihr Hündgen zu peinigen. Er schwur, daß er in Jahr und Tag nicht ein Fenster in ihrem Zimmer geöffnet hätte. Wenn sie in dem Zimmer wäre, sagte er, so sehnte er sich nicht nach dem elenden Zeitvertreib am Fenster zu gucken. Weit gefehlt, daß sie durch dieses schmeichelhafte Kompliment wäre beruhiget worden, so schalt sie ihn einen Arglistigen und einen Boßhaften, der sich ein Vergnügen machte, sie zu tücken, um sie hernach bedauern zu können. Ohngeachtet der Lord wußte, daß sie nur nach ihrer Art scherzte, durch die Länge der Zeit hat er endlich ihren Charakter ausstudiret:
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0183] ist, und nur seit einiger Zeit wieder angefangen hat, ihrem Muthwillen den Zügel zu lassen. Diesmal war die Ursache ihres Zwistes diese: ihr Schoßhündgen war von einer Bremse in ihrem Zimmer erbärmlich gestochen worden, sie stellte sich über dieses Unglück ganz trostloß. Der Lord wollte sie zufrieden stellen; sie gab ihm aber Schuld, er hätte das Fenster mit Fleiß offen gelassen, damit er diesem Ungeziefer einen freien Zugang verschaffte, ihr Hündgen zu peinigen. Er schwur, daß er in Jahr und Tag nicht ein Fenster in ihrem Zimmer geöffnet hätte. Wenn sie in dem Zimmer wäre, sagte er, so sehnte er sich nicht nach dem elenden Zeitvertreib am Fenster zu gucken. Weit gefehlt, daß sie durch dieses schmeichelhafte Kompliment wäre beruhiget worden, so schalt sie ihn einen Arglistigen und einen Boßhaften, der sich ein Vergnügen machte, sie zu tücken, um sie hernach bedauern zu können. Ohngeachtet der Lord wußte, daß sie nur nach ihrer Art scherzte, durch die Länge der Zeit hat er endlich ihren Charakter ausstudiret:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T15:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T15:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761/183
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761/183>, abgerufen am 21.11.2024.